Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Divergenz
Leitsatz (NV)
1. Zum Anspruch auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids zum Zwecke der Geltendmachung zivilrechtlicher Ausgleichs- und Erstattungsansprüche.
2. Zu den Voraussetzungen einer Divergenz als Zulassungsgrund für die Revision.
Normenkette
AO 1977 § 218 Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, § 142 Abs. 1; ZPO § 114
Tatbestand
Der Antragsteller hatte aufgrund seiner Beteiligung an mehreren Firmen sowie seiner Zugehörigkeit zu einer Erbengemeinschaft erhebliche Schulden gegenüber dem Finanzamt (FA), die er teils als alleiniger Steuerschuldner, teils als Mitglied einer steuerpflichtigen Gemeinschaft und teils als Haftungsschuldner zu entrichten hatte. Nach einer Verständigung mit dem FA sollten gegen Zahlung eines Betrages von . . . DM die gesamten Steuer- und Haftungsschulden als getilgt gelten. Der Antragsteller zahlte diesen Betrag und beantragte sodann die Erteilung eines Abrechnungsbescheids zum Zwekke der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen gegen andere Beteiligte.
Das FA lehnte den Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides ab. In der Einspruchsentscheidung führte es aus, es bestünden keine Streitigkeiten über die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 218 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Die ursprüng- liche Höhe der Steuer- und Haftungsschulden, die den Betrag von . . . DM bei weitem überstiegen hätten, könne dahinstehen. Durch die Zahlung seien die Rückstände in Höhe von . . . DM getilgt worden. Die darüber hinausgehenden Schulden seien im Billigkeitswege nach § 227 AO 1977 erlassen worden. Auf eine zivilrechtliche Grundlage könne der Anspruch auf Erlaß eines Abrechnungsbescheids nicht gestützt werden.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Antragstellers im wesentlichen mit derselben Begründung zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat gegen das Urteil des FG Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, für die er die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) beantragt. Mit der Beschwerde macht er geltend, die Vorentscheidung beruhe auf einer Abweichung vom Urteil des Senats vom 27. März 1968 VII 306/64 (BFHE 92, 160, BStBl II 1968, 501). Nach diesem Urteil sei im Abrechnungsbescheidverfahren und dem sich daran anschließenden Rechtsbehelfsverfahren auch darüber zu entscheiden, wodurch eine Zahlungsverpflichtung erloschen sei. Es müsse also auch eine Entscheidung über den Erlöschensgrund getroffen werden.
Entscheidungsgründe
Dem Antragsteller kann für seine Nichtzulassungsbeschwerde keine PKH gewährt werden, weil die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung). Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr.2 FGO) liegt bei der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Betrachtung nicht vor.
Aus dem angeführten Urteil des Senats in BFHE 92, 160, BStBl II 1968, 501 ergibt sich nicht, daß für einen Sachverhalt, wie er im Streitfall vorliegt, der vom FA abgelehnte Abrechnungsbescheid hätte erlassen werden müssen; denn das Urteil des Bundesfinanzhofs ist zu einem anderen Sachverhalt, bei dem im übrigen ein förmlicher Abrechnungsbescheid vorlag, ergangen. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, war in dem Urteilsfall die Entscheidung über den Erlöschensgrund deshalb von Bedeutung, weil streitig war, ob die Steuerforderungen durch Zahlung oder bereits vorher durch Verjährung erloschen waren. Hier stellte sich die Frage nach etwaigen Erstattungsansprüchen gegenüber dem FA, die im Streitfall bei Tilgung der Schulden teils durch Zahlung, teils durch Erlaß (§§ 47, 227 AO 1977) ohne Bedeutung ist.
Soweit der Senat in dem zitierten Urteil verlangt, daß im Abrechnungsverfahren und in dem sich daran anschließenden Rechtsbehelfsverfahren auch darüber zu entscheiden ist, wodurch eine Zahlungsverpflichtung erloschen ist, weicht die Vorentscheidung im Ergebnis von diesem Rechtsgrundsatz nicht ab. Denn das FG hat die angefochtene Einspruchsentscheidung bestätigt, in der ausgeführt ist, daß die streitigen Steuer- und Haftungsschulden in Höhe von . . . DM durch Zahlung und in Höhe des darüber hinausgehenden Betrages durch Erlaß (§ 227 AO 1977) getilgt worden sind. Es kann dahinstehen, ob darin der Sache nach der vom Antragsteller begehrte Abrechnungsbescheid gesehen werden kann. Soweit der Antragsteller darüber hinaus zum Zwecke der Geltendmachung zivilrechtlicher Ausgleichs- und Erstattungsansprüche eine Angabe der Höhe der ursprünglichen Gesamtschulden und ihre Aufteilung auf einzelne Firmen verlangt, kann er sein Begehren nicht auf die Entscheidung des Senats in BFHE 92, 160, BStBl II 1968, 501 stützen.
Fundstellen
Haufe-Index 418446 |
BFH/NV 1993, 287 |