Leitsatz
1. Bei der Ermittlung des besitzzeitanteiligen Anleger-Aktiengewinns ist der nach § 8 Abs. 3 Satz 1 bis 3 des Investmentsteuergesetzes 2004 (InvStG 2004) ermittelte Wert auch dann nach § 8 Abs. 3 Satz 4 InvStG 2004 zu kürzen, wenn im Vorjahr § 8 InvStG 2004 noch nicht anwendbar gewesen ist.
2. Die Berücksichtigung des Korrekturbetrags nach § 8 Abs. 3 Satz 4 InvStG 2004 setzt nicht voraus, dass in den vorangegangenen Jahren tatsächlich eine außerbilanzielle Korrektur in entsprechender Höhe stattgefunden hat.
3. Eine außerbilanzielle Kürzung infolge einer Teilwertzuschreibung von Investmentanteilen nach § 8 Abs. 2 InvStG 2004 i.V.m. § 8b Abs. 2 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) scheidet aus, wenn in früheren Jahren eine steuerwirksame Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert stattgefunden hat und diese bisher nicht durch den Ansatz eines höheren Teilwerts ausgeglichen worden ist (§ 8b Abs. 2 Satz 4 KStG).
Normenkette
§ 8, § 5 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 177 Abs. 1 AO, § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG, § 68 Satz 1, § 118 Abs. 2, § 123 Abs. 1 Satz 1, § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 127 FGO, § 8b Abs. 2 und 3 KStG i.d.F. des EURLUmsG
Sachverhalt
Die Klägerin, ein Kreditinstitut in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, hatte im Jahr 2000 … Anteile an dem inländischen Spezial-Sondervermögen Fonds II zu Anschaffungskosten von … EUR erworben, darüber hinaus im Jahr 2001 … Anteile an dem inländischen Spezial-Sondervermögen Fonds I mit der Wertpapierkennnummer … zu Anschaffungskosten von … EUR. Beide Spezial-Sondervermögen hatten ihr Vermögen in inländische und ausländische Aktiengesellschaften sowie inländische und ausländische festverzinsliche Wertpapiere investiert. Im Jahr 2005 gab die Klägerin sämtliche Anteile an beiden Spezial-Sondervermögen zurück. Beide Spezial-Sondervermögen wurden im Jahr 2005 aufgelöst.
Die Klägerin begehrte im Einspruchsverfahren unter anderem für die Jahre 2001 bis 2004 den Ansatz eines unterhalb der Anschaffungskosten, dem bisherigen Steuerbilanzansatz, liegenden Teilwerts für die Anteile an beiden Spezial-Sondervermögen wegen gesunkener Rücknahmepreise. Nach Erlass einer Teileinspruchsentscheidung am 30.9.2015 unter anderem betreffend die KSt und die GewSt-Messbeträge der Jahre 2001 bis 2004, die ausschließlich in diesem Verfahren nicht streitige Punkte betraf und in der auch noch kein Teilwertansatz der Fondsanteile berücksichtigt war, nahm die Klägerin ihren Einspruch gegen die Bescheide über KSt für 2003 und 2004, über den GewSt-Messbetrag für 2004 und über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2003 wegen einer angedrohten Verböserung zurück.
Für die Jahre 2001 und 2002 berücksichtigte das FA in Änderungsbescheiden vom 19.5.2016 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur KSt jeweils auf den 31.12.2001 und auf den 31.12.2002 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes jeweils auf den 31.12.2001 und den 31.12.2002 negative Gewinnänderungen wegen eines dauerhaft unterhalb der Anschaffungskosten liegenden Rücknahmepreises der Anteile an beiden Spezial-Sondervermögen zum Bilanzstichtag.
Am 8.5.2017 änderte das FA die Bescheide über KSt für 2003 und 2004, über den GewSt-Messbetrag für 2004 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2003 und auf den 31.12.2004 ungeachtet der Einspruchsrücknahme gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sowie gemäß § 174 AO. Zum einen erhöhte das FA den Gewinn der Klägerin wegen der veränderten Bilanzansätze der Anteile an den Spezial-Sondervermögen zu den Bilanzstichtagen 31.12.2002 und 31.12.2003, zum anderen verminderte es den Gewinn, weil der Rücknahmepreis der Anteile zum 31.12.2003 und zum 31.12.2004 weiterhin unter den Anschaffungskosten lag.
Ferner erhöhte das FA den Gewinn der Klägerin für das Jahr 2004 außerbilanziell gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 8 InvStG 2004 i.V.m. § 8b Abs. 3 Satz 2 KStG um 3.887.256 EUR. Diesen Betrag berechnete das FA auf der Grundlage der im BMF-Schreiben vom 25.7.2016, IV C 1 – S 1980/14/10003 :002, BStBl I 2016, 763, niedergelegten Auffassung der Finanzverwaltung.
Zudem rechnete das FA im KSt-Bescheid für 2003 die Gewinnminderung des Fonds II i.H.v. 143.964 EUR nach § 40a KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 KStG außerbilanziell wieder hinzu.
Ein Einspruch gegen diese Änderungsbescheide blieb erfolglos. Der Klage gab das FG statt und machte die vom FA in den Jahren 2003 und 2004 vorgenommenen außerbilanziellen Hinzurechnungen nach dem KAGG bzw. InvStG 2004 in voller Höhe wieder rückgängig. Nach Ansicht des FG führe die Anwendung des § 8 InvStG 2004 zu einer nachträglichen Hinzurechnung der in den Jahren 2001 und 2002 steuerwirksam vorgenommenen Teilwertabschreibungen. Darin liege eine verbotene echte Rückwirkung (FG Nürnberg, Urteil vom 5.11.2019, 1 K 1550/17, Haufe-Index 14037882).
Entscheidung
Die Revision des FA war erfolgreich und führ...