Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenvorstellung gegen rechtskräftige Beschlüsse des BFH
Leitsatz (NV)
Macht eine Steuerpflichtiger gegenüber dem Beschluß, mit dem der BFH eine persönlich eingelegte Beschwerde wegen Versagung der Prozeßkostenhilfe verworfen hat, sowie gegenüber der Verwerfung der ein gelegten Revision als Gegenvorstellungen lediglich geltend, das FA habe den angesetzten Gewinn zu hoch geschätzt und er könne sich einen Rechtsanwalt nicht leisten, sind diese nicht statthaft.
Normenkette
FGO §§ 126, 128
Tatbestand
Durch Beschluß vom 9. November 1994 IV B 44/94, nicht veröffentlicht, hat der erkennende Senat die vom Kläger, Beschwerdeführer und Revisionskläger (Kläger) persönlich eingelegte Beschwerde gegen die Versagung der beim Finanzgericht (FG) beantragten Prozeßkostenhilfe (PKH) für das bereits abgeschlossene Klageverfahren wegen Einkommensteuer 1986 und 1987 als unzulässig verworfen, weil der Kläger bei der Einlegung der Beschwerde nicht wie erforderlich durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten war. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der erkennende Senat nicht gewährt, weil der Kläger zuvor bereits wiederholt auf die fehlende Postulationsfähigkeit hingewiesen worden war. Mit derselben Begründung hat der erkennende Senat -- ebenfalls durch Beschluß vom 9. November 1994 -- die vom Kläger persönlich eingelegte Revision verworfen (IV R 88/93, nicht veröffentlicht).
Gegen die beiden Beschlüsse wendet sich der Kläger mit dem als "Widerspruch" bezeichneten Schreiben vom 4. Dezember 1994, und zwar im wesentlichen mit der Begründung, der Beklagte, Beschwerdegegner und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) habe in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden den Gewinn falsch berechnet. Er könne sich einen Rechtsanwalt nicht leisten. Die obersten Gerichte seien zur Bürgerfreundlichkeit aufgerufen. Er verstehe die beiden Beschlüsse nicht; auch sei es von Kanada aus unmöglich, binnen zwei Wochen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen.
Das Schreiben des Klägers vom 4. Dezember 1994 ist als Gegenvorstellung gegen die Beschlüsse des erkennenden Senats vom 9. November 1994 anzusehen. Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 22. Dezember 1994 an den erhobenen Gegenvorstellungen festgehalten.
Entscheidungsgründe
Die Gegenvorstellungen des Klägers sind nicht statthaft.
Die Finanzgerichtsordnung (FGO) sieht -- wie auch die anderen Verfahrensgesetze -- die Gegenvorstellung nicht vor. Doch ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, daß eine Gegenvorstellung in bestimmten Ausnahmefällen zu einer Änderung formell rechtskräftiger Entscheidungen führen kann. Voraussetzung hierfür ist aber stets, daß das Gericht rechtlich zur Abänderung seiner Entscheidung befugt ist (vgl. z. B. Beschluß des erkennenden Senats vom 1. Juli 1991 IV B 148/90, BFH/NV 1992, 48 sowie Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 21. Dezember 1992 XI S 16/92 und XI S 17/92, BFH/NV 1993, 485; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., Vor § 115 Anm. 26; Tipke/Kruse, Abgabenordnung -- Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 128 FGO Tz. 3).
Daran fehlt es hier. Beschlüsse, durch die eine Revision gemäß § 126 Abs. 1 FGO als unzulässig verworfen wird, erwachsen in Rechtskraft; sie binden nicht nur die Prozeßbeteiligten, sondern auch das Gericht (BFH-Beschluß vom 27. März 1986 I E 1/86, BFH/NV 1986, 483), mit der Folge, daß der Beschluß, mit dem der erkennende Senat die Revision verworfen hat, nicht aufgrund der vom Kläger erhobenen Gegenvorstellung geändert werden kann. Das gilt auch für die Verwerfung der befristeten Beschwerde gegen die Versagung der PKH durch das FG München (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1993, 485).
Die Voraussetzungen, unter denen entgegen diesem Grundsatz die Zulässigkeit einer Gegenvorstellung trotz rechtskräftiger Entscheidungen in bestimmten Ausnahmefällen -- Verletzung des rechtlichen Gehörs, Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters oder Fehlens jeglicher gesetzlicher Grundlage -- für denkbar gehalten wird, liegen hier nicht vor. Im übrigen hatte der Kläger nach dem 29. Juni 1994, also nach der Bekanntgabe der Beschlüsse des erkennenden Senats vom 5. April 1994 IV S 7/93 und vom 29. Juni 1994 IV S 2/94 über die Ablehnung der beantragten PKH für das Beschwerdeverfahren wegen PKH und für das Revisionsverfahren ausreichend Zeit, einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer mit der Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beauftragen. Das hat er jedoch unterlassen. In diesen Beschlüssen hat der erkennende Senat auch im einzelnen erläutert, daß die an den aufgelösten stillen Reserven ausgerichtete Schätzung des vom beklagten FA angesetzten Gewinns sachgerecht sei, weil sich das Anfangs- und Endvermögen für den Aufgabegewinn mangels Steuererklärungen des Klägers nicht genau ermitteln ließ.
Fundstellen
Haufe-Index 420576 |
BFH/NV 1995, 901 |