Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung eines Personengesellschafters für Entwicklung von Konstruktionsplänen
Leitsatz (NV)
- Leistet eine Personengesellschaft ihrem Gesellschafter eine Vergütung für die Entwicklung von Konstruktionsplänen, handelt es sich dabei um eine Sondervergütung i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG.
- Die Rüge, Finanzrichter trügen den "Makel der Parteilichkeit", soweit sie früher in der Finanzverwaltung tätig waren, ist keine zulässige Rüge eines Verfahrensmangels.
- Es ist höchstrichterlich geklärt, dass die Abschaffung der Streitwertrevision mit der Verfassung vereinbar ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Hs. 2 EStG
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.
1. Soweit der Beschwerdeschrift das Vorbringen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) zu entnehmen sein sollte, ein Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) erfülle nicht die Anforderungen an ein gerichtliches Rechtsschutzverfahren i.S. des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG), weil Finanzrichter den "Makel der Parteilichkeit" besäßen, soweit sie früher in der Finanzverwaltung tätig waren, liegt darin keine zulässige Rüge eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Besorgnis der Befangenheit eines Finanzrichters ist mit einem Ablehnungsgesuch zunächst beim FG geltend zu machen. Erst bei Erfolglosigkeit eines solchen Gesuchs kommt ―seit Abschaffung des selbständigen Beschwerdeverfahrens durch § 128 Abs. 2 FGO― eine Verfahrensrüge im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde in Betracht (§ 119 Nr. 1 FGO).
2. Die Rüge der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist unbegründet.
a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn über Rechtsfragen zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt und die klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärbar sind (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ―BFH―, vgl. z.B. Beschlüsse vom 15. Juli 1966 VI B 2/66, BFHE 86, 708, BStBl III 1966, 628, und vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, deren Beantwortung sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (BFH-Beschluss vom 26. Januar 1978 V B 15/77, BFHE 124, 264, BStBl II 1978, 394, letzter Abs.) oder die höchstrichterlich bereits entschieden ist, ohne dass zwischenzeitlich neue gewichtige Gesichtspunkte in Erscheinung getreten sind (BFH-Beschluss vom 21. Juli 1977 IV B 16-17/77, BFHE 123, 48, BStBl II 1977, 760).
Hat der BFH eine Rechtsfrage bereits entschieden, besteht in der Regel kein Bedarf für eine erneute Entscheidung derselben Frage. Eine Ausnahme davon gilt nur dann, wenn FG der Rechtsprechung des BFH nicht gefolgt sind oder im Fachschrifttum oder auch mit der Nichtzulassungsbeschwerde selbst neue gewichtige Argumente gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung vorgetragen werden, die der BFH bisher nicht erwogen hat (BFH-Beschlüsse in BFHE 123, 48, BStBl II 1977, 760; vom 3. Juni 1980 VII B 40/79, BFHE 131, 149, und vom 12. Juni 1996 IV B 133/95, BFHE 180, 450, BStBl II 1997, 82).
b) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt in Bezug auf die von der Klägerin eingehend erörterte Frage, ob ein Revisionsverfahren im Finanzprozess ausschließlich von dem Vorliegen bestimmter Revisionsgründe abhängig gemacht werden darf. Die Frage ist bereits von der Rechtsprechung geklärt. Sowohl der BFH als auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) haben eine solche Begrenzung des Revisionsverfahrens und den Verzicht auf eine Streitwertrevision für zulässig und mit der Verfassung vereinbar gehalten, denn Art. 19 Abs. 4, 103 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG gebieten keinen mehrstufigen Rechtsweg, insbesondere nicht das Rechtsmittel der Revision (BVerfG-Beschluss vom 24. Oktober 1989 1 BvR 576/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1990, 447; BFH-Beschluss vom 17. Januar 1989 IV B 113/87, BFH/NV 1990, 382).
c) Gleichfalls geklärt ist die im Streitfall materiell entscheidungserhebliche Frage, wann ein Entgelt, das der Mitunternehmer von seiner Mitunternehmerschaft für geleistete freiberufliche Dienste erhält, Vergütung für eine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (jetzt: Satz 1) Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist. Tritt der Mitunternehmer mit der Mitunternehmerschaft in eine besondere Vertragsbeziehung, aufgrund der er der Gesellschaft eine Leistung zu erbringen hat, für die er eine fremdübliche Vergütung erhält, wird dieses Schuldverhältnis auch der Besteuerung zugrunde gelegt. Dementsprechend sind die gezahlten Vergütungen bei der Mitunternehmerschaft Betriebsausgaben. Die Hinzurechnung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG soll aber verhindern, dass die Vergütungen den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft und damit den Gewerbeertrag gemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes mindern, indem die Vergütungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert werden. Grund dafür ist, dass der Mitunternehmer einer Personengesellschaft dem Einzelunternehmer angenähert werden soll, weil dieser keine Verträge mit sich selbst schließen kann (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, unter C.II.3). Dieser Zweck rechtfertigt unter Beachtung des Gleichheitssatzes auch die Umqualifizierung von Vergütungen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, die ohne einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Mitunternehmerschaft solche aus freiberuflicher Tätigkeit sein würden.
