Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristversäumung und Wiedereinsetzung
Leitsatz (NV)
- Der Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlich der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen zweier Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen und die versäumte Rechtsbehandlung nachzuholen.
- Hinsichtlich der Frist zur Stellung des Antrags auf Verlängerung der Begründungsfrist ‐ die keine gesetzliche Frist i.S. des § 56 Abs. 1 FGO darstellt ‐ kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1-2
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
Nach § 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO).
Das Urteil wurde dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am 30. August 2001 zugestellt. Die Begründungsfrist lief am 30. Oktober 2001 ab (§ 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung ―ZPO― i.V.m. § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―), ohne dass der Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde begründet hat. Die nach § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO mögliche Verlängerung der Begründungsfrist um einen Monat hat der Kläger erst mit einem am 19. November 2001 eingegangenen Schreiben und damit verspätet beantragt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt insoweit nicht in Betracht; die Frist zur Stellung des Antrags auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist ist keine gesetzliche Frist i.S. des § 56 Abs. 1 FGO (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 1. Dezember 1986 GrS 1/85, BStBl II 1987, 264).
Die mit Schreiben vom 29. November 2001 beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) hinsichtlich der versäumten Begründungsfrist ist nicht zu gewähren. In dem Schreiben führt der Prozessbevollmächtigte zur Begründung aus, er habe als öffentlich bestellter Sachverständiger am Montag dem 19. November 2001 ein in diesem Umfang bei ihm sonst nicht übliches Gutachten vorlegen müssen. Wegen der vorherigen Krankheit (vom 28. Oktober bis 4. November) habe er sich gerade zur Zeit des Fristablaufs für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde mit der Fertigstellung des Gutachtens befassen müssen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Erkrankung des Prozessvertreters eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnte (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 56 Anm. 20 Stichwort "Krankheit"). Nachdem das Hindernis jedenfalls mit Ablauf des 4. November 2001 entfallen war, hätte der Prozessvertreter den Antrag auf Wiedereinsetzung bis Montag den 19. November 2001 stellen und die versäumte Rechtshandlung nachholen müssen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO). Selbst wenn man das Schreiben vom 19. November 2001, das die Verlängerung der Begründungsfrist zum Gegenstand hatte, gleichzeitig auch als Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlich der versäumten Begründungsfrist ansehen würde, fehlte es an der rechtzeitigen Nachholung der Begründung selbst (vgl. Gräber/ Koch, a.a.O., § 56 Anm. 46 f.). Diese erfolgte erst im Schreiben vom 29. November 2001.
Dass der Prozessbevollmächtigte auch an der rechtzeitigen Nachholung der Begründung bis zum 19. November 2001 unverschuldet verhindert war, ist in dem Schreiben vom 29. November 2001 nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht worden. Der bloße Hinweis auf eine Arbeitsüberlastung ohne nähere Angaben hierzu (Umfang des Gutachtens, Zeitbedarf, Termindruck) genügt insoweit jedenfalls nicht (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 56 Anm. 20 Stichwort "Arbeitsüberlastung", Anm. 36 und 42).
Fundstellen
Haufe-Index 797093 |
BFH/NV 2002, 1480 |