Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Grundsätzliche Bedeutung, Divergenz, Verfahrensrüge
Leitsatz (NV)
1. Mit dem Vortrag, dass das angefochtene FG-Urteil rechtsfehlerhaft sei, werden weder eine grundsätzliche Bedeutung noch eine Divergenz im revisionsrechtlichen Sinne ausreichend dargelegt.
2. Unrichtigkeiten im Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils sind nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH, sondern grundsätzlich mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung beim FG geltend zu machen.
Normenkette
FGO §§ 108, 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b
Verfahrensgang
Hessisches FG (Urteil vom 27.10.2005; Aktenzeichen 2 K 1341/04) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die sich aus § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO ergebenden Anforderungen an die Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes nicht erfüllt hat.
1. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht hinreichend dargelegt.
a) Der Kläger meint, grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO habe die Frage, in welchem Umfang die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für von ihm genutzte Arbeitsräume steuerlich abzugsfähig seien. Die Beantwortung dieser Frage hängt jedoch maßgebend von der Beurteilung der tatsächlichen Besonderheiten des konkreten Sachverhalts ab. Dies spricht gegen das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--). Aus welchen Gründen die von ihm aufgeworfene Frage dennoch grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO haben soll, hat der Kläger nicht dargelegt. Das diesbezügliche Vorbringen erschöpft sich in einer Kritik an der Auffassung des Finanzgerichts (FG), dass es sich bei dem in Rede stehenden Arbeitsraum um ein häusliches Arbeitszimmer i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) handelt und die Aufwendungen nur in Höhe von 2 400 DM abzugsfähig sind. Angriffe gegen die materiell-rechtliche Rechtsanwendung bzw. die Sachverhaltswürdigung im Einzelfall genügen zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 34, m.w.N.; § 115 Rz 76, m.w.N.).
b) Weitere Rechtsfragen, die eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erforderlich machen könnten, werden in der Beschwerdebegründung nicht aufgeworfen.
Insbesondere ist in der Rechtsprechung des BFH bereits im Grundsätzlichen geklärt, dass für die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG entscheidend ist, ob der Raum seiner Lage nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und nach Ausstattung und Funktion der Erledigung betrieblicher oder beruflicher Arbeiten vorwiegend büromäßiger Art dient.
2. Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der Erforderlichkeit einer BFH-Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) fehlt es ebenfalls an einer schlüssigen Darlegung.
Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes bedarf es Ausführungen, inwiefern über eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen bei den Gerichten bestehen oder welche sonstigen Gründe eine höchstrichterliche Entscheidung gebieten. Wird eine Abweichung von Entscheidungen des BFH gerügt, so müssen tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits so genau herausgearbeitet und einander gegenüberstellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 7. Oktober 2003 X B 52/03, BFH/NV 2004, 80, m.w.N., und vom 24. März 2005 XI B 245/03, BFH/NV 2005, 1346, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 42).
Der Kläger hat weder einen aus der Vorentscheidung gewonnenen abstrakten Rechtssatz herausgearbeitet, noch geltend gemacht, dass ein von der Vorinstanz angewendeter Rechtssatz einem Rechtssatz aus einer der von ihm genannten BFH-Entscheidungen (Urteile vom 26. Februar 2003 VI R 160/99, BFHE 202, 101, BStBl II 2003, 515, und vom 19. September 2002 VI R 70/01, BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139) widerspricht. Tatsächlich hat das FG die Rechtsgrundsätze der genannten BFH-Entscheidungen beachtet.
Soweit der Kläger zur Begründung seiner Beschwerde außerdem Sachverhaltselemente und die jeweiligen Ergebnisse der von ihm genannten BFH-Entscheidungen wiedergibt, genügt dies den Anforderungen an eine Darlegung des Zulassungsgrundes des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ebenso wenig wie der pauschale Hinweis, es bestehe die Möglichkeit, dass sich aus der zugelassenen Revision ein Musterprozess entwickele.
3. a) Die weitere Rüge des Klägers, das FG habe sich nicht ausreichend mit der Größe des freiberuflich genutzten Kellerraums von 45 qm, dem Umfang seiner Nutzung sowie der Ausstattung von Verlagsräumen auseinandergesetzt, ist keine schlüssig erhobene Verfahrensrüge i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Denn es wird damit kein Verstoß des FG gegen das Gerichtsverfahrensrecht gerügt (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 77, m.w.N.). Der Vortrag des Klägers erschöpft sich im Kern in der Kritik, dass das FG die genannten Merkmale des Arbeitsraums unzutreffend gewürdigt habe. Mit der Rüge, dass die Tatsachen- und Beweiswürdigung fehlerhaft sei, kann jedoch ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO grundsätzlich nicht begründet werden. Denn die Tatsachen- und Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 82, m.w.N.).
Soweit der Kläger sich dagegen wendet, dass das FG trotz des Vortrags, der Arbeitsraum sei 45 qm groß gewesen, seiner Entscheidung eine Größe des Arbeitsraums von nur 28 qm zugrunde gelegt hat, ist sein Vortrag zur schlüssigen Darlegung eines Verfahrensmangels i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ebenfalls ungeeignet. Denn der Kläger wendet sich damit wiederum nicht gegen das vom FG gehandhabte Verfahren, sonderngegen die Feststellung im Tatbestand des angegriffenen Urteils, dass von der Gesamtwohnfläche des Einfamilienhauses des Klägers von 200 qm "ausweislich der eingereichten Steuererklärung 14 vom Hundert (= 28 qm)" auf das Arbeitszimmer entfielen. Ist eine tatsächliche Grundlage der Entscheidung im Urteil falsch dargestellt, so ist dieser Mangel nicht mit einer Verfahrensrüge oder anderen Rüge im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde, sondern mit dem --gemäß § 108 FGO innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils zu stellenden-- Antrag auf Tatbestandsberichtigung geltend zu machen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 29. Juli 2003 V B 211/01, BFH/NV 2004, 57, und vom 29. September 2003 IX B 64/03, BFH/NV 2004, 10).
b) Die Rüge des Klägers, das FG habe seinen Antrag auf Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung über das beim BFH anhängige Verfahren IV R 19/03 nicht bearbeitet, ist ebenfalls nicht schlüssig erhoben worden, weil der BFH in dem Verfahren IV R 19/03 bereits am 16. Dezember 2004 (BFHE 208, 263, BStBl II 2005, 212), also lange vor der mündlichen Verhandlung in der Streitsache am 27. Oktober 2005, entschieden hatte.
Fundstellen
Haufe-Index 1676148 |
BFH/NV 2007, 477 |