Entscheidungsstichwort (Thema)
Personelle Verflechtung bei der Betriebsaufspaltung
Leitsatz (NV)
1. Ob die Voraussetzungen der personellen Verflechtung erfüllt sind, ist anhand der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls festzustellen. Eine Beherrschung der Betriebsgesellschaft durch den das Besitzunternehmen beherrschenden Gesellschafter kann im Einzelfall trotz einer nominellen Mehrheitsbeteiligung an der Betriebsgesellschaft zu verneinen sein.
2. Eine Abweichung i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist nicht schlüssig dargetan, wenn lediglich vorgetragen wird, das FG habe die vom BFH entwickelten Rechtsgrundsätze unzutreffend auf den Streitfall angewendet.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2
Gründe
Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Der Senat kann offenlassen, ob die Begründung der Beschwerde den formellen Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht, soweit die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache begehrt wird. Denn die Beschwerde ist jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
1. Die in der Beschwerdeschrift aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Grundsätze über die sog. faktische Beherrschung dazu führen können, eine personelle Verflechtung und damit eine Betriebsaufspaltung zu verneinen, wenn der Mehrheitsgesellschafter des Besitz- und des Betriebsunternehmens dem in erheblichem Umfang an der Betriebsgesellschaft beteiligten atypisch stillen Gesellschafter eine Generalvollmacht für die Wahrnehmung seiner Vermögensangelegenheiten erteilt hat, ist nicht klärungsbedürftig. Sie kann anhand der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung beantwortet werden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat wiederholt zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen das für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche Merkmal der personellen Verflechtung von Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft zu bejahen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist eine personelle Verflechtung anzunehmen, wenn die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben (vgl. die Nachweise bei L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl., §15 Rz. 820). Für die Annahme eines solchen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens genügt es, daß die Person, die das Besitzunternehmen beherrscht, in der Lage ist, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen. Geklärt ist auch, daß die Fähigkeit, den geschäftlichen Betätigungswillen im Unternehmen durchzusetzen, nicht ausnahmslos durch den entsprechenden Anteilsbesitz vermittelt wird (vgl. BFH-Urteile vom 1. Dezember 1989 III R 94/87, BFHE 159, 480, BStBl II 1990, 500; vom 29. Januar 1997 XI R 23/96, BFHE 182, 216, BStBl II 1997, 437, m. w. N.). Eine besondere tatsächliche Machtstellung im Unternehmen kann den fehlenden Besitz der Mehrheit der Anteile an der Betriebsgesellschaft ersetzen. Ebenso kann trotz einer nominellen Mehrheitsbeteiligung aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls (z. B. bei vereinbarter Einstimmigkeitsklausel oder Stimmrechtsbindung zugunsten eines Dritten) die Beherrschung des Betriebsunternehmens durch den Mehrheitsgesellschafter zu verneinen sein (vgl. BFH-Urteil vom 21. August 1996 X R 25/93, BFHE 181, 284, BStBl II 1997, 44; L. Schmidt, a. a. O., §15 Rz. 822, 829).
Ob die Voraussetzungen der personellen Verflechtung erfüllt sind, ist nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls zu entscheiden (BFH-Beschluß vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63).
2. Soweit die Zulassung der Revision wegen Divergenz (§115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) begehrt wird, ist die Abweichung des angefochtenen Urteils von den genannten Entscheidungen des BFH nicht ausreichend "bezeichnet" i. S. von §115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Hierfür hätten die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) voneinander abweichende, die jeweilige Entscheidung tragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Finanzgerichts (FG) und in der angegebenen Divergenzentscheidung des BFH herausarbeiten müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Beschluß des Senats vom 29. September 1994 VIII B 108/94, BFH/NV 1995, 979). Die gerügte Abweichung ist nicht schon mit der Behauptung schlüssig dargetan, das FG habe die vom Revisionsgericht entwickelten Rechtsgrundsätze zur Betriebsaufspaltung unzutreffend auf den Streitfall angewendet; mit diesem Vorbringen wird lediglich ein im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unbeachtlicher Subsumtionsfehler geltend gemacht (BFH-Beschluß vom 14. Juni 1994 VII B 239/93, BFH/NV 1995, 89).
3. Unzulässig ist die Beschwerde auch, soweit die Kläger die Zulassung der Revision wegen Verletzung der Sachaufklärungspflicht von Amts wegen (§76 FGO) durch das FG begehren. In der Beschwerdeschrift haben sie einen solchen Verfahrensmangel nicht ausreichend dargetan. Für eine zulässige Verfahrensrüge hätten die Kläger u. a. ausführen müssen, inwieweit eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auch unter Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen Sachentscheidung hätte führen können (vgl. zu dieser Voraussetzung BFH-Beschluß vom 17. Mai 1994 X B 280/93, BFH/NV 1995, 114). Im Streitfall ergibt sich aus den Gründen des angefochtenen Urteils, daß das FG den Sachvortrag der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren über die Tätigkeit des Klägers im Unternehmen der GmbH im wesentlichen als zutreffend unterstellt hat. Es hat im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung lediglich andere Schlußfolgerungen aus diesen Tatsachen gezogen als die Kläger. Mängel bei der Beweiswürdigung können jedoch grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision nach §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO rechtfertigen (BFH-Beschluß vom 10. November 1994 IV B 23/94, BFH/NV 1995, 691).
Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 67218 |
BFH/NV 1998, 852 |