Entscheidungsstichwort (Thema)
Erdienbarkeit der Pension eines Gesellschafter-Geschäftsführers
Leitsatz (NV)
1. Neues tatsächliches Vorbringen kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht berücksichtigt werden.
2. Für die Frage, ob eine Rückstellung für Pensionsansprüche eines Gesellschafter-Geschäftsführers mangels Erdienbarkeit der Pension als vGA zu beurteilen ist, kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage an.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 6a; KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Streitpunkte sind, ob eine Pensionsrückstellung hinsichtlich eines Gesellschafter-Geschäftsführers wegen Überversorgung zu kürzen ist und ob sie im Übrigen zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führt. Streitjahr ist 2003.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine im Bereich der Vermittlung von Versicherungen tätige AG, wurde im Juli 2002 in der Rechtsform einer GmbH gegründet. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war der im April 1946 geborene X. Der am 16. Juli 2002 geschlossene Geschäftsführer-Anstellungsvertrag hatte eine Laufzeit von fünf Jahren, die sich jeweils um weitere fünf Jahre verlängern sollte, wenn der Vertrag nicht spätestens zwölf Monate vor Vertragsablauf gekündigt würde. Vor Gründung der Klägerin war X von 1976 bis Juni 2002 Niederlassungsleiter der D-GmbH.
Im Oktober 2003 sagte die Klägerin X auf der Grundlage eines Gesellschafterbeschlusses vom 1. Juli 2003 eine Altersrente von 10 000 € monatlich zu, falls er aus den Diensten der Klägerin wegen Vollendung des 68. Lebensjahres ausscheide oder falls er bereits nach Vollendung des 60. Lebensjahres ausscheide - in diesem Fall mit einem Abschlag von 0,5 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme.
Im Verlauf des Klageverfahrens hat die Klägerin die Kopie einer vom 1. Juli 2003 datierenden "Ruhegehalts- und Vertragslaufzeitregelung" vorgelegt, nach der der Anstellungsvertrag des X bis zum 31. Dezember 2014 verlängert und "bezüglich der Gewährung der Altersrente ab … 68 Jahren" festgelegt wird, dass X diese "ab dem 60. Lebensjahr im Krankheits- oder Invaliditätsfall in Anspruch nehmen" kann.
In ihrer Bilanz auf den 31. Dezember des Streitjahres bildete die Klägerin eine Pensionsrückstellung im Betrag von 35 730 €. Sie ging dabei von einem Teilwert der Pensionsverpflichtung in Höhe von 107 139 € aus und machte von der Möglichkeit Gebrauch, die erstmalige Zuführung zur Pensionsrückstellung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gleichmäßig auf drei Jahre zu verteilen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) kürzte die Pensionsrückstellung --ebenfalls unter Berücksichtigung des nach § 6a Abs. 4 Satz 3 EStG ausgeübten Verteilungswahlrechts-- um 6 731 €, weil insoweit eine Überversorgung des X bestehe. Den restlichen Rückstellungsbetrag von 28 999 € rechnete das FA dem Gewinn der Klägerin als vGA hinzu, weil bei X der nach der Rechtsprechung für die steuerliche Anerkennung der Pensionsverpflichtung erforderliche Erdienenszeitraum nicht gegeben sei. Auf dieser Grundlage setze es die Körperschaftsteuer, den Solidaritätszuschlag und den Gewerbesteuermessbetrag der Klägerin für das Streitjahr fest.
Die dagegen gerichtete Klage hat das Niedersächsische Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen. Sein Urteil vom 16. August 2007 6 K 211/05 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 1808 abgedruckt.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig und deshalb zurückzuweisen. Die Klägerin hat entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 FGO nicht hinreichend dargetan.
1. Aus den Darlegungen der Klägerin zu der vom FG im Streitfall angenommenen vGA wegen fehlender Erdienbarkeit der Pensionszusage ergibt sich kein Grund zur Zulassung der Revision.
a) Nach Auffassung der Klägerin ist es von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), ob bei der Frage der Erdienbarkeit die im Streitfall vom FG festgestellte relativ kurze Zeit bis zur erstmaligen Möglichkeit des Eintritts in den Ruhestand von knapp drei Jahren (bis zum Ablauf des 60. Lebensjahres des X) bzw. vier Jahren und zehn Monaten (bis zum Ablauf der fünfjährigen Mindestdauer des Anstellungsvertrages) dadurch kompensiert worden sein könnte, dass X immaterielle Werte auf die Klägerin übertragen habe. Sie trägt insoweit vor, X habe aus seiner mehr als 25-jährigen Tätigkeit für die D-GmbH über umfassendes Know-how und über einen allein an ihn gebundenen Versicherungsbestand bzw. Kundenstamm mit einem Courtagevolumen von 1 Mio. € verfügt und für die Klägerin nutzbar gemacht.
