Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht zur Abgabe monatlicher Umsatzsteuervoranmeldungen nicht unverhältnismäßig
Leitsatz (NV)
1. Ein Urteil, das auf die maßgeblichen Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel des Klägers eingeht und erkennen lässt, auf welchen Erwägungen seine Entscheidung im Wesentlichen beruht, ist mit Gründen i.S. des § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO versehen.
2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, ob die Pflicht zur Abgabe monatlicher Umsatzsteuervoranmeldungen unverhältnismäßig sei, kann nicht damit begründet werden, dass auch für andere Steuern und aus sonstigen Gründen weitere Erklärungen und Meldungen abzugeben sind. Soweit der Kläger hierzu geltend macht, die Frist zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen sei angesichts der geringen Größe seines Bürobetriebs zu kurz bemessen, muss er u.a. darlegen, warum er von der Möglichkeit einer Dauerfristverlängerung nach § 46 Satz 1 UStDV keinen Gebrauch machen konnte.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 105 Abs. 2 Nr. 5; UStG § 18 Abs. 6; UStDV § 46 S. 1
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 08.02.2007; Aktenzeichen 6 K 2184/05) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
1. Zu Unrecht macht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend, das Urteil des Finanzgerichts (FG) leide an dem Verfahrensmangel fehlender Begründung.
Nach § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO muss ein finanzgerichtliches Urteil mit Gründen versehen sein. Die Wiedergabe der Entscheidungsgründe dient der Mitteilung der wesentlichen rechtlichen Erwägungen, die aus der Sicht des Gerichts für die getroffene Entscheidung maßgebend gewesen sind. Ein Fehlen von Entscheidungsgründen ist deshalb dann anzunehmen, wenn dem Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Richtigkeit und Rechtmäßigkeit zu überprüfen (BFH-Beschluss vom 29. Juli 2004 III B 155/03, BFH/NV 2004, 1646). Ein Begründungsmangel ist nicht gegeben, wenn das FG sein Urteil mit Gründen versehen hat, diese aber --nach Auffassung des Klägers-- nicht überzeugend oder unvollständig sind (BFH-Beschluss vom 20. November 2003 III B 29/03, nicht veröffentlicht --n.v.--).
Das FG hat in dem Urteil ausgeführt, dass der BFH in den vom FG zitierten Entscheidungen die Verfassungswidrigkeit der Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen verneint habe und dass die in § 152 der Abgabenordnung aufgeführten Ermessenskriterien dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung trügen. In gleicher Weise sei auch kein Verstoß gegen höherrangiges EG-Recht ersichtlich. Das Urteil ist damit, wenn auch knapp, auf die maßgeblichen Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel des Klägers eingegangen, die dieser in der Beschwerdebegründung erneut vorgetragen hat. Das FG hat in ausreichender Weise auch im Übrigen erkennen lassen, auf welchen Erwägungen seine Entscheidung im Wesentlichen beruht; das gilt unabhängig davon, ob diese Erwägungen in der Sache zutreffend sind (BFH-Beschluss vom 11. Juni 2003 I B 187/02, n.v.).
Auf die verspätete Aktenabgabe durch das Finanzamt X musste das FG nicht eingehen, denn diese stand der rechtzeitigen Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen auf dem Postwege nicht entgegen.
2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
Wird die Beschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet, so muss in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt und --unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur-- deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dargetan werden (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 26, 32, m.w.N.). Entsprechendes gilt für den Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 38).
a) Der Kläger trägt hierzu vor, die von ihm jährlich angeforderten 27 Steuererklärungen (darunter je 12 Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen) stellten --neben den weiteren aufgegebenen statistischen und anderen Erklärungen-- einen bürokratischen Exzess dar, durch den er in seinen Grundrechten verletzt werde und der gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße. Ein normgemäßes Verhalten dahingehend, die kurzen Fristen zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen einzuhalten und in dieser Zeit die Umsatzsteuer eines jeden Monats exakt zu berechnen, sei für ihn bzw. seine nur halbtags beschäftigte Sekretärin unmöglich, zumal wenn in den Fristenlauf Kalendertage fielen, die keine Arbeitstage seien.
