Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlende Urteilsbegründung
Leitsatz (NV)
1. Ein Urteil ist nicht mit Gründen versehen, wenn zwischen Urteilsverkündung und Abfassung und Unterzeichnung des Urteils ein Zeitraum von mehr als fünf Monaten liegt. Auf den Zeitpunkt der Urteilszustellung kommt es insoweit nicht an.
2. Eine unzulässige Revision wird nicht deswegen statthaft, daß eine ebenfalls eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg hat.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) mit Urteil vom 18. April 1996 als unbegründet abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Am 10. September 1996 verfügte die Geschäftsstelle des erkennenden Senats beim FG u. a., daß die Reinschrift und die Anschreiben für die Zustellung des Urteils zu fertigen seien. Das Urteil ging am 10. Oktober 1996 zur Post und wurde der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 11. Oktober 1996 zugestellt.
Am 6. November 1996 legte die Klägerin gegen das Urteil Revision ein und rügte unter Hinweis auf § 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO), daß zwischen der mündlichen Verhandlung und der Zustellung des Urteils ein Zeitraum von mehr als fünf Monaten läge. Sie beantragt, das Urteil des FG dahingehend abzuändern, daß bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer 1987 bis 1990 die dem Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagten Umsatztantiemen als Betriebsausgaben berücksichtigt würden, und zwar im Jahr 1987 in Höhe von ... DM, im Jahr 1988 in Höhe von ... DM, im Jahr 1989 in Höhe von ... DM und im Jahr 1990 in Höhe von ... DM.
Am 7. November 1996 legte die Klägerin ferner Nichtzulassungsbeschwerde ein, die gemäß Beschluß vom heutigen Tage Erfolg hatte.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).
Nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Einer Zulassung der Revision bedarf es allerdings nicht in den in § 116 FGO genannten Fällen. Die Voraussetzungen für eine solche zulassungsfreie Revision liegen jedoch im Streitfall nicht vor.
Die Rüge der Klägerin, § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO sei verletzt, weil zwischen der mündlichen Verhandlung und der Zustellung des Urteils mehr als fünf Monate gelegen hätten, ist unbegründet. Zwar ist nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Entscheidung nicht mit Gründen versehen i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO, wenn zwischen Urteilsverkündung und vollständiger Abfassung und Unterzeichnung durch die beteiligten Richter ein Zeitraum von mehr als fünf Monaten liegt (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluß vom 27. April 1993 GmS- OGB 1/92, BVerwGE 92, 367, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 674). Im Streitfall wurde dieser Zeitraum aber nicht überschritten. Das Urteil wurde am 18. April 1996 verkündet. Lt. Verfügung der Geschäftsstelle ging bei ihr das vollständig abgefaßte und unterzeichnete Urteil am 10. September 1996, mithin vor Ablauf der Fünfmonatsfrist ein. Auf den Zeitpunkt der Zustellung des Urteils ist -- entgegen der Auffassung der Klägerin -- nicht abzustellen. Durch den Zwang zur Einhaltung eines bestimmten Zeitraums für die Urteilsanfertigung und Unterzeichnung soll gewährleistet werden, daß die Urteilsgründe das Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der Beratung zuverlässig wiedergeben. Zeitverzögerungen, die durch bzw. bei der Fertigung der Reinschrift, der Versendung oder ähnlicher verwaltungstechnischer Vorgänge eintreten, vermögen den Inhalt der Entscheidungsgründe nicht mehr zu beeinflussen.
Die damit unzulässige Revision wird auch nicht dadurch statthaft, daß die von der Klägerin eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg hatte (ständige Rechtsprechung BFH-Beschlüsse vom 12. April 1991 III R 181/90, BFHE 164, 179, BStBl II 1991, 638; vom 18. Juni 1996 IV R 66/95, BFH/NV 1996, 840; vom 8. Februar 1996 V R 37/95, BFH/NV 1996, 684, m. w. N.; vom 19. Oktober 1995 VII R 68/95, BFH/NV 1996, 338). Da der vorliegende Beschluß nur mit dem tragenden Grund der Verwerfung in Rechtskraft erwächst, bleibt es der Klägerin unbenommen, auf die vom erkennenden Senat ausgesprochene Zulassung der Revision innerhalb der gesetzlichen Frist Revision einzulegen.
Fundstellen
Haufe-Index 422354 |
BFH/NV 1997, 878 |