Wie bereits im Beitrag "Berufsausbildung: (Rechtliche) Grundlagen" erwähnt, richtet sich die Dauer eines Vollzeitausbildungsverhältnisses nach der für jeden Beruf erlassenen Ausbildungsordnung. Hieran muss sich der Vertrag orientieren, da ansonsten eine Eintragung in das Verzeichnis nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBiG abgelehnt werden muss. Soweit die Ausbildungsordnung gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 4 BBiG vorsieht, dass eine frühere abgeschlossene Ausbildung anzurechnen ist, ist der entsprechend frühere Zeitpunkt maßgebend.
Verkürzung
Neben diesem Ausnahmefall kann die in der Ausbildungsordnung festgelegte Dauer nach § 8 Abs. 1 BBiG verkürzt werden, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Dauer erreicht werden kann. Gründe hierfür können nicht nur sein, dass im selben Ausbildungsberuf schon einmal ein Teil der Berufsausbildung absolviert wurde, vielmehr können hier auch berufliche Fertigkeiten oder eine Ausbildung in einem ähnlichen Ausbildungsberuf Berücksichtigung finden.
Verkürzte Ausbildung
Eine gelernte Versicherungskauffrau wird auf das erlernte Wissen bei einer angestrebten Berufsausbildung zur Bankkauffrau in vielen Bereichen zurückgreifen können.
§ 8 Abs. 1 BBiG setzt hierbei einen gemeinsamen Antrag der Vertragspartner an die zuständige Stelle voraus. Es ist unerheblich, wann dieser gestellt wird. Meist wird dies bereits vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses der Fall sein. Man kann aber auch abwarten, ob sich im Laufe der Ausbildung tatsächlich die Erwartung ergibt, dass das Ausbildungsziel auch in verkürzter Zeit erreicht werden kann. Wird eine Verkürzung nach entsprechender Genehmigung durch die zuständige Stelle nachträglich vereinbart, ist die Vertragsniederschrift nach § 11 Abs. 4 i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BBiG zu ändern.
Verlängerung
§ 8 Abs. 2 Satz 1 BBiG lässt "in Ausnahmefällen" auch zu, dass die zuständige Stelle auf Antrag des Auszubildenden die Ausbildung verlängert. In einem solchen Fall wird durch die stattgebende Entscheidung unmittelbar der Ausbildungsvertrag geändert. Der Ausbildende kann die Verlängerung nicht verhindern, er wird nur angehört. In Rechtsprechung und Literatur besteht gleichwohl Einigkeit, dass es um echte Ausnahmefälle gehen muss. Genannt werden etwa:
- Krankheitsbedingte Fehlzeiten, die das Erreichen des Ausbildungsziels gefährden
- Pandemiebedingter Ausfall der Berufsschule, der durch Online-Veranstaltungen nicht kompensiert werden kann
Stets kommt es auch auf die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs gegenüber dem Ausbildenden an. Insofern ist diese Vorschrift nicht zu extensiv auszulegen, zumal eine Verlängerung eines Ausbildungsverhältnisses bedeuten kann, dass in dem konkreten Betrieb für die nächste Alterskohorte ein Ausbildungsplatz weniger zur Verfügung steht.