Fraglich ist, ob der vorliegende Fall nicht über eine "pro rata temporis"-Regelung zu erfassen ist. Dass heißt, bei der Betrachtung müsste in jedem Veranlagungsjahr zwischen Anschaffung der Wohnung und Verkauf berücksichtigt werden, in welchem Jahr die Steuerbefreiung tatsächlich vorgelegen hat. Die Steuerbefreiung ist dann anteilig zu bemessen. Hintergrund ist das allgemeine Verbot der Übermaßbesteuerung. Der Fall ist jedoch nicht einfachgesetzlich geregelt. Bei der Betrachtung ist neben dem verfassungsrechtlichen Appell § 2325 Abs. 3 BGB und zudem die Regelung in § 13a Abs. 6 ErbStG heranzuziehen, um eine sachgerechte Besteuerung zu garantieren. Die Steuerbelastung der Kl. darf nämlich nicht so hoch sein, dass der wirtschaftliche Erfolg dadurch grundlegend beeinträchtigt wird und damit nicht mehr angemessen zum Ausdruck kommt.
Vorliegend ist darüber hinaus Art. 6 Abs. 1 GG zu beachten. Die Begriffe "Ehe" und "Familie" werden im GG zwar nicht legal definiert. Der "besondere Schutz" verlangt, dass Ehe und Familie ggü. anderen Lebensgemeinschaften privilegiert sind. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum auf die zivilrechtliche Unterhaltsverpflichtung und nicht auf den (rein steuerlichen) Kindergeldanspruch abzustellen ist. Letzterer dient lediglich als Anknüpfungspunkt der verwaltungspraktischen Umsetzung; mithin ist das Verfahren für die Finanzverwaltung "typisierend". Der Einzelfall bleibt der Rspr. überlassen.
Auf den ersten Blick ist der Wortlaut des Gesetzes, was ein Veräußerungsgeschäft darstellt, eindeutig. Da der Gesetzgeber in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG lediglich allgemein ausgeführt hat, welche Umstände die Besteuerung ausschließen, war unter Einbezug von Art. 6 Abs. 1 GG der Tatbestand durch die Rspr., u.a. durch die des BFH, verfassungskonform auszulegen. Diesen besonderen Schutz der Familie griff der BFH (vgl. BFH v. 21.5.2019 – IX R 6/18, BFH/NV 2019, 1227) bei seiner Entscheidungsfindung auf und ging dabei über den reinen Gesetzeswortlaut hinaus. Auch lässt § 4 EigZulG keinen Raum für eine andere, verfassungskonforme Rechtsanwendung der Befreiungsnorm.
Beraterhinweis Es handelt sich formal um ein privates Veräußerungsgeschäft, welches jedoch nicht der Besteuerung zu unterwerfen ist. Denn die hier anzuwendende Norm ist mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG verfassungskonform auszulegen.