Die bereits bekannte alte Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 S. 1 AO besteht grundlegend, wenn ein Steuerpflichtiger bzw. sein gesetzlicher Vertreter, sein Gesamtrechtsnachfolger oder eine andere in § 153 Abs. 1 S. 2 AO genannte Person nachträglich erkennt, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung objektiv unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Steuerverkürzung gekommen ist oder kommen kann. Bei dieser Pflicht handelt es sich um eine steuerrechtliche Pflicht. Ist hingegen bereits die Einleitung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden, sind Zwangsmittel unter weiteren Voraussetzungen (vgl. § 393 Abs. 1 S. 2 und 3 AO i.V.m. § 410 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AO) unzulässig, da der Steuerpflichtige im Straf- oder Bußgeldverfahren nicht gezwungen werden darf, sich selbst zu belasten (sog. "nemo-tenetur-Grundsatz"; vgl. AEAO zu § 153 AO, Rz. 1, m.w.N.). Zu Outbound-Steuergestaltungen in der Steuerdeklaration des Nutzers nach DAC 6, s. bereits Rennar, PIStB 2022, 231).
Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen: § 153 AO begründet hierbei dem Grunde nach vorwiegend vier besondere – jeweils rechtlich selbstständige – Mitwirkungspflichten auf Seiten des Steuerpflichtigen:
(1) Anzeige- und Berichtigungspflicht bei fehlerhaften Steuererklärungen,
(2) Anzeigepflicht fehlerhafter Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern,
(3) Anzeigepflicht bei unberechtigten Steuervergünstigungen,
(4) Anzeigepflicht bei bedingungswidriger Warenverwendung.
Das Gesetz trifft hiermit in § 153 AO Grundsatzregelungen, die durch besondere Anzeigepflichten in Einzelsteuergesetzen ergänzt oder modifiziert werden können. Die Regelung des § 153 AO ergänzt folglich die §§ 90, 149, 150 AO und dient insb. der Verwirklichung einer gesetzmäßigen Besteuerung. §§ 90 Abs. 1 S. 2, 150 Abs. 2 AO enthalten eine Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht, die in der Anzeige- und Berichtigungspflicht ihre Fortsetzung findet (so auch BGH v. 17.3.2009 – 1 StR 479/08, NJW 2009, 1984). Erkennt der Steuerpflichtige nach Abgabe einer für die Besteuerung erheblichen Erklärung, dass er dieser Verpflichtung nicht gerecht geworden ist, so hat er – aufgrund seines vorangegangenen Tuns – die Pflicht, dies der Finanzbehörde anzuzeigen und die Erklärung zu berichtigen. Diese Verpflichtung dient dazu, dass die Finanzbehörde von Besteuerungsgrundlagen Kenntnis erlangt, die ihr bislang noch nicht bekannt waren (vgl. BGH v. 17.3.2009 – 1 StR 479/08, NJW 2009, 984; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 153 AO Rz. 1 m.w.N.). Sowohl im Fall einer Anzeige und Berichtigung nach § 153 Abs. 1 AO als auch im Fall einer Selbstanzeige muss die Erklärung im Zeitpunkt ihrer Abgabe objektiv unrichtig gewesen sein. Objektiv unrichtig ist die Erklärung, wenn sie entgegen § 90 Abs. 1 S. 2, § 150 Abs. 2 S. 1 AO nicht alle steuerlich erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegt. Erkennt der Steuerpflichtige insoweit erst im Nachhinein die Fehlerhaftigkeit der von ihm abgegebenen Erklärung und kommt er seiner Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 AO unverzüglich nach, liegt weder eine Steuerhinterziehung noch eine leichtfertige Steuerverkürzung vor, wenn es sowohl am Vorsatz als auch an der Leichtfertigkeit fehlt (vgl. BMF v. 23.5.2016, BStBl. I 2016, 490.