Entgegen Rz. 1 der Ländererlasse sind Flächen, auf denen eine Windkraftanlage oder eine Freiflächen-Fotovoltaikanlage betrieben wird, nicht zwingend dem Grundvermögen zuzurechnen. Bei den Flächen handelt es sich regelmäßig um Betriebsgrundstücke i.S.d. § 99 BewG.
Grund und Boden gehört zum Grundvermögen, wenn er nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen (§§ 158 und 159 BewG) gehört oder es sich um ein Betriebsgrundstück (§ 99 BewG) handelt (§ 176 Abs. 1 Nr. 1 BewG).
Dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugehörig sind alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft auf Dauer zu dienen bestimmt sind (§ 158 Abs. 1 Satz 2 BewG). Grund und Boden, der nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dient, gehört nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen (§ 158 Abs. 4 Nr. 1 BewG). Land- und Forstwirtschaft ist nach § 158 Abs. 1 Satz 1 BewG die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die Verwertung der dadurch selbst gewonnenen Erzeugnisse. Flächen, auf denen eine Windkraftanlage oder eine Freiflächen-Fotovoltaikanlage im o.g. Sinne betrieben wird, können folglich nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören.
Es handelt sich jedoch regelmäßig um Betriebsgrundstücke i.S.d. § 99 BewG. Betriebsgrundstück ist u.a. nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG der zu einem Gewerbebetrieb gehörende Grundbesitz, soweit er, losgelöst von seiner Zugehörigkeit zu dem Gewerbebetrieb, zum Grundvermögen gehören würde.
Betriebsgrundstücke i.S.d. § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG sind zwar wie Grundvermögen zu bewerten (§§ 99 Abs. 1, 157 Abs. 3 Satz 1 BewG). Gleichwohl ist für Zwecke der Artfeststellung nach § 151 Abs. 2 Nr. 1 BewG zu unterscheiden, um welche Vermögensart es sich handelt (s. Hofmann in Viskorf/Schuck/Wälzholz, 7. Aufl. 2023, BewG, § 151 Rz. 30) – Grundvermögen oder Betriebsgrundstück. Ein Grundbesitzwertbescheid, der entgegen § 151 Abs. 2 Nr. 1 BewG keine Artfeststellung enthält, ist unvollständig und damit rechtswidrig (Hofmann in Viskorf/Schuck/Wälzholz, 7. Aufl. 2023, BewG, § 151 Rz. 32). Fehlende Feststellungen zu der Grundstücksart "Betriebsgrundstück" und zur Zurechnung zu einem Gewerbebetrieb können durch einen Ergänzungsbescheid nachgeholt werden (Loose in Stenger/Loose, BewG, 169. EL 4/2024, § 151 Rz. 45; Hofmann in Viskorf/Schuck/Wälzholz, 7. Aufl. 2023, BewG, § 151 Rz. 32).
Zudem kann eine genaue Unterscheidung der Vermögensarten auch für die Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit und ihres Umfangs relevant sein. Wirtschaftsgüter, die unterschiedlichen Vermögensarten angehören, können nicht zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden (s. u.a. BFH v. 12.12.1975 – III R 51/74, BStBl. II 1976, 281 – 4. LS und unter 4. c)); BFH v. 15.10.1954 – III 148/54 U, BStBl. III 1955, 2 – unter II.; H.-U. Viskorf in Viskorf/Schuck/Wälzholz, 7. Aufl. 2023, BewG, § 2 Rz. 13 und 16; Hofmann in Viskorf/Schuck/Wälzholz, 7. Aufl. 2023, BewG, § 151 Rz. 15 und 19)
Beraterhinweis Die Finanzverwaltung ignoriert in der Praxis das Gebot des § 151 Abs. 2 Nr. 1 BewG, im Feststellungsbescheid über den Grundbesitzwert eine Artfeststellung zu treffen. Sie stellt nicht fest, ob es sich bei einer wirtschaftlichen Einheit um ein Betriebsgrundstück oder Grundvermögen handelt. Die Bescheide sind daher grundsätzlich rechtswidrig. In H B 99 und H B 151.2 (Aufteilung des Grundbesitzwerts bei nicht ausschließlicher betrieblicher Nutzung) ErbStH wird gar angeordnet, dass in den Fällen nicht ausschließlich betrieblicher Nutzung eines Grundstücks der Grundbesitzwert von Betriebsgrundstück und Grundvermögen in einem festzustellen ist. Die Praxis der Finanzverwaltung hat zur Folge, dass wirtschaftliche Einheiten bewertet werden, die unzutreffend zusammengefasst werden. Das ist u.E. rechtswidrig. Für das Verwaltungshandeln fehlt es an einer Rechtsgrundlage, wie es sie bspw. in § 218 BewG für Zwecke der Grundsteuerwertermittlung gibt. Kritisch zum Vorgehen der Finanzverwaltung und möglichen Hintergründen s. Hofmann in Viskorf/Schuck/Wälzholz, BewG, 7. Aufl. 2023, § 151 Rz. 32.