Entscheidungsstichwort (Thema)
Statthaftigkeit einer "sofortigen Beschwerde/Gegenvorstellung"
Leitsatz (NV)
Seit dem In-Kraft-Treten des § 321a ZPO zum 1. Juli 2002 ist eine außerordentliche Beschwerde prinzipiell nicht mehr statthaft. Dies betrifft nicht nur Fälle der Verletzung rechtlichen Gehörs oder eines anderen Verfahrensgrundrechts, sondern auch die willkürliche Anwendung des § 138 Abs. 2 FGO.
Normenkette
FGO §§ 62a, 128 Abs. 4 S. 1, §§ 133a, 138 Abs. 1; ZPO § 91 Abs. 2 S. 1, § 321a
Verfahrensgang
Hessisches FG (Beschluss vom 17.10.2005; Aktenzeichen 1 V 2525/05) |
Gründe
Das vom Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) als "sofortige Beschwerde hilfsweise als Gegenvorstellung" bezeichnete Rechtsmittel gegen den (Kosten-)Beschluss des Finanzgerichts (FG) nach Erledigung der Hauptsache gemäß § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist nicht statthaft und damit unzulässig.
Nach § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO ist die Beschwerde in Streitigkeiten über Kosten nicht gegeben. Dies gilt auch für den Beschluss über die Kostentragung nach Erledigung der Hauptsache gemäß § 138 Abs. 1 FGO (vgl. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 128 Anm. 12, m.w.N.). § 91 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist nicht anzuwenden, weil dieser Vorschrift § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO vorgeht (§ 155 FGO).
Das vorliegende Rechtsmittel ist auch weder als Anhörungsrüge nach § 133a FGO noch als so genannte "außerordentliche Beschwerde" statthaft. Denn abgesehen davon, dass der Antragsteller nicht geltend gemacht hat, das FG habe sein Recht auf Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, wäre die Anhörungsrüge auch beim FG anzubringen gewesen. Im Übrigen ist seit dem In-Kraft-Treten des § 321a ZPO zum 1. Juli 2002 eine außerordentliche Beschwerde prinzipiell nicht mehr statthaft, weil der Gesetzgeber sich für eine "Selbstkontrolle" der Gerichte hinsichtlich derjenigen Fälle entschieden hat, die Anlass zur Entwicklung der außerordentlichen Beschwerde gegeben haben (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Dezember 2002 V B 185/02, BFHE 200, 46, BStBl II 2003, 270; vom 5. Dezember 2002 IV B 190/02, BFHE 200, 42, BStBl II 2003, 269, und vom 20. Februar 2003 I B 193/02, BFH/NV 2003, 1064; vgl. zuletzt: Beschlüsse vom 26. Januar 2005 VII B 332/04, BFH/NV 2005, 905; vom 9. Februar 2005 X B 178/04, juris; vom 23. Februar 2005 IX B 177/04, BFH/NV 2005, 1128, und vom 24. Februar 2005 X B 136/04, juris). Diese Auffassung betrifft nicht nur Fälle der Verletzung rechtlichen Gehörs oder eines anderen Verfahrensgrundrechts, sondern auch aus sonstigen Gründen "greifbar gesetzwidriger" Entscheidungen, z.B. auch die willkürliche Anwendung des § 138 Abs. 2 FGO (BFH-Beschluss vom 27. Februar 2003 VII B 37/03, juris).
Soweit der IV. Senat des BFH in seinem Beschluss vom 13. Mai 2004 (BFHE 206, 194, BStBl II 2004, 833) eine "außerordentliche Beschwerde" gegen eine Kostenentscheidung des FG ausnahmsweise dann als zulässig ansieht, wenn das FG eine Vorschrift des Prozessrechts bewusst in einer objektiv greifbar gesetzwidrigen Weise angewendet hat, kann dahinstehen, ob sich der erkennende Senat dem anschließen könnte. Denn die vom IV. Senat genannten Voraussetzungen liegen hier nicht vor, ein solches Vorgehen des FG ist im Streitfall nicht erkennbar.
Unter diesen Umständen kann auch dahinstehen, ob das Rechtsmittel zudem wegen nicht ordnungsgemäßer Vertretung des Klägers durch einen Berufsträger (vgl. Vertretungszwang nach § 62a FGO) unzulässig ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1481328 |
BFH/NV 2006, 760 |