Leitsatz

* Die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungsrechten an einer Standardsoftware (Vertriebs- und Verwertungsrechte, Rechte zur Fortentwicklung und zum Abschluss von Wartungsverträgen der Software) gegen Lizenzzahlungen führt zur beschränkten Steuerpflicht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG.

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG , § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG , § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG

 

Sachverhalt

Der Rechtsvorgängerin (R) der inländischen Klägerin waren seitens einer in der Schweiz ansässigen S-AG die Vertriebsrechte an einer Standard-Software übertragen worden. Die S-AG stellte die R von allen urheberrechtlichen Schutzrechten Dritter frei und vereinnahmte dafür eine Provision. Der R wurde das Recht eingeräumt, Wartungsverträge mit den Anwendern sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern abzuschließen sowie die Software fortzuentwickeln. Die Rechte an der Software verblieben indes bei der S-AG.

Das FA behandelte die Provisionen als Lizenzentgelte gem. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Da die R vom Steuerabzug gem. § 50a EStG abgesehen hatte, wurde sie vom FA gem. § 73g Abs. 1 EStDV als Haftende in Anspruch genommen.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das abweisende FG-Urteil (EFG 2001, 1374). Es sei letztlich Tatfrage, ob es sich bei der Überlassung der Rechte an der Software um eine Nutzungsüberlassung i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 oder des § 49 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 22 Nr. 3 EStG oder um die davon abzugrenzende Übertragung eines Alleinvertriebsrechts handele. Das FG habe ersteres angenommen. Daran sei der BFH gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), weil die Überlegungen des FG nicht mit tragfähigen Verfahrensrügen angegriffen worden seien und weil sie auch nicht gegen die Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstießen.

 

Hinweis

1. Diese Entscheidung des BFH kann in einem gewissen Zusammenhang zu dem jüngsten Urteil des BFH vom 13.11.2002, I R 90/01 gesehen werden, das für Sie in diesem Heft auf S. 134 aufbereitet wurde und auf das zunächst zu verweisen ist.

Wie dort, so ging es auch im dem hier vorzustellenden Fall um die Frage nach dem Vorliegen einer beschränkten Steuerpflicht infolge der zeitlich begrenzten Überlassung von Nutzungsrechten, in diesem Fall um die Nutzungsüberlassung an einer Standard-Software. Eine derartige (zeitlich begrenzte) Nutzungsüberlassung kann als eine solche i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu beurteilen sein.

Der BFH hat in diesem Zusammenhang zwar abgegrenzt: Handelt es sich eigentlich nicht um die Nutzungsüberlassung, sondern um die entgeltliche Überlassung eines originären Alleinvertriebsrechts, dann verhält es sich anders (s. auch BFH, Urteil vom 27.7.1988, I R 130/84, BStBl II 1989, 101). Dafür ist es jedoch erforderlich, dass sich ein solches Vertriebsrecht als eigenständiges und abgrenzbares Recht von der Nutzungsüberlassung isolieren lässt, was wiederum Sache der konkreten Vertragsausgestaltung und -durchführung ist. Nur dann, wenn dies geschieht, lässt sich der beschränkten Steuerpflicht entgehen.

2. Aufmerksamkeit verdient in einschlägigen Fällen stets die Abgrenzung zwischen (vorübergehender) Nutzungsüberlassung und (endgültiger) Veräußerung. Denn nur die Nutzungsüberlassung, nicht die Veräußerung löst die beschränkte Steuerpflicht des § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG sowie des § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG (s. dazu wieder BFH-PR 2003, 134) aus.

Hier wie dort darf sich die angebliche Nutzung deshalb nicht zum endgültigen Verbrauch der überlassenen Sachen führen. Das käme wirtschaftlich einer Veräußerung gleich, die unter den gegebenen Umständen gerade keine beschränkte Steuerpflicht nach sich zieht. Das Vorhandensein einer bloßen zeitlichen Begrenzung bei der Überlassung zur Nutzung schafft insoweit keineswegs immer eindeutige Ergebnisse, weil es nicht auf die rechtliche "Endlichkeit" der Nutzungsüberlassung ankommt, sondern auf den wirtschaftlichen Verbrauch. (Nur) wenn ein solcher Verbrauch zu verneinen ist, lässt sich eine beschränkte Steuerpflicht nach Maßgabe der erwähnten Vorschriften annehmen.

Bezogen auf die im Urteilsfall in Rede stehende Überlassung urheberrechtlich geschützter Nutzungsrechte an einer Standardsoftware (Vertriebs- und Verwertungsrechte, Recht zur Fortentwicklung und zum Abschluss von Wartungsverträgen) kann dies dann der Fall sein, wenn die Software nach regulärem Ablauf der Nutzungsüberlassung wirtschaftlich überholt und wenn diese bei Rückgabe letztlich nicht mehr marktfähig ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 27.2.2002, I R 62/01

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