Zusammenfassung
Schon Arbeitsverträge sind aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes in verschiedener Weise reglementiert, wobei Gesetzesverstöße meist nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags führen, sondern nur zur Nichtigkeit der verbotenen Klausel. Da die Normen des allgemeinen Arbeitsrechts meist auch auf Ausbildungsverhältnisse Anwendung finden, gelten in Ausbildungsverhältnissen überwiegend ähnliche Grundsätze. Auszubildende sollen allerdings nach dem Willen des Gesetzgebers gegenüber Arbeitnehmern noch stärker geschützt werden, sodass in den §§ 10–12 ff. BBiG durchaus zwingende eigene Regelungen für Ausbildungsverhältnisse statuiert werden, die im Folgenden näher betrachtet werden sollen.
BBiG, allgemeine arbeitsrechtliche Vorschriften, Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz – BVaDiG (BGBl 2024 I, Nr. 246 v. 23.7.2024)
1 Vertragsabschluss
In § 10 Abs. 1 BBiG ist an sich recht unspektakulär geregelt, dass für die Begründung eines Ausbildungsverhältnisses ein entsprechender Vertragsabschluss erforderlich ist. Dabei ist eine fehlende Berechtigung des Ausbildenden hierzu unerheblich. Das Gesetz stellt ebenfalls klar, dass Eltern Ausbildende ihres Kindes sein können.
Der Ausbildungsvertrag wird – wie jeder andere Vertrag – nach den Regeln des BGB durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen geschlossen. Im Regelfall tritt dabei aufseiten des Ausbildungsbetriebs ein gesetzlicher oder bevollmächtigter Vertreter (Inhaber, Geschäftsführer, Prokurist, Personalleiter) auf, aufseiten des Auszubildenden dieser selbst oder im Fall der Minderjährigkeit (auch) dessen gesetzliche Vertreter.
2 Notwendige Vertragsinhalte und wichtige Regelungen für das Berufsausbildungsverhältnis
Wichtig ist für den Inhalt von Ausbildungsverträgen § 11 BBiG. Die Vorschrift liest sich so, als sei sie eher eine formale Vorschrift, ähnlich dem NachwG in Arbeitsverhältnissen. Einen entscheidenden Unterschied bildete hier bisher § 11 Abs. 2 BBiG. Diese Vorschrift führte im Zusammenhang mit § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BBiG eine Pflicht für beide Seiten ein, eine Urkunde ("Vertragsniederschrift") zu erstellen, die zu unterschreiben war.
Ausbildungsvertrag in Textform möglich
Zum 1.8.2024 wurde die Vertragsniederschrift durch eine "Vertragsabfassung" ersetzt, die in Textform erstellt werden kann und deren Inhalt dem Auszubildenden und seinen gesetzlichen Vertretern übermittelt werden muss.
Da der Ausbildende die Übermittlung nachweisen können muss, besteht für den Auszubildenden die Verpflichtung, den Empfang der Vertragsabfassung zu bestätigen. Diese Pflicht korrespondiert mit § 36 Abs. 1 Satz 1 und 2 BBiG, wonach Ausbildende für die Eintragung des Ausbildungsverhältnisses zu sorgen haben und dabei die Vertragsabfassung und den Empfangsnachweis beifügen müssen. Damit besteht nach wie vor nicht die Verpflichtung, Ausbildungsverträge schriftlich zu schließen. Allerdings muss auf das vorgesehene Verfahren der "Vertragsabfassung" schon wegen der Bußgeldvorschriften des § 101 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 9 BBiG geachtet werden. Im Übrigen kann man sich als Ausbildender schadensersatzpflichtig machen, wenn die Ausbildung wegen dieses Mangels nicht durchgeführt werden kann.
Schriftform weiterhin möglich
Auch nach der gesetzlichen Neuregelung ist davon auszugehen, dass ein schriftlicher Vertragsabschluss und die Aushändigung eines Originals an den Auszubildenden gegen Empfangsbekenntnis ausreichend ist. Wenn die Gesetzesbegründung davon spricht, es gelte "einen medienbruchfreien, digitalen Prozess zu ermöglichen", soll damit die bisher gängige Praxis offenbar nicht verboten werden. Eine große Schwäche der Neuregelung dürfte sein, dass der Auszubildende oder seine gesetzlichen Vertreter an keiner Stelle ihr Einverständnis mit dem Inhalt der Vertragsabfassung erklären müssen.
Diskrepanz zwischen mündlichem Vertrag und Vertragsabfassung
Der Ausbildungsvertrag wird mündlich geschlossen und eine bestimmte Ausbildungsvergütung vereinbart. Enthält die "Vertragsabfassung" nun einen anderen Betrag, muss der Auszubildende gleichwohl nur den Empfang des (elektronischen) Dokuments bestätigen. Die Diskrepanz zwischen mündlicher Vereinbarung und der "Vertragsniederschrift" nach § 11 Abs. 2 BBiG a. F. wäre früher entweder bei deren Unterzeichnung aufgefallen oder man hätte in der Unterschrift beider Seiten unter der Vertragsniederschrift eine entsprechende neue Vergütungsvereinbarung sehen müssen. Die "Vertragsabfassung" steht hingegen nur noch einem Nachweis nach dem NachwG gleich. Ein Rückschluss auf eine tatsächliche Vereinbarung kann mit ihr nicht gezogen werden, sodass sie auch keine Beweiskraft hat.
§ 11 BBiG enthält aber unabhängig von diesem eher der Transparenz und Dokumentation dienenden Zweck einen Katalog derjenigen Regelungen, über die sich Ausbildende und Auszubildende vor Abschluss des Vertrags Gedanken machen müssen. Die Regelungen dieser Norm verweisen dabei explizit oder imp...