Leitsatz
Hat ein Unternehmer im Jahr 2000 die ihm bei der Anschaffung eines sowohl betrieblich als auch privat genutzten Pkw in Rechnung gestellte USt gem. der damals geltenden Vorschrift des § 15 Abs. 1b UStG (nur) i.H.v. 50 % als Vorsteuer abgezogen und macht er im Jahr 2003 einen Teil der ursprünglich nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge gem. § 15a UStG nachträglich geltend, muss er die in diesem Jahr erfolgte private Verwendung des Pkw versteuern.
Normenkette
§ 3 Abs. 9a, § 15 Abs. 1b, § 15a, § 27 Abs. 5 UStG 1999
Sachverhalt
Der Kläger erwarb im August 2000 einen Pkw sowohl zur beruflichen wie auch privaten Nutzung und nahm nur den nach § 15 Abs. 1b UStG 1999 in der bis zum 31.12.2003 gültigen Fassung auf 50 % gekappten Vorsteuerabzug vor.
Er holte unter Berufung auf die 6. EG-RL die Vorsteuer nach, meinte aber unter Hinweis auf § 27 Abs. 5 UStG i.d.F. seit 1.1.2004, die private Verwendung dürfe nicht besteuert werden.
Das FG (EFG 2005, 1570) hat ihn bestätigt.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Klage aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen ab.
Hinweis
Das Besprechungsurteil betrifft die – wegen fehlender Ermächtigungsgrundlage zeitweise richtlinienwidrige – Vorsteuerkappung für teilweise privat genutzte Pkw auf 50 % (nach § 15 Abs. 1b UStG), die auf der anderen Seite die Nichtbesteuerung des Eigenverbrauchs zur Folge hatte (§ 3 Abs. 9a Satz 2 UStG) – hier: die Besteuerung der privaten Verwendung eines im August 2000 erworbenen gemischt genutzten Pkw im Streitjahr 2003.
Für Anschaffungen in der Zeit zwischen 1.4.1999 bis 3.3.2000 konnten sich die Steuerpflichtigen auf die günstigere 6. EG-RL berufen (Folge: voller Vorsteuerabzug).
Nach BMF (BStBl I 2004, 864) darf der Unternehmer die bisher nicht abgezogene Vorsteuer nachholen, soll dann allerdings die nichtunternehmerische Nutzung besteuern.
Ob – ohne den BMF-Erlass – der Unternehmer den – wegen fehlender Ermächtigungsgrundlage – zunächst nicht geltend gemachten Vorsteuerabzug nach § 15a UStG nachholen könnte, ist zweifelhaft. Zwar kann auch eine Änderung der rechtlichen Beurteilung zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen. Ob dies auch für den Fall gilt, wenn die RL (hier in Bezug auf den Vorsteuerabzug) zwar grundsätzlich günstiger ist, wegen des Zusammenspiels mehrerer Regelungen (Vorsteuerabzug und Besteuerung des Eigenverbrauchs) im Einzelfall aber nachteilig sein kann und es deshalb vom Steuerpflichtigen abhängt, ob er sich auf die RL beruft oder nicht, ist fraglich. Letzteres spricht gegen die Zulässigkeit einer Vorsteuerberichtigung wegen Änderung der rechtlichen Beurteilungen. Diese Frage hat der BFH noch nicht entschieden.
Für die zum Teil bei Nachholung des Vorsteuerabzugs vertretene "Rosinentheorie", die Berufung auf die zutreffende Besteuerung nach der RL sei das eine, für die Nichtbesteuerung der privaten Verwendung sei aber allein das nationale Recht maßgebend, sprach angesichts des systematischen Zusammenhangs zwischen Vorsteuerabzug und Besteuerung der nichtunternehmerischen Verwendung nichts.
Das hat der BFH in der Besprechungsentscheidung nunmehr ausdrücklich entschieden.
Dem stand – entgegen der Auffassung des FG – nicht die Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 5 UStG entgegen. Dort hat der Gesetzgeber zwar auch für die Besteuerungszeiträume ab 2004 die weitere Anwendung des § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG auf Fahrzeuge, "für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG vorgenommen worden ist", nicht vom Verzicht auf eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG abhängig gemacht.
Bei Nachholung des ursprünglich durch § 15 Abs. 1b UStG "gekappten" Vorsteuerabzugs im Weg der Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG ist aber nicht – wie § 27 Abs. 5 Satz 1 UStG voraussetzt – "der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b UStG vorgenommen worden".
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.4.2007, V R 48/05