Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten bei PKH
Leitsatz (NV)
- Beantragt ein verheirateter Steuerpflichtiger Prozesskostenhilfe für einen Rechtsstreit, der sich (auch) auf tätigkeitsbezogene Abgaben bezieht, so ist bei der Beurteilung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch der Anspruch nach § 1360a Abs. 4 BGB gegen seinen Ehegatten zu berücksichtigen.
- Die Vereinbarung der Gütertrennung beeinflusst den Unterhaltsanspruch nach § 1360a Abs. 4 BGB nicht.
Normenkette
FGO § 142; ZPO §§ 114, 117; BGB § 1360a Abs. 4
Tatbestand
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) schätzte die Besteuerungsgrundlagen des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) für das Streitjahr 1991, da der Antragsteller keine Einkommensteuererklärung abgegeben hatte. Gegen die Einspruchsentscheidung des FA erhob der Antragsteller Klage und beantragte gleichzeitig Prozesskostenhilfe (PKH). Das Finanzgericht (FG) wies den Antrag auf PKH mit Beschluss vom 23. November 1999 zurück. Es begründete dies damit, dass die ―undatierten― Angaben des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unvollständig seien, weil keine Angaben zu den Einnahmen der Ehefrau und zu den Wohnkosten gemacht und weil keine Belege beigefügt worden seien.
Der Antragsteller macht mit der Beschwerde geltend, der Antrag sei, soweit er betroffen sei, vollständig ausgefüllt. Es seien lediglich keine Eintragungen zu den Einkünften der Ehefrau erfolgt, da sie in Gütertrennung lebten und die Ehefrau sich weigere, entsprechende Angaben zu tätigen. Da er keine eigenen Einkünfte habe, könne er auch keine Belege vorlegen.
Der Antragsteller beantragt, ihm unter Aufhebung der Vorentscheidung PKH für das Klageverfahren wegen Einkommensteuer 1991 zu gewähren.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das FG hat den PKH-Antrag zu Recht deswegen abgelehnt, weil der Antragsteller die persönlichen Voraussetzungen hierfür nicht in der erforderlichen Weise dargetan hat.
Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Prozessbeteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im PKH-Verfahren sind dem Antragsteller spezielle Mitwirkungspflichten auferlegt. Er hat im Antrag das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen (§ 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und dem Antrag außerdem eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Wirkt der Antragsteller bei der Erfüllung dieser Pflichten nur unzulänglich mit, kann PKH nicht gewährt werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 5. Mai 1999 VI B 46/99, BFH/NV 1999, 1366).
Im Streitfall sind die Angaben des durch einen Steuerberater vertretenen Antragstellers zu den persönlichen Voraussetzungen in der ―undatierten― Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unzureichend. Der Antragsteller hat den Teil des Vordrucks i.S. des § 117 Abs. 3 ZPO, der sich auf die Einnahmen des Ehegatten bezieht, nicht ausgefüllt. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Rahmen der §§ 114 ff. ZPO ist aber nicht nur nach den wirtschaftlichen Mitteln zu bemessen, die der Rechtsuchende selbst besitzt, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch nach solchen, die er sich erst bei Dritten beschaffen muss. Hierzu gehört auch der Anspruch nach § 1360a Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), demzufolge dann, wenn ein Ehegatte nicht in der Lage ist, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der seine persönlichen Angelegenheiten betrifft, der andere Ehegatte verpflichtet ist, ihm diese Kosten vorzuschießen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 1988 IV B 132/85, BFH/NV 1988, 592, 593; vom 16. Juli 1991 III S 2, 3/91, BFH/NV 1992, 191; vom 24. September 1991 VII B 122/91, BFH/NV 1992, 263; vom 13. Mai 1992 II S 1/92, BFH/NV 1993, 322; vom 1. Juni 1995 VII B 26/95, BFH/NV 1996, 63; vom 11. September 1997 X B 187/95, BFH/NV 1998, 489).
Persönliche Angelegenheiten in diesem Sinne sind auch tätigkeitsbezogene Abgaben (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1988, 592, 593, und in BFH/NV 1992, 263, 264). Da im Streitfall zu den umstrittenen Besteuerungsgrundlagen auch die Einkünfte des Antragstellers aus nichtselbständiger Arbeit gehören (vgl. S. 3 der Klageschrift vom 6. Oktober 1999), ist die Ehefrau bei entsprechender Leistungsfähigkeit verpflichtet, dem Antragsteller Kosten vorzuschießen. Der Umstand, dass der Antragsteller mit seiner Ehefrau Gütertrennung vereinbart hat, beeinflusst den unabdingbaren Unterhaltsanspruch nach § 1360a Abs. 4 BGB nicht (BFH in BFH/NV 1992, 263, 264, und in BFH/NV 1998, 489, 490). Soweit der Antragsteller geltend macht, dass seine Ehefrau sich weigere, entsprechende Angaben über ihre Einkünfte zu machen, gehört zur ordnungsgemäßen Darlegung der Bedürftigkeit nach § 117 Abs. 2 ZPO, dass der Antragsteller notfalls gerichtlich versucht hat, von seinem Ehegatten die zur Führung des Rechtsstreits erforderlichen Mittel zu erlangen (BFH in BFH/NV 1992, 263, 264). Dass dies geschehen sei, hat der Antragsteller weder im erstinstanzlichen Verfahren vor dem FG noch mit der Beschwerde vorgetragen.
Fundstellen
Haufe-Index 426478 |
BFH/NV 2000, 1357 |