Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an eine Sachaufklärungsrüge sowie an die Darlegung von grundsätzlicher Bedeutung und Divergenz
Leitsatz (NV)
1. Im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde erfordert die Rüge mangelhafter Sachaufklärung Ausführungen dazu, auf welche Aufklärungsmaßnahmen der Beschwerdeführer erfolglos hingewirkt hat oder aus welchen Gründen das FG welche Maßnahmen von Amts wegen hätte treffen müssen.
2. Mit Einwendungen gegen die inhaltliche Richtigkeit des FG-Urteils wird ein Grund für die Zulassung der Revision nicht dargelegt.
3. Die Darlegung einer Abweichung des FG-Urteils von einer Entscheidung des BFH erfordert die Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus beiden Entscheidungen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 20.06.2007; Aktenzeichen 1 K 2250/05) |
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Lohnsteuer-Haftungsbescheids.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine nach bulgarischem Recht gegründete Kapitalgesellschaft, betreibt in Bulgarien ein Bauunternehmen. Im Streitjahr (1998) sowie im Folgejahr führte sie in Deutschland an mehreren Orten Bauarbeiten aus. Nach einer von ihr eingereichten Aufstellung wurde sie vom 1. April 1998 bis zum 31. Mai 1999 in A, vom 1. Dezember 1998 bis zum 30. Mai 1999 in B, vom 1. April 1999 bis zum 31. Juli 1999 in C und vom 1. April 1999 bis zum 31. August 1999 erneut in A tätig. Ob diese Angaben zutreffen, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Ab Juni 1998 meldete die Klägerin für ihren Arbeitnehmer M Lohnsteuer an. M ist in der inländischen Gewerbeanmeldung aus Juni 1998 sowie in der Gewerbeabmeldung aus dem Jahr 2000 als für die Klägerin "vertretungsberechtigte Person" benannt. Er hat im Jahr 1999 einen Werkvertrag mit einem deutschen Bauunternehmen geschlossen, in dem er als "bevollmächtigter Vertreter" der Klägerin bezeichnet ist. Weitere Schreiben der Klägerin an Behörden bezeichnen M als "verantwortlich Handelnden" und als "Zustellungsvertreter" der Klägerin. Für ihre übrigen im Inland eingesetzten Arbeitnehmer gab die Klägerin keine Lohnsteuer-Anmeldungen ab.
Im April 1999 beantragte die Klägerin beim Finanzamt X eine Bescheinigung zur Befreiung vom Steuerabzug nach § 50a Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung (EStG 1997). Diesen Antrag lehnte das Finanzamt X mit der Begründung ab, dass die Klägerin nicht beschränkt steuerpflichtig sei. Dagegen nahm das Finanzamt Y im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung an, dass die Klägerin inländische Arbeitgeberin i.S. des § 38 EStG 1997 sei und für ihre im Inland eingesetzten Arbeitnehmer Lohnsteuer hätte einbehalten und abführen müssen. Dem entsprechend erließ es gegenüber der Klägerin am 23. März 1999 einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid. Diesen Bescheid focht die Klägerin mit Einspruch und Klage an.
Spätestens seit der Geltung des Gesetzes zur Eindämmung der illegalen Beschäftigung im Baugewerbe vom 30. August 2001 (BGBl I 2001, 2267, BStBl I 2001, 602) ist für die Besteuerung der Klägerin der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zuständig. Dieser nahm den vom Finanzamt Y erlassenen Haftungsbescheid am 11. April 2005 zurück und erließ zugleich einen erneuten Haftungsbescheid, der über dieselbe Haftungssumme wie der ursprüngliche lautete. Der Einspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid war erfolglos; in der Einspruchsentscheidung heißt es u.a., dass das Finanzamt Y schon beim Erlass des ersten Haftungsbescheids für den Streitfall nicht mehr zuständig gewesen und dass in jenem Bescheid die Ermessensausübung nicht hinreichend erläutert worden sei. Das daraufhin angerufene Finanzgericht (FG) hat die Klage gegen den (zweiten) Haftungsbescheid abgewiesen, ohne die Revision gegen sein Urteil zuzulassen.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat die von ihr geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision nicht in der gebotenen Form dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Als Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) rügt die Klägerin, dass das FG seine Entscheidung getroffen habe, ohne zuvor den Sachverhalt hinreichend aufzuklären (§ 76 Abs. 1 FGO). Die damit erhobene Sachaufklärungsrüge erfordert jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Ausführungen dazu, auf welche Aufklärungsmaßnahmen der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren hingewirkt hat oder weshalb ihm die Stellung entsprechender Beweisanträge nicht möglich war (Senatsbeschluss vom 9. Juli 2007 I B 112/06, BFH/NV 2007, 2299, m.w.N.) oder aus welchen Gründen das FG die nunmehr vermissten Maßnahmen von Amts wegen hätte treffen müssen (BFH-Beschlüsse vom 28. Februar 2007 V B 107/06, BFH/NV 2007, 1170; vom 14. März 2007 VIII B 131/06, BFH/NV 2007, 1176; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 50 i.V.m. § 120 Rz 70, m.w.N.). Alle diese Punkte behandelt die von der Klägerin eingereichte Beschwerdebegründung nicht. Damit genügt sie, was die Darlegung eines Verfahrensmangels angeht, nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
2. Im Ergebnis dasselbe gilt im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Beschwerdebegründung enthält dazu letztlich nur Ausführungen, die im Kern darauf hinauslaufen, dass das FG den Sachverhalt unrichtig gewürdigt und den Inhalt der einschlägigen Rechtsnormen verkannt habe. Damit werden aber nur Fehler benannt, die selbst im Fall ihres Vorliegens nicht zur Zulassung der Revision führen können (BFH-Beschlüsse vom 4. September 2007 VI B 53/06, BFH/NV 2007, 2326; vom 2. Oktober 2007 IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92). Das gilt namentlich für die Ausführungen zu der Frage, ob M als ständiger Vertreter i.S. des § 13 der Abgabenordnung anzusehen und ob durch sein Tätigwerden eine inländische Betriebsstätte der Klägerin im abkommensrechtlichen Sinne begründet worden sei.
3. Soweit die Klägerin eine Abweichung des FG-Urteils von einer Entscheidung des beschließenden Senats (Senatsbeschluss vom 4. September 2002 I R 21/01, BFHE 200, 265, BStBl II 2003, 306) rügen will, hat sie den maßgeblichen Darlegungsanforderungen ebenfalls nicht genügt. Denn die Beschwerdebegründung enthält keine Gegenüberstellung widerstreitender abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und der angeblichen Divergenzentscheidung andererseits, wie sie zur Darlegung einer zur Revisionszulassung führenden Divergenz notwendig ist (BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2007 IV B 130, 131/06, BFH/NV 2008, 233, m.w.N.).
4. Auch mit ihren Ausführungen zur Bedeutung der vom FA X abgegebenen Erklärung zeigt die Klägerin keinen Grund für eine Zulassung der Revision auf. Das bedarf gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO keiner Begründung. Mithin fehlt es insgesamt an der Darlegung eines Zulassungsgrundes, so dass die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen werden muss.
Fundstellen