Voraussetzung für eine derartige Umqualifizierung einer Vergütung ist danach einerseits die wirtschaftliche Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Diese ist nach der Rechtsprechung des BFH allerdings zu vermuten, wenn nicht nach den besonderen Umständen des Einzelfalls ein wirtschaftlicher Zusammenhang ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann, Leistung und Mitunternehmerschaft also nur zufällig aufeinander treffen (BFH-Urteil vom 1. Februar 2001 IV R 3/00, BFHE 194, 13, BStBl II 2001, 520, Nr. 1 b). Andererseits ist Voraussetzung für die Umqualifizierung, dass die Vergütung für eine Tätigkeit "im Dienst" der Mitunternehmerschaft gezahlt worden ist. Damit sind nicht nur Vergütungen für Leistungen aufgrund eines Dienstvertrags im bürgerlich-rechtlichen Sinn gemeint, sondern auch Leistungen im Rahmen von Geschäftsbesorgungs- und Werkverträgen. Nicht erfasst sind lediglich Vergütungen im Rahmen von Vertragsverhältnissen, aufgrund deren der Mitunternehmer zur Herbeiführung des der Mitunternehmerschaft geschuldeten Erfolgs nicht nur Arbeit zu leisten, sondern auch Waren zu liefern hat, deren Wert nicht mehr von nur untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1999 VIII R 41/98, BFHE 190, 394, BStBl II 2000, 339). Ohne Einfluss ist aber, ob die erbrachte Leistung bei der Mitunternehmerschaft nicht zu sofort abziehbaren Betriebsausgaben, sondern zu einer Aktivierung führt (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1986 IV R 222/84, BFHE 149, 149, BStBl II 1987, 553).
Hiernach kann nicht zweifelhaft sein, dass auch die von der Klägerin an ihren Kommanditisten für die Entwicklung von Konstruktionsplänen geleisteten Vergütungen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG erfüllen. Die Leistungsbeziehung war nicht zufällig zustande gekommen, sondern war gezielt zu dem Zweck eingegangen worden, der Klägerin die Erbringung der von ihr gegenüber ihren Kunden geschuldeten Leistungen zu ermöglichen. Damit trug die Leistung des Kommanditisten wirtschaftlich zur Förderung des Gesellschaftszwecks der Klägerin bei, wobei ohne Bedeutung ist, ob die Betätigung des Kommanditisten außerdem dem Nebenzweck dienen sollte, ein Kooperationsverhältnis mit dem Subunternehmer aufzubauen ―so das Vorbringen vor dem FG―, oder ob der beauftragte Subunternehmer das Auftragsvolumen nicht bewältigen konnte, wie mit der Beschwerde vorgetragen wird. Ob die Konstruktionspläne die Voraussetzungen für ein immaterielles Wirtschaftsgut erfüllten und ob dieses im Hinblick auf § 5 Abs. 2 EStG zu aktivieren war oder nicht, ist ebenso unbeachtlich. Denn keinesfalls schuldete der Kommanditist der Klägerin ganz oder teilweise eine "Ware" im Sinne der BFH-Rechtsprechung. Als solche kommen nur Wirtschaftsgüter in Betracht, die der Gesellschafter seinerseits beschaffen muss, nicht aber solche, die er mit seiner eigenen Arbeitskraft erst selbst schafft. Denn hinzugerechnet werden sollen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG solche Vergütungen, mit denen die Gesellschaft die Nutzung der Arbeitskraft des Gesellschafters abgegolten hat (BFH in BFHE 190, 394, BStBl II 2000, 339).
Nicht zu folgen ist dem Einwand der Klägerin, eine erneute Entscheidung des BFH sei erforderlich, weil seit dem Beschluss des Großen Senats in BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691 im Schrifttum wesentliche neue Argumente gegen seine Rechtsprechung erörtert worden seien. Die von der Klägerin angegebenen Fundstellen betreffen entweder Beiträge, die dem BFH im Jahr 1991 bereits bekannt waren und zum Teil sogar in dem Beschluss zitiert werden, oder enthalten keine wesentlich neuen Argumente. Außerdem haben mehrere Senate des BFH die damalige Rechtsprechung in jüngster Zeit erneut bestätigt.
3. Auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen des Erfordernisses einer Rechtsfortbildung oder Rechtsvereinheitlichung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO sind nicht erfüllt. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass eine Entscheidung des BFH zu den von der Klägerin bezeichneten Rechtsfragen weder geboten ist, um Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken aufzufüllen, noch um künftige unterschiedliche Entscheidungen einer Rechtsfrage zu verhindern. Es kann diesbezüglich dahinstehen, ob die Rüge eines solchen Revisionszulassungsgrunds überhaupt ordnungsgemäß erhoben worden ist.
4. Schließlich kann auch offen bleiben, ob nach der Neufassung der Revisionszulassungsgründe durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) auch erhebliche Fehler eines FG bei der Auslegung revisiblen Rechts zur Zulassung führen können (vgl. dazu Senatsbeschluss in BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837) und welche Voraussetzungen ggf. an eine ordnungsgemäße Rüge eines solchen Fehlers zu stellen wären. Denn wie ausgeführt liegt ein solcher Fehler nicht vor. Das FG-Urteil beruht auf einer zutreffenden Auslegung des formellen und materiellen Rechts.
Fundstellen