Leitsatz
1. Die Zuordnung bestimmter Einkünfte zu einer der in § 49 EStG genannten Einkunftsarten richtet sich allein nach dem objektiven Erscheinungsbild der jeweiligen (im Inland verwirklichten und aus dem Inland bezogenen) Einkünfte. Das gilt auch für solche Einkunftsarten, die zueinander im Verhältnis der Subsidiarität stehen (vgl. § 21 Abs. 3 EStG 1990/1997; Bestätigung des Senatsurteils vom 28.1.2004, I R 73/02, BFH/NV 2004, 869, BStBl II 2005, 550).
2. Ein beschränkt Steuerpflichtiger mit Einkünften nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG 1990/1997 unterliegt in den Anmeldungszeiträumen 1995 bis 1997 dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Sätze 5 und 6 EStG 1990/§ 50a Abs. 4 Sätze 3 und 4 EStG 1997 mit seinen Bruttoeinnahmen. Nur wenn der beschränkt Steuerpflichtige Ausgaben hat, welche unmittelbar mit der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhängen, aus der die zu versteuernden Einkünfte erzielt worden sind, und wenn diese Ausgaben dem Vergütungsschuldner mitgeteilt werden, sind sie bereits im Rahmen des Abzugsverfahrens zu berücksichtigen. Soweit § 50a Abs. 4 Sätze 5 und 6 EStG 1990/1997 dies ausschließt, verstößt die Vorschrift gegen Unionsrecht und ist deswegen in normerhaltender Weise zu reduzieren (Anschluss an EuGH-Urteil vom 3.10.2006, C-290/04"Scorpio", BFH/NV 2007, Beilage 1, 36, BFH/PR 2006, 490, Slg. 2006, I-9461; Bestätigung des Senatsurteils vom 24.4.2007, I R 39/04, BFH/NV 2007, 2419, BFH/PR 2008, 36, BStBl II 2008, 95).
3. Der erforderliche unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang der mitgeteilten Aufwendungen mit den inländischen Einnahmen ist vom Vergütungsgläubiger in nachvollziehbarer Weise darzulegen.
4. Lizenzgebühren für den Erwerb einer Unterlizenz (hier: für ein Recht zum Aufstellen von Automaten) können im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 1990/1997 beschränkt steuerpflichtigen Verwertung eines Lizenzrechts stehen.
Normenkette
§ 49 Abs. 1 Nr. 6, § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 4 bzw. 6, Abs. 5 Satz 2 EStG 1990/1997
Sachverhalt
Die Klägerin, eine inländische GmbH, zahlte in den Streitjahren Lizenzgebühren an die Vergütungsgläubigerin, einer niederländischen Kapitalgesellschaft (D B.V.).
Zuvor hatte die britische B Ltd. das Exklusivrecht erworben, bestimmte Arten von Automaten in allen durch eine deutsche AG auf einem bestimmten Gebiet im Inland betriebenen Gaststätten aufzustellen. Die B Ltd. übertrug für die Dauer von fünf Jahren die Rechte und Pflichten aus jenem Vertrag auf die Klägerin. Als Gegenleistung sollte die Klägerin an die B Ltd. jährlich einen Betrag i.H.v. 28,5 % des Münzertrags aller Automaten zahlen.
Überdies übertrug die B Ltd. ihre vertraglichen Ansprüche auf die britische C Ltd. und diese wiederum auf die D B.V. Nach der zwischen der C Ltd. und der D B.V. getroffenen Vereinbarung hatte die D B.V. an die C Ltd. für die Übertragung der Rechte aus dem mit der Klägerin bestehenden Vertrag eine Lizenzgebühr i.H.v. 93 % der Beträge zu zahlen, die wiederum die Klägerin an sie (vor-)leistete.
Das (frühere) BfF (und jetzige BZSt) lehnte es ab, die D B.V. auf der Grundlage des DBA-Niederlande vom Steuerabzug freizustellen. Die Klägerin meldete daraufhin entsprechende Abzugsteuern gem. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG 1990/1997 beim FA an. Der Steuerabzug wurde mit 25 % auf das Bruttoentgelt berechnet. Die (offengelegten und nachgewiesenen) Unterlizenzentgelte von 93 % der Vergütung von der D B.V. an die C Ltd. blieben unberücksichtigt.
Die Klage gegen die Voranmeldungen war erfolglos (Niedersächsisches FG, Urteil vom 4.3.2010, 6 K 511/06, Haufe-Index 2330177, EFG 2010, 1058).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage teilweise statt: Die vom Vergütungsgläubiger offengelegten Unterlizenzentgelte seien beim Steuerabzug mindernd zu berücksichtigen. Sie stünden in dem notwendigen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zur erbrachten Leistung. Alle anderen Kosten blieben aber unberücksichtigt.
Hinweis
1. Der EuGH hat in der in Leitsatz 2 zitierten Entscheidung "Scorpio"das steuerliche Abzugsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen gem. § 50a Abs. 4 EStG bekanntlich als ein "verhältnismäßiges Mittel zur Beitreibung steuerlicher Forderungen des Besteuerungsstaats" angesehen. Er betont die Effizienz dieses Verfahrens und hält dies im Grundsatz für hinnehmbar. Auf die dazu gegebenen Hinweise in BFH/PR 2008, 36 (zum Urteil vom 24.4.2007, I R 39/04, BFH/NV 2007, 2419, BStBl II 2008, 95) sowie in BFH/PR 2006, 490, sei verwiesen (gleichermaßen zu Anschlussurteilen s. BFH/PR 2007, 138, 251, 332, auch 301).
Unklar ist derzeit nur, ob das uneingeschränkt auch für die Zeit nach Inkrafttreten der EG-Beitreibungs-RL im Jahre 2003 gilt. Der BFH hat das in einem AdV-Beschluss (vom 29.11.2007, I B 181/07, BFH/NV 2009, 294, BFH/PR 2008, 100, BStBl II 2008, 195) angenommen. Der niederländische Hoge Raad hat indessen wegen dieser Frage (abermals) den EuGH angerufen (Az. beim EuGH C-498/10"X NV...