Entscheidungsstichwort (Thema)
Unstatthafte Beschwerde und unstatthafte außerordentliche Beschwerde gegen eine Ladung
Leitsatz (NV)
1. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung kann als prozessleitende Verfügung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
2. Seit Einführung der Anhörungsrüge ist eine außerordentliche Beschwerde wegen sog. greifbarer Gesetzeswidrigkeit nicht mehr statthaft.
Normenkette
FGO § 128 Abs. 2, §§ 132, 86 Abs. 3
Tatbestand
I. Der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde eine von ihr im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung angestrebte Begünstigung, für die eine Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erforderlich ist, wegen Fehlens dieser von der zuständigen Verwaltungsbehörde zu erteilenden Bescheinigung nicht gewährt. Deshalb beantragte sie beim Finanzgericht (FG), in einem finanzverwaltungsrechtlichen selbständigen Feststellungsverfahren nach § 86 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung festzustellen, ob die Verweigerung der Erteilung der Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG durch die Stadt rechtmäßig sei. Das FG behandelte diesen Antrag als Klage und beraumte einen Termin zur mündlichen Verhandlung an.
Gegen die Ladung hat sich die Klägerin über das FG an den Bundesfinanzhof (BFH) mit einem ausdrücklich als außerordentliche Beschwerde bezeichneten Schriftsatz vom 13. Juni 2006 gewandt.
Der Schriftsatz ist beim BFH am 30. Juni 2006 und damit nach der am 26. Juni 2006 durchgeführten mündlichen Verhandlung eingegangen, aufgrund deren das FG die Klage abgewiesen hatte. Danach ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin um Mitteilung gebeten worden, ob er noch eine Entscheidung des BFH begehre. Zugleich ist er darauf hingewiesen worden, dass er die Beschwerde kostenfrei zurücknehmen könne.
Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte ausgeführt, eine außerordentliche Beschwerde komme "zwar nur noch nach Einführung der Anhörungsrüge gemäß § 133a FGO in Betracht, um geltend zu machen, dass eine mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht anfechtbare Entscheidung auf einer bewussten (…) und (oder) objektiv greifbar gesetzeswidrigen Anwendung von Prozessrecht beruht". Als greifbar gesetzeswidrig in diesem Sinne betrachtet er "eine Entscheidung, die jeglicher Grundlage entbehrt", was dann gegeben sei, "wenn die Entscheidung auf einer Gesetzesauslegung beruht, die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, welche durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte und deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar erscheint". Die bewusst und objektiv greifbare gesetzeswidrige Anwendung des Prozessrechts sieht er "in dem Unterlassen der verfassungsrechtlich zwingend weiteren Subsumtion unter der Vorschrift des § 30 AO".
Des Weiteren hat die Klägerin einen "Feststellungsantrag gemäß der neu gefassten Vorschrift des § 86 Abs. 1 Satz 1 FGO" "an den jetzt allein zuständigen Bundesfinanzhof" gestellt.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Beschwerde ist durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen (§ 128 Abs. 2, § 132 FGO).
a) Zum einen ist die Ladung zur mündlichen Verhandlung (§ 91 Abs. 1 FGO) eine sog. prozessleitende Verfügung, die nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden kann (BFH-Beschlüsse vom 28. Oktober 1992 X B 68/92, BFH/NV 1993, 372, und vom 26. Juli 2005 XI B 88/05, nicht veröffentlicht --n.v.--, juris, jeweils m.w.N.).
b) Zum anderen ist eine außerordentliche Beschwerde wegen sog. greifbarer Gesetzeswidrigkeit seit In-Kraft-Treten des § 133a FGO durch das Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3220) zum 1. Januar 2005 als außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf nicht mehr statthaft (z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. November 2005 VIII B 181/05, BFHE 211, 37, BStBl II 2006, 188; vom 21. Februar 2006 V S 25/05, BFH/NV 2006, 1128; vom 22. Februar 2006 II S 1/06, BFH/NV 2006, 1309, und vom 17. März 2006 III B 138/05, n.v., juris; Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 15. Februar 2006 IV ZB 57/04, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2006, 695).
c) Weiter fehlt für die begehrte Sachentscheidung über den "Feststellungsantrag gemäß der neu gefassten Vorschrift des § 86 Abs. 1 Satz 1 FGO" das Rechtsschutzbedürfnis, da die mündliche Verhandlung bereits durchgeführt und das Verfahren beim FG durch Urteil abgeschlossen worden ist.
2. Der an den BFH gerichtete "Feststellungsantrag" wird abgelehnt. Zur Begründung wird auf den Beschluss des BFH vom 18. Juli 2006 X B 39/06 (BFH/NV 2006, 1697) verwiesen.
Fundstellen