Die Frage, ob ihm vor diesem Hintergrund angelastet werden könne, dass er die Abgabefristen der Umsatzsteuervoranmeldungen nicht eingehalten habe und ob dies durch die Erhebung der streitigen Verspätungszuschläge geahndet werden könne, begründe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO sowie die Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.
Zu klären sei ferner, ob die Regelung dem EG-Recht widerspreche. Denn in der 12. Begründungserwägung zur Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (Richtlinie 91/680/EWG) werde ausdrücklich von "notwendigen … Erleichterungen der Verwaltungsformalitäten" für "Klein- und Mittelbetriebe" gesprochen. Nach der Empfehlung der EG-Kommission vom 6. Mai 2003 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABlEU) Nr. L 124/36 gehöre er zu den Kleinstunternehmen und habe Anspruch auf derartige Erleichterungen.
b) Die Beschwerde genügt den in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage nicht.
aa) Dass die Pflicht zur Abgabe monatlicher Umsatzsteuervoranmeldungen generell unverhältnismäßig sei, macht der Kläger nicht geltend. Soweit er hinsichtlich anderer Steuern und aus sonstigen Gründen weitere --zum Teil monatliche-- Erklärungen und Meldungen abzugeben hat, ist dies für die Frage der Rechtmäßigkeit der Abgabepflicht der Umsatzsteuervoranmeldungen irrelevant. Der Kläger hätte daher substantiiert darlegen müssen, dass die Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen gerade für ihn als Steuerberater und trotz der von ihm angemeldeten Umsätze in 2003 in Höhe von über 100 000 € und in 2004 in Höhe von über 190 000 € gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße. Daran fehlt es ebenso wie an einem Eingehen auf die Rechtsprechung.
Dem Vorbringen ist auch nicht zu entnehmen, dass sich der Kläger in diesem Zusammenhang darauf berufen könnte, er habe nach den Begründungserwägungen zur Richtlinie 91/680/EWG Anspruch auf Gewährung von Erleichterungen hinsichtlich der Verwaltungsformalitäten, weil er nach der Empfehlung der EG-Kommission vom 6. Mai 2003 in ABlEU Nr. L 124/36 zum Kreis der Kleinstunternehmen zähle. Die Empfehlung der Kommission betrifft die Höchstgrenzen für Förderprojekte zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen, um etwaige Wettbewerbsverzerrungen abzumildern. Sie ermöglicht nicht nur ausdrücklich die Festlegung auch niedrigerer Schwellenwerte durch den nationalen Gesetzgeber, sondern bezieht sich auf politische (Förder-)Maßnahmen zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen. Der Kläger hätte daher darlegen müssen, warum bzw. inwieweit die auf diese Zwecke ausgerichtete Definition kleiner und mittlerer Unternehmen auch für das Verfahren der Umsatzbesteuerung gelten sollte.
bb) Soweit der Kläger sich dagegen wendet, die Frist zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen sei für ihn angesichts der geringen Größe seines Bürobetriebs zu kurz bemessen, ist er auf die Möglichkeit der Dauerfristverlängerung zu verweisen. Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates gemäß § 18 Abs. 6 des Umsatzsteuergesetzes 1999 durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Nach § 46 Satz 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 hat das Finanzamt "dem Unternehmer auf Antrag die Fristen für die Abgabe der Voranmeldungen und für die Entrichtung der Vorauszahlungen (§ 18 Abs. 1, 2 und 2a des Gesetzes) um einen Monat zu verlängern" (vgl. BFH-Urteil vom 26. April 2001 V R 9/01, BFHE 194, 541). Warum es dem Kläger unmöglich gewesen sein sollte, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, ist nicht ersichtlich, zumal eine auf Antrag gewährte Fristverlängerung für die Abgabe der Voranmeldungen und für die Entrichtung der Vorauszahlungen so lange fortgilt, bis der Unternehmer seinen Antrag zurücknimmt oder das Finanzamt die Fristverlängerung widerruft (BFH-Beschluss vom 29. Oktober 1993 V B 38/93, BFH/NV 1994, 589). Dass die Beantragung einer solchen Erleichterung den Kläger vom Belieben der Verwaltung abhängig machen könnte, ist nicht ersichtlich.
Fundstellen