Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenvorstellung: Rechtliches Gehör, Entscheidungserheblichkeit
Leitsatz (NV)
- Hinsichtlich des geltend gemachten Verfahrensmangels der nicht ausreichenden Gewährung rechtlichen Gehörs ist u.a. die Entscheidungserheblichkeit des Vorbringens unter Berücksichtigung des maßgebenden materiell-rechtlichen Standpunktes des FG hinreichend darzulegen.
- Haben die rechtskundig vertretenen Kläger in der mündlichen Verhandlung unter Erörterung der Sach- und Rechtslage streitig verhandelt, hatten sie hinreichend Gelegenheit, das für erforderlich gehaltene Vorbringen in die Verhandlung einzubringen. Angesichts der vom FG beigezogenen Gerichtsakten konnten die Kläger davon ausgehen, dass das FG den Inhalt dieser Akten, insbesondere das dort enthaltene Klägervorbringen, wie auch eine eventuelle Entscheidung eines anderen FG-Senats zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.
Normenkette
GG Art. 103; FGO §§ 96, 102, 115 Abs. 2 Nr. 3; AO 1977 § 227
Gründe
Die fristgerecht eingelegte Gegenvorstellung ist unbegründet.
1. Der Senat ist in seinem im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ergangenen Beschluss IX B 119/02 davon ausgegangen, dass die Kläger und Rechtsmittelführer (Kläger) den Darlegungsanforderungen einer Gehörsrüge (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 3. September 2002 I B 107/01, BFH/NV 2003, 68) zwar im Übrigen Rechnung getragen und insbesondere in ihrer Beschwerdebegründung (unter 2. auf den Seiten 25-27) erläutert haben, warum sie auf weiteren Sachvortrag verzichtet haben. Jedoch haben sie den geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) der nicht ausreichenden Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit ihres Vorbringens nicht hinreichend dargelegt. Diese ist im Übrigen auch nicht gegeben.
Der herrschenden Meinung folgend war nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Voraussetzung für die von den Klägern begehrte Korrektur einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung nach § 227 der Abgabenordnung (AO 1977), dass "diese offensichtlich und eindeutig fehlerhaft ist und es dem Steuerpflichtigen nicht möglich oder nicht zumutbar war, sich rechtzeitig gegen die Fehlerhaftigkeit zu wenden". Angesichts der ―auch aus der Sicht der Kläger― materiell-rechtlich richtigen und von ihnen nicht angefochtenen Bescheide ist nach wie vor weder vorgetragen noch ersichtlich, "inwieweit das FG nach seinem (im angegriffenen Urteil geäußerten) maßgebenden materiell-rechtlichen Standpunkt unter Berücksichtigung seiner nach § 102 FGO nur eingeschränkten Prüfungskompetenz zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre".
Soweit sich die Kläger auf den Senatsbeschluss vom 6. August 2002 IX B 36/02 (BFH/NV 2002, 1606) berufen, greift ihre Argumentation nicht durch. Denn anders als im bezogenen Fall haben die Kläger im Streitfall einen Verzicht auf weiteren Sachvortrag und eine mündliche Verhandlung gerade nicht erklärt. Vielmehr haben die rechtskundig vertretenen Kläger in der mündlichen Verhandlung unter Erörterung der Sach- und Rechtslage streitig verhandelt. Sie hatten also hinreichend Gelegenheit, das für erforderlich gehaltene Vorbringen in die Verhandlung einzubringen. Angesichts der vom FG beigezogenen Gerichtsakten konnten die Kläger davon ausgehen, dass das FG den Inhalt dieser Akten, insbesondere das dort enthaltene Klägervorbringen, wie auch eine eventuelle Entscheidung eines anderen FG-Senats zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.
Im Übrigen kann ein FG-Senat aufgrund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 FGO) ohne weiteres zu einer anderweitigen tatsächlichen Würdigung der Einzelfallumstände und/oder anderweitigen rechtlichen Einschätzung, mithin zu einem anderen Ergebnis als ein anderer FG-Senat gelangen.
2. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht; die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Fundstellen
Haufe-Index 1067322 |
BFH/NV 2004, 75 |