Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensfehler bei Entscheidung des FG durch Prozessurteil statt durch Sachurteil, Darlegungsanforderungen

 

Leitsatz (NV)

Wird als Verfahrensfehler gerügt, dass fehlerhaft statt eines Sachurteils ein Prozessurteil ergangen ist, muss substantiiert dargelegt werden, dass das FG fehlerhaft entschieden hat.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Urteil vom 05.12.2006; Aktenzeichen 8 K 308/06)

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht erfüllt.

a) Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind Verstöße gegen das Gerichtsverfahrensrecht, die das Finanzgericht (FG) bei der Handhabung seines Verfahrens begeht und die zur Folge haben, dass eine ordnungsgemäße Grundlage für die Entscheidung im Urteil fehlt, z.B. ein Verstoß gegen § 76 FGO (Verletzung der Sachaufklärungspflicht) oder gegen § 96 FGO (Nichtberücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens; Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten; Verletzung des rechtlichen Gehörs, die Vorwegnahme der Beweiswürdigung oder die vermeintliche Bindung an nicht bestehende Beweisregeln). Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, unter gleichzeitigem schlüssigen Vortrag, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (ständige Rechtsprechung; z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. Januar 2006 XI B 25/05, BFH/NV 2006, 1106).

Ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kann auch dann vorliegen, wenn das FG fehlerhaft statt eines Sachurteils ein Prozessurteil erlässt (vgl. BFH-Beschluss vom 19. August 2004 II B 79/03, BFH/NV 2004, 1670). Auch in diesem Fall muss nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO substantiiert dargelegt werden, dass dem FG ein Verfahrensfehler unterlaufen ist.

b) Verfahrensfehler in diesem Sinne liegen nicht vor bzw. sind nicht ausreichend dargelegt.

Die Rüge der Unwirksamkeit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung wegen der Nichtbevollmächtigung der Steuerberaterin ist unbegründet. Das FG hat in seinem Urteil festgestellt, dass die Steuerberaterin gegen den Einkommensteuerschätzungsbescheid vom 22. September 2005 im Namen der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Einspruch eingelegt und zur Begründung eine von beiden Klägern unterschriebene Einkommensteuererklärung vorgelegt hat. Auch hat das FG festgestellt, dass die Kläger im Mantelbogen der Einkommensteuererklärung angegeben haben, der Steuerbescheid solle der Steuerberaterin zugesandt werden. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist das FG zu Recht von einer Bevollmächtigung der Steuerberaterin zur Empfangnahme der Einspruchsentscheidung ausgegangen.

Soweit die Kläger die Ablehnung ihres Wiedereinsetzungsantrags rügen, haben sie nicht ausreichend dargelegt, dass die Ausführungen des FG zum Verschulden i.S. des § 56 FGO fehlerhaft seien und inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Mangel anders ausgefallen wäre.

2. Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO ist nicht geltend gemacht worden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1747322

BFH/NV 2007, 1344

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