Eine Befassung mit der von der Klägerin aufgeworfenen Frage scheidet schon deshalb aus, weil den tatbestandlichen Feststellungen des FG --hinsichtlich derer die Klägerin keine Verfahrensrügen erhoben hat-- nichts über die Einbringung von Know-how und Kundenstamm der D-GmbH in die Klägerin entnommen werden kann. Neues tatsächliches Vorbringen kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen würde es sich --anders als die Klägerin meint-- bei der Einbringung von Know-how, Bestandsversicherungen und Kundenstamm eher um Leistungen auf der Gesellschafterebene (offene oder verdeckte Einlagen) als um solche aufgrund der Dienstpflicht aus dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag handeln.
b) Sofern die Klägerin bemängelt, das FG habe bei seinen Feststellungen zur Wahrscheinlichkeit eines Ausscheidens des X vor dessen 65. Lebensjahr nicht bedacht, dass wegen § 84 des Aktiengesetztes (AktG) die Vereinbarung einer Dienstzeit von mehr als fünf Jahren "nicht sinnvoll" gewesen sei, ergibt sich nicht, welcher Revisionszulassungsgrund daraus abgeleitet werden könnte.
c) Auch kann der Beschwerdebegründung nicht entnommen werden, dass eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich ist. Insbesondere ist nicht zu ersehen, inwiefern das FG, soweit es bei seinen Überlegungen zur Wahrscheinlichkeit eines Ausscheidens des X vor dessen 65. Lebensjahr nicht die Entwicklung des Anstellungsverhältnisses bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im August 2007 berücksichtigt hat, von der BFH-Rechtsprechung abgewichen sein soll. Bei der Frage, ob ein Vermögensvorteil in Form einer Pensionszahlung als vGA zu beurteilen ist, kommt es nach der Senatsrechtsprechung grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage an (Senatsurteil vom 18. Dezember 1996 I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301, m.w.N.). Das gilt auch für die Beurteilung der Erdienbarkeit als Kriterium der Veranlassungsprüfung und hierbei des Fremdvergleichs (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 1998 I R 36/97, BFHE 186, 226, BStBl II 1998, 689; vom 23. Juli 2003 I R 80/02, BFHE 203, 114, BStBl II 2003, 926; Gosch, KStG, § 8 Rz 1095). Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung zur Beurteilung der Plausibilität der Ernsthaftigkeit einer Vereinbarung, bei der auch spätere Entwicklungen berücksichtigt werden können (vgl. Senatsurteile in BFHE 186, 226, BStBl II 1998, 689; vom 17. Februar 1993 I R 3/92, BFHE 170, 550, BStBl II 1993, 457), bezieht sich demgegenüber nicht auf den Fremdvergleich.
d) Ebenso wenig hat die Klägerin eine Divergenz des FG-Urteils zu der Senatsrechtsprechung dargetan, nach der aus der rechtlichen Möglichkeit eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers, bereits mit 63 Jahren vorzeitig in den Ruhestand zu treten, nicht grundsätzlich auf die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme dieser Möglichkeit geschlossen werden kann (Senatsurteile vom 23. Januar 1991 I R 113/88, BFHE 163, 207, BStBl II 1991, 379; vom 25. April 1990 I R 59/89, BFH/NV 1991, 269; vom 29. Oktober 1997 I R 52/97, BFHE 184, 487, BStBl II 1999, 318). Das FG hat diese Rechtsprechung durchaus bedacht (FG-Urteil S. 12), hat aber anhand konkreter Sachverhaltsumstände im Einzelnen begründet, warum im Streitfall zum Zusagezeitpunkt hinreichende Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Ausscheidens des X bestanden haben. Mithin basiert das Ergebnis des FG nicht auf einer von der Senatsrechtsprechung divergierenden Rechtsauffassung, sondern auf einer Sachverhaltswürdigung im Einzelfall. Ein Grund für die Zulassung der Revision ist daraus nicht abzuleiten.
e) Soweit die Klägerin schließlich die Außerachtlassung der erstmals während des Klageverfahrens vorgelegten, auf den 1. Juli 2003 datierten "Ruhegehalts- und Laufzeitregelung" zwischen der Klägerin und X im Rahmen der Beweiswürdigung bemängelt, benennt sie keinen bestimmten Revisionszulassungsgrund. Sollte sie damit einen Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) rügen wollen, ist ein solcher nicht dargetan. Das FG hat in nicht zu beanstandender Weise -und von der Klägerin auch nicht konkret bemängelt- aus verschiedenen Zweifelsgründen darauf geschlossen, dass die Vereinbarung nicht am 1. Juli 2003 geschlossen wurde, sondern nachträglich angefertigt worden sein muss. Mit ihrer Forderung, eine etwa nachträglich angefertigte Vereinbarung müsse rückwirkend berücksichtigt werden, legt die Klägerin lediglich eine von der Ansicht des FG abweichende Rechtsaufassung dar, ohne dass sich daraus ein Grund zur Zulassung der Revision ergibt.
2. Aus der nicht hinreichenden Darlegung eines Zulassungsgrundes zur Frage der vGA folgt zugleich, dass eine Revisionszulassung auch im Hinblick auf die Kürzung der Pensionsrückstellung wegen Überversorgung nicht in Betracht kommt. Selbst wenn bei isolierter Betrachtung in Bezug auf die Frage der Überversorgung die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder der Divergenz zur BFH-Rechtsprechung vorliegen würden, wären die damit in Zusammenhang stehenden Rechtsfragen in dem angestrebten Revisionsverfahren mangels Erheblichkeit nicht klärungsfähig. Denn eine etwaige Erhöhung des vom FG angesetzten Rückstellungsbetrages könnte sich in keinem Fall auf das Ergebnis des Rechtsstreits auswirken, weil der Erhöhungsbetrag dem Gewinn der Klägerin als vGA wieder hinzuzurechnen wäre und somit die festzusetzende Körperschaftsteuer und der festzusetzende Gewerbesteuermessbetrag davon nicht berührt würden.
Fundstellen
Haufe-Index 2023429 |
BFH/NV 2008, 1536 |