Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung und eines Verfahrensmangels
Leitsatz (NV)
1. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erfordert eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung und ggf. der Verwaltungspraxis.
2. Eine im Gesetz eindeutig beantwortete Frage ist nicht klärungsbedürftig.
3. Ein Verfahrensfehler der Finanzbehörde rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3; DBA CHE Art. 15a
Verfahrensgang
FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 05.09.2007; Aktenzeichen 7 K 6299/03 B) |
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Einkünfte des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) nach Art. 15a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (DBA-Schweiz) der deutschen Besteuerung unterliegen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat dies angenommen und einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr (1996) erlassen. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage hatte im Streitpunkt keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass der Kläger die Zahl der von ihm behaupteten "Nichtrückkehrtage" i.S. des Art. 15a Abs. 2 DBA-Schweiz nicht nachgewiesen habe, weshalb sein Arbeitslohn nach Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz in Deutschland besteuert werden dürfe. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil u.a. dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder das Urteil auf einem geltend gemachten und vorliegenden Verfahrensmangel beruht (Nr. 3). Wird darauf eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss der geltend gemachte Zulassungsgrund in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Wird kein Zulassungsgrund dargelegt, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.
2. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn im konkreten Fall eine Frage entscheidungserheblich ist, die im Interesse der Allgemeinheit der Klärung bedarf. Daran fehlt es in der Regel, wenn die betreffende Frage sich entweder unmittelbar aus dem Gesetz beantworten lässt oder wenn sie durch den Bundesfinanzhof (BFH) geklärt ist und keine Gesichtspunkte erkennbar sind, die in der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht berücksichtigt worden sind und zu einer erneuten Überprüfung dieser Rechtsprechung Anlass geben. Diesen Vorgaben muss die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde Rechnung tragen.
a) Im Streitfall macht der Kläger zum einen geltend, dass sein Arbeitgeber ihm die von ihm behaupteten Nichtrückkehrtage bescheinigt habe und dass die Schweizer Steuerbehörde auf der Grundlage dieser Bescheinigung die streitigen Einkünfte uneingeschränkt der dortigen Besteuerung unterworfen habe. Er --der Kläger-- habe auf die Richtigkeit und die Bindungswirkung der Bescheinigung vertraut und deshalb den Schweizer Steuerbescheid nicht angefochten. Damit zeigt er jedoch keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. Denn durch die höchstrichterliche Rechtsprechung ist geklärt, dass die genannte Bescheinigung eine eigenständige Überprüfung der Nichtrückkehrtage durch die Finanzbehörden des Ansässigkeitsstaates nicht ausschließt (Senatsurteil vom 15. September 2004 I R 67/03, BFHE 207, 452, m.w.N.). Von diesem Grundsatz geht auch die Finanzverwaltung aus (Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 19. September 1994, BStBl I 1994, 683, Tz. 18 Satz 3). Mit alledem hat sich der Kläger nicht auseinandergesetzt, was zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erforderlich gewesen wäre.
b) Im Ergebnis dasselbe gilt im Hinblick auf den Vortrag des Klägers zur Anrechnung der in der Schweiz erhobenen Steuer. Denn insoweit besagt Art. 15a Abs. 3 DBA-Schweiz ausdrücklich, dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat nur "die nach Abs. 1 Satz 3 erhobene" Schweizer Steuer auf die deutsche Steuer anrechnen muss. Der damit in Bezug genommene Art. 15a Abs. 1 Satz 3 DBA-Schweiz erlaubt indessen nur einen Steuerabzug in Höhe von 4,5 % der Bruttoeinkünfte. Der Kläger zeigt nicht auf, inwieweit angesichts dieser klaren Regelungslage im Hinblick auf die Höhe der gebotenen Anrechnung ein Klärungsbedarf bestehen könnte. Die von ihm angeführte doppelte Besteuerung seiner Einkünfte beruht letztlich darauf, dass die Schweizer Steuerbehörden ihn zu Unrecht nicht als Grenzgänger i.S. des Art. 15a DBA-Schweiz behandelt und auf dieser Basis besteuert haben. Eine vom DBA-Schweiz nicht gedeckte Schweizer Besteuerung muss aber nicht in der Weise ausgeglichen werden, dass die in diesem Sinne überhöhte Schweizer Steuer in Deutschland angerechnet wird.
3. Einen Verfahrensmangel sieht der Kläger in der "Nichtverständigung mit den Schweizer Behörden". Der damit gerügte Fehler könnte indessen allenfalls dem FA unterlaufen sein, und Verfahrensfehler der Finanzbehörde unterfallen nicht dem Regelungsbereich des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (BFH-Beschlüsse vom 22. November 2005 V B 22/05, BFH/NV 2006, 586; vom 25. Januar 2006 VIII B 45/05, BFH/NV 2006, 961, m.w.N.).
Fundstellen