Rz. 82
Bei den sich aus einem Verstoß gegen § 319 HGB ergebenden Folgen für den Wahlbeschluss und den Jahresabschluss ist danach zu unterscheiden, ob es bereits an der Qualifikation als WP bzw. vBP nach Abs. 1 fehlt oder ob ein Ausschlussgrund nach den Abs. 2–4 vorliegt.
Die Wahl einer Person zum Abschlussprüfer, die bereits die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht erfüllt, ist nichtig. Im Fall einer gesetzlichen Prüfungspflicht ist ein von dieser Person geprüfter Jahresabschluss nach § 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG ebenfalls nichtig.
Liegt dagegen ein Verstoß gegen die Abs. 2–4 vor, sind gegen den Wahlbeschluss gerichtete Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen, die sich auf eine Befangenheit des gewählten Abschlussprüfers stützen, unzulässig (§§ 243 Abs. 3, 249 Abs. 1 AktG). Die Prüfung einer möglichen Befangenheit des gewählten Abschlussprüfers erfolgt insoweit unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Befangenheit eingetreten ist, ausschl. im Ersetzungsverfahren nach § 318 Abs. 3 HGB. Ein Verstoß gegen die Abs. 2–4 führt gem. § 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG nicht zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses.
Rz. 83
Bei Verstößen gegen § 319 HGB verliert der Abschlussprüfer wegen der Nichtigkeit des schuldrechtlichen Prüfungsauftrags (§ 134 BGB) seinen vertraglichen Vergütungsanspruch. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 817 Satz 2 BGB scheidet ebenfalls aus, wenn der Abschlussprüfer vorsätzlich gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Dies dürfte in den eindeutigen Fällen des Abs. 3 regelmäßig der Fall sein, während hinsichtlich eines Verstoßes gegen die allgemeine Befangenheitsvorschrift des Abs. 2 wegen der Unbestimmtheit des verwendeten Rechtsbegriffs nicht zwangsläufig von vorsätzlichem Handeln ausgegangen werden kann. Letzteres gilt auch für die Fälle des Abs. 3, soweit diese durch Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen.
Rz. 84
Aus Delikt können sich bei einem Verstoß gegen § 319 HGB Schadenersatzansprüche des Mandanten nur im Hinblick auf wirtschaftliche Nachteile wegen der notwendig gewordenen Bestellung eines anderen Prüfers ergeben, nicht dagegen aus inhaltlichen Prüfungsmängeln. Dementsprechend kommt auch eine Haftung gegenüber Dritten nicht in Betracht (zur Dritthaftung des Abschlussprüfers vgl. § 323 Rz 85 ff.).
Rz. 85
Nach § 334 Abs. 2 HGB handelt der Abschlussprüfer ordnungswidrig, wenn er trotz Vorliegens eines Ausschlussgrunds einen Bestätigungsvermerk erteilt, und kann daher mit einem Bußgeld belegt werden. Der Wirtschaftsprüfer kann den Bußgeldtatbestand jedoch dadurch vermeiden, dass er bestehende Ausschlussgründe vor Testatserteilung beseitigt, sofern es sich nicht der Sache nach um nachwirkende Ausschlussgründe handelt. Die Ordnungswidrigkeit setzt Vorsatz voraus (§ 10 OWiG), wobei Eventualvorsatz genügt. Unkenntnis der gesetzlichen Ausschlussgründe exkulpiert nicht, weil diese Bestandteil der Berufsgrundsätze zur Unabhängigkeit sind, deren Unkenntnis nicht unvermeidbar (§ 11 Abs. 2 OWiG) ist. Unkenntnis des unterzeichnenden Wirtschaftsprüfers über das Vorliegen von Tatbestandsvoraussetzungen kann den Vorsatz ausschließen; dies kann auch der Fall sein, wenn die Inhabilität begründende Tatsachen zwar der Geschäftsführung oder dem Vorstand einer WPG/BPG, nicht hingegen dem unterzeichnenden Wirtschaftsprüfer bekannt sind.
Rz. 86
Wird trotz Vorliegens eines Ausschlussgrundes ein Bestätigungsvermerk erteilt, wird dies regelmäßig eine Berufspflichtverletzung darstellen, die nach §§ 67ff. WPO berufsgerichtlich geahndet wird.