Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeitsklage gegen Beschlüsse des FG und des BFH
Leitsatz (NV)
1. Eine Nichtigkeitsklage kann nur gegen Urteile i.S.v. § 578 ZPO erhoben werden.
2. Eine Nichtigkeitsklage gegen die Ablehnung eines selbständigen Beweisverfahrens durch das FG und gegen Beschlüsse des BFH ist als Antrag auszulegen, die Beschlüsse entsprechend § 134 FGO, § 579 ZPO für nichtig zu erklären.
3. Der Antrag beim BFH, einen Beschluss des FG für nichtig zu erklären, ist schon deshalb unzulässig, weil er beim FG anzubringen wäre.
4. Der Mangel der vorschriftsmäßigen Vertretung (§ 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) kann nur von dem nicht vertretenen Beteiligten gerügt werden.
5. Bei Erhebung eines unzulässigen Rechtsbehelfs besteht mangels Rechtsschutzbedürfnisses kein Anspruch auf Akteneinsicht.
Normenkette
FGO § 134; ZPO §§ 578, 579 Abs. 1 Nr. 4, §§ 583-584
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Beschluss vom 09.02.2007; Aktenzeichen 4 S 2259/06) |
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) lehnte die von der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) begehrte Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens durch Beschluss vom 9. Februar 2007 4 S 2259/06 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Bundesfinanzhof (BFH) durch Beschluss vom 28. Dezember 2007 III B 55/07 als unbegründet zurück.
Mit ihrem als "Nichtigkeitsklage" bezeichneten Rechtsbehelf macht die Antragstellerin u.a. geltend, es liege ein Nichtigkeitsgrund i.S. des § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) vor, weil das FG und der BFH einen gesetzlichen Beteiligtenwechsel auf der Passivseite nicht "umgesetzt" hätten und somit das aus ihrer Sicht richtigerweise zu beteiligende Finanzamt (FA) in den jeweiligen Verfahren nicht vertreten gewesen sei. Aufgrund des gesetzlichen Beteiligtenwechsels habe das FA A die Passivlegitimation sowie die Parteifähigkeit verloren. Eine Nichtigkeitsklage komme in Betracht, wenn das Gericht ein Urteil gegen eine in Wahrheit nicht bestehende Partei erlassen habe.
Die Antragstellerin beantragt, die Nichtigkeit der Beschlüsse des BFH vom 28. Dezember 2007 III B 55/07 und des Sächsischen FG vom 9. Februar 2007 4 S 2259/06 "festzustellen" und diese Beschlüsse aufzuheben.
Entscheidungsgründe
II. Da sich die "Nichtigkeitsklage" nicht auf Urteile i.S. von § 578 ZPO bezieht, ist sie als Antrag zu verstehen, die angegriffenen Beschlüsse entsprechend § 134 FGO, § 579 ZPO für nichtig zu erklären (vgl. BFH-Beschluss vom 14. April 2008 I K 1/08, juris, m.w.N.).
III. Der Rechtsbehelf ist unzulässig.
1. Soweit der Beschluss des Sächsischen FG vom 9. Februar 2007 4 S 2259/06 für nichtig erklärt werden soll, ergibt sich die Unzulässigkeit bereits daraus, dass der Nichtigkeitsantrag gemäß § 134 FGO, § 584 Abs. 1 ZPO nicht beim BFH, sondern beim FG anzubringen wäre (BFH-Beschluss vom 14. April 2008 I K 1/08, juris).
2. Hinsichtlich des BFH-Beschlusses vom 28. Dezember 2007 III B 55/07 hat die Antragstellerin entgegen § 134 FGO, § 583 ZPO keine Nichtigkeitsgründe i.S. des § 579 Abs. 1 ZPO dargetan. Auf den geltend gemachten Vertretungsmangel auf der Prozessgegenseite kann sich die Antragstellerin im Rahmen des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht berufen, weil der Mangel der vorschriftsmäßigen Vertretung nur vom nichtvertretenen Beteiligten --das wäre hier das nach Auffassung der Antragstellerin verfahrenswidrig nicht einbezogene FA-- gerügt werden kann (BFH-Beschluss vom 14. April 2008 I K 1/08, juris, m.w.N.). Im Hinblick auf die darüber hinaus geltend gemachten Verfahrensverstöße ist ein Bezug zu einem der Nichtigkeitsgründe des § 579 Abs. 1 ZPO nicht erkennbar.
3. Die beantragte Akteneinsicht war nicht zu gewähren. Da der Rechtsbehelf unzulässig ist, besteht auch kein Anspruch auf Akteneinsicht. Denn die Akten sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geeignet, der Rechtsschutzgewährung der Antragstellerin zu dienen (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Juni 2007 VIII B 201/06, BFH/NV 2007, 1804, m.w.N.).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstellen