Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristversäumnis wegen Arbeitsüberlastung des Prozeßbevollmächtigten
Leitsatz (NV)
Die Arbeitsüberlastung eines Steuerberaters entschuldigt grundsätzlich nicht die Nichteinhaltung der Revisionsbegründungsfrist.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1, § 115 Abs. 1; ZPO § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gegen den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) wegen Körperschaftsteuer 1981 bis 1983 durch Urteil vom 3. März 1988 als unbegründet abgewiesen und die Revision zugelassen. Das Urteil wurde der Klägerin am 12. April 1988 zugestellt. Sie legte am 13. Mai 1988 Revision ein. Die Revision begründete sie jedoch erst mit einem am 18. August 1988 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Schriftsatz. Gleichzeitig beantragte sie wegen der Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung trägt sie vor, ihr Prozeßbevollmächtigter sei im Jahre 1988 erheblichen beruflichen Belastungen ausgesetzt gewesen. Diese Belastungen seien auf die erstmalige Anwendung der geänderten Rechnungslegungs- und Prüfungsvorschriften für Kapitalgesellschaften zurückzuführen. So erfordere z. B. die Jahresabschlußprüfung einer mittelgroßen Aktiengesellschaft statt der in den Vorjahren benötigten Zeit von drei bis vier Wochen nunmehr einen Zeitraum von sechs bis sieben Wochen. Hinzu komme, daß neben den erstmals in der neuen Form aufzustellenden Jahresabschlüssen Anhänge und Lageberichte zu erstellen und ausführlich mit den Mandanten durchzusprechen seien. Weiterhin seien die zur Einreichung beim Handelsregister vorgesehenen verkürzten Abschlüsse aufzustellen. Da der Prozeßbevollmächtigte als einziger Berufsträger in einer Steuerberatungsgesellschaft über die für diese Arbeiten erforderlichen Kenntnisse verfüge, hätten diese nicht auf andere Personen übertragen werden können. Vor dem Hintergrund, daß es sich primär um einen einmaligen Umstellungsaufwand des Jahres 1988 handele, sei auch keine personelle Verstärkung geboten oder vertretbar gewesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Körperschaftsteuerbescheide 1981 bis 1983 vom 16. Juni 1986 entsprechend dem Klagebegehren zu ändern.
Das FA beantragt, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzulehnen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig. Sie war deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Gegen das Urteil eines FG steht den Beteiligten die Revision an den BFH zu, wenn sie - wie im Streitfall - vom FG zugelassen wurde (§ 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i. d. F. vom 3. Dezember 1987, BGBl I 1987, 2442, BStBl I 1987, 800). Die Revision ist bei dem FG innerhalb eines Monats nach Zustellung des die Zulassung der Revision enthaltenden Urteils schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Im Streitfall wurde das Urteil des FG der Klägerin am 12. April 1988 zugestellt. Sie legte am 13. Mai 1988 Revision ein. Diese Revision wurde fristgerecht eingelegt, weil der 12. Mai 1988 auf einen Feiertag fiel und sich deshalb die Frist für die Einlegung der Revision bis zum 13. Mai 1988 verlängerte (§ 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Die Revisionsbegründungsfrist lief am 13. Juni 1988 ab. Sie wurde nicht verlängert, weil die Klägerin keinen diesbezüglichen Antrag fristgerecht stellte. Die erst am 18. August 1988 beim BFH eingegangene Revisionsbegründung war verspätet.
2. Ist jemand ohne Verschulden gehindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 56 Abs. 1 FGO). Dies setzt allerdings voraus, daß der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt wird und die Tatsachen zu seiner Begründung glaubhaft gemacht werden. An diesen Voraussetzungen fehlt es im Streitfall. Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich nicht, daß sie ohne Verschulden gehindert war, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten. Die Klägerin muß sich das Verschulden ihres Bevollmächtigten zurechnen lassen (§ 155 FGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO). Den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin trifft aber an der Versäumnis der Revisionsbegründungsfrist ein Verschulden, wenn er - wie von der Klägerin vorgetragen wird - nur aus Gründen einer zeitlich vorübergehenden Arbeitsbelastung die Revisionsbegründung verspätet einreicht. Die Arbeitsüberlastung eines Steuerberaters entschuldigt grundsätzlich nicht die Nichteinhaltung der Revisionsbegründungsfrist (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs vom 8. Januar 1937 III A 133/36, RStBl 1937, 331).
3. Ist aber die Revision schuldhaft verspätet begründet worden, so mangelt es an einer Zulässigkeitsvoraussetzung. Der Mangel führt zur Unzulässigkeit der Revision (§ 124 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 416214 |
BFH/NV 1989, 704 |