Entscheidungsstichwort (Thema)
Befugnis zur Änderung der KraftSt
Leitsatz (NV)
1. Ab 1. Mai 2005 sind in Folge der Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t nicht mehr ohne Rücksicht auf Typ und Erscheinungsbild als LKW zu besteuern, sondern es ist neu zu entscheiden, ob ein PKW oder ein LKW vorliegt; ergibt sich danach eine Änderung der Bemessungsgrundlage, folgt die Änderungsbefugnis aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG.
2. Hinsichtlich der Kraftfahrzeugbesteuerung von Wohnmobilen liegt für die Zeit bis zum 31. Dezember 2005 eine Rückwirkung zu Gunsten der Steuerpflichtigen im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage und ab dem 1. Januar 2006 nach Maßgabe der §§ 8 Nr. 1a i.V.m. 9 Abs. 1 Nr. 2a KraftStG hinsichtlich des Steuersatzes vor, gegen die verfassungsrechtliche Bedenken nicht ersichtlich sind.
Normenkette
KraftStG § 2 Abs. 2a, 2b, § 8 Nrn. 1a, 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2a, § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 18 Abs. 5; StVZO § 23 Abs. 6a
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) war von August 2004 bis zum 23. April 2007 Halter eines zum Wohnmobil umgebauten VW-Busses T4 Multivan mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 2 805 kg. Das Kfz wurde zunächst mit Bescheid vom 16. September 2004 als sonstiges Fahrzeug wie ein LKW nach Gewicht besteuert und die Kraftfahrzeugsteuer auf jährlich 172 € festgesetzt. Mit Bescheid vom 22. Mai 2007 wurden die Besteuerungsgrundlagen für dieses Fahrzeug mit Wirkung ab 1. Januar 2006 geändert; es wurde nun als PKW besteuert und die Kraftfahrzeugsteuer auf jährlich 798 € festgesetzt. Mit Änderungsbescheid vom 25. Mai 2007 wurde die Kraftfahrzeugsteuer wegen einer Änderung des Steuersatzes erhöht und wegen Endes der Steuerpflicht zeitanteilig festgesetzt.
Der Antragsteller legte gegen die Bescheide über die Kraftfahrzeugsteuer vom 22. und 25. Mai 2007 Einspruch ein. Über den Einspruch wurde bislang nicht entschieden. Die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung zunächst beim Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) und anschließend beim Finanzgericht (FG) blieben erfolglos.
Mit der Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen die Entscheidung des FG und macht ausschließlich geltend, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide bestünden deswegen, weil das FA die Änderung der Kraftfahrzeugsteuer durch den Bescheid vom 22. Mai 2007 auf § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) gestützt habe.
Der Antragsteller beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 22. Mai 2007 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 25. Mai 2007 bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung von der Vollziehung auszusetzen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Vollziehung des Kraftfahrzeugsteuerbescheids vom 22. Mai 2007 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 25. Mai 2007 ist nicht auszusetzen. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Bescheide.
1. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder --was vorliegend nicht in Betracht kommt-- seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen kann (vgl. m.w.N. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. Juni 2006 II B 148/05, BFH/NV 2006, 1627; vom 23. Februar 2007 IX B 222/06, BFH/NV 2007, 1351).
2. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 22. Mai 2007 im Hinblick darauf, dass das FA die Änderung der Kraftfahrzeugsteuer auf § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG gestützt hat.
Das FG hat zu Recht angenommen, dass sich die Rechtsgrundlage für die Neufestsetzung der Kraftfahrzeugsteuer durch Bescheid vom 22. Mai 2007 aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG ergibt. Ab 1. Mai 2005 sind in Folge der Aufhebung des § 23 Abs. 6a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) durch die Siebenundzwanzigste Verordnung zur Änderung der StVZO vom 2. November 2004 (BGBl I 2004, 2712) Kfz (sog. Kombinationskraftwagen) mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t --wie im Streitfall-- nicht mehr ohne Rücksicht auf Typ und Erscheinungsbild als LKW zu besteuern, sondern es ist neu zu entscheiden, ob ein PKW oder ein LKW vorliegt; ergibt sich danach eine Änderung der Bemessungsgrundlage, folgt die Änderungsbefugnis aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG (BFH-Beschluss vom 18. März 2008 II B 102/07, NN; ebenso zur Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts BFH-Urteil vom 31. März 1998 VII R 116/97, BFHE 185, 511, BStBl II 1998, 487). Dies gilt grundsätzlich auch für Wohnmobile. Soweit der Gesetzgeber rückwirkend durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 21. Dezember 2006 in § 18 Abs. 5 KraftStG angeordnet hat, dass sich für Wohnmobile (§ 2 Abs. 2b KraftStG) die Steuer für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Dezember 2005 bei einem zulässigen Gesamtgewicht über 2 800 kg weiterhin nach § 8 Nr. 2 KraftStG, also nach Gewicht, und erst ab diesem Zeitpunkt gemäß § 8 Nr. 1a i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2a KraftStG nach Gesamtgewicht und Schadstoffemissionen richtet (vgl. Gesetzentwurf des Bundesrats, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung kraftfahrzeugsteuerlicher Vorschriften auch hinsichtlich der Wohnmobilbesteuerung, BTDrucks 16/519, Beschlussempfehlung des Finanzausschusses hierzu BTDrucks 16/3314), handelt es sich um eine Rückwirkung zu Gunsten der Steuerpflichtigen. Dies steht der Annahme, es liege eine Änderung der Bemessungsgrundlage vor (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG), nicht entgegen. Denn der Gesetzgeber lässt damit erkennen, dass nicht die Besteuerung fehlerhaft (geworden) ist (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG), sondern dass lediglich die gesetzlichen Grundlagen für die Zuordnung der Kfz geändert wurden.
Bei der gebotenen summarischen Prüfung sind auch im Übrigen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheide erkennbar.
Fundstellen
Haufe-Index 2002798 |
BFH/NV 2008, 1364 |