Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerpflicht der Übertragung eines Anteils an einem Nachlass, zu dem ein Grundstück gehört
Leitsatz (NV)
Es ist geklärt, dass die Übertragung eines Anteils an einem Nachlass, zu dem ein Grundstück gehört, zu einem kraft Gesetzes eintretenden Übergang des Eigentums an dem Grundstück i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG führt.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Berlin (Urteil vom 26.09.2002; Aktenzeichen 1 K 1163/02) |
Tatbestand
I. Mit notariellem Erbteilskaufvertrag vom 7. Juni 1999 erwarb die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) zu einem Gesamtkaufpreis von … DM mehrere Miterbenanteile an einem Nachlass, zu dem ein Grundstück gehörte. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) setzte gegen die Klägerin durch Bescheid vom 23. August 2001 Grunderwerbsteuer nach einer Gegenleistung von … DM (Kaufpreis … DM zuzüglich übernommener Belastungen von … DM) fest. Einspruch und Klage, mit der die Klägerin geltend machte, der Erwerb eines Miterbenanteils unterliege nicht der Grunderwerbsteuer, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bejahte die Steuerbarkeit aufgrund des § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG).
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage zu, ob der Erwerb von Miterbenanteilen der Grunderwerbsteuer unterliege. Es sei ferner zur Fortbildung des Rechts erforderlich, die veraltete Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) einer kritischen Überprüfung zuzuführen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung ―FGO― (Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts) ist nicht ordnungsgemäß dargelegt worden; insoweit ist die Beschwerde unzulässig. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) wäre es erforderlich gewesen, substantiierte und konkrete Angaben dazu zu machen, weshalb eine Entscheidung des BFH zu einer bestimmten Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler ―HHSp―, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 116 FGO Rz. 183, m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der bloße Hinweis der Beschwerde auf "die veraltete und durchaus fragwürdige frühere Rechtsprechung des BFH" nicht.
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob der Erwerb eines Miterbenanteils bei einem zum Nachlass gehörenden Grundstück der Grunderwerbsteuer unterliegt, ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt. Danach führt die Übertragung eines Anteils an einem Nachlass zu einem kraft Gesetzes eintretenden Übergang von Eigentum an einem zum Nachlass gehörigen Grundstück i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG (BFH-Urteile vom 17. Juli 1975 II R 141/74, BFHE 117, 270, BStBl II 1976, 159; vom 27. März 1991 II R 82/87, BFHE 164, 473, BStBl II 1991, 731). Diese rechtliche Beurteilung weicht zwar von dem für Gesamthandsgemeinschaften allgemein geltenden Grundsatz ab, dass der Wechsel im Personenstand als solcher grundsätzlich keine Grunderwerbsteuer auslöst. Die Abweichung rechtfertigt sich jedoch aus der rechtlichen Struktur der Erbengemeinschaft, die auf Auseinandersetzung gerichtet ist (vgl. § 2042 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―). Zudem kann ein Erbteilsinhaber über seinen Anteil am Nachlass verfügen (§ 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB), so dass die Gesamthandsbindung bei der Erbengemeinschaft im Gegensatz zu anderen Gesamthandsgemeinschaften (vgl. § 719 Abs. 1 BGB) gelockert ist. Durch diese rechtlichen Besonderheiten der Erbengemeinschaft ist ihre gegenüber anderen Gesamthandsgemeinschaften abweichende Behandlung sachlich gerechtfertigt; für die von der Beschwerde ohne nähere Begründung behauptete Verletzung des Gleichheitssatzes ist daher kein Raum.
Die mit der Beschwerdebegründung aufgeworfenen neuen rechtlichen Gesichtspunkte machen keine Überprüfung der vorstehenden Rechtsprechung erforderlich. Der durch das Jahressteuergesetz 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I, 2049) eingefügte § 1 Abs. 2a GrEStG berührt die grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung der Übertragung des Anteils an einem zum Nachlass gehörenden Grundstück nicht. Diese Vorschrift schränkt lediglich die Nichtsteuerbarkeit des Wechsels im Personenstand der Gesamthand ein; sie hat keinen Einfluss auf die grunderwerbsteuerrechtliche Beurteilung der Übertragung von Anteilen an einem Nachlass.
3. Soweit die Beschwerde die Frage aufwirft, inwieweit das Steuerrecht einer rechtlichen Bindung im Hinblick auf die zivilrechtliche Behandlung des Miterbenanteils unterliegt, ist die grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt. Die Beschwerde enthält keine Anhaltspunkte, wieso diese Frage klärungsbedürftig sein könnte (zur Rechtsfrage vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Dezember 1991 2 BvR 72/90, BStBl II 1992, 212).
Fundstellen
Haufe-Index 1131116 |
BFH/NV 2004, 813 |