Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug bei sog. Fehlmaßnahmen
Leitsatz (NV)
Die Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges bei sog. Fehlmaßnahmen sind grundsätzlich geklärt.
Normenkette
UStG 1991 §§ 9, 15 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) erwarb 1992 das Erbbaurecht an drei Grundstücken in X. Laut Vertrag erfolgte die Bestellung des Erbbaurechts zu dem Zweck, auf dem Erbbaugrundstück ein Autohaus zu errichten. Nachdem im April 1993 die Baugenehmigung für das geplante Objekt (bestandskräftig) versagt worden war, machten die Grundstückseigentümer von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch.
Die Klägerin optierte mit Schreiben vom 13. April 1993 gemäß § 9 des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) zur Steuerpflicht ihrer geplanten Umsätze und machte in der Umsatzsteuererklärung 1993 Vorsteuerbeträge aus den mit der Herstellung des Gebäudes in X zusammenhängenden Vorkosten in Höhe von 29 735,91 DM geltend.
Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt ―FA―) versagte im Umsatzsteuerbescheid 1993 vom 24. Juli 1996 den Vorsteuerabzug und setzte die Umsatzsteuer auf 0 DM fest.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bezog sich auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 8. Juni 2000 C-396/98, Grundstücksgemeinschaft Schloßstraße (Umsatzsteuer-Rundschau ―UR― 2000, 336, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht ―UVR― 2000, 308) und führte u.a. aus: Die Klägerin sei nach den Grundsätzen dieses Urteils zum Abzug der in 1993 geltend gemachten Vorsteuern berechtigt, auch wenn es zur Durchführung steuerpflichtiger Umsätze durch sie nicht gekommen sei. An deren Durchführung sei sie aufgrund von Umständen gehindert gewesen, die von ihrem Willen unabhängig gewesen seien.
Mit der Beschwerde begehrt das FA die Zulassung der Revision wegen Abweichung der Vorentscheidung von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. September 1994 V R 12/93 (BFHE 176, 149, BStBl II 1995, 88) und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des FA hat keinen Erfolg.
1. Anwendbar ist die Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757), weil die angefochtene Entscheidung des FG vor dem 1. Januar 2001 verkündet worden ist (vgl. Art. 4 2.FGOÄndG).
2. Für die Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Revisionszulassung gegeben sind, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem über die Zulassung abschließend entschieden wird. Ob die Nichtzulassungsbeschwerde bei ihrer Einlegung begründet war, ist unerheblich (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. Juli 2000 III B 66/97, BFH/NV 2001, 158; vom 16. Oktober 2000 VIII B 18/99, BFH/NV 2001, 438).
3. Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. wegen Abweichung der Vorentscheidung von dem BFH-Urteil in BFHE 176, 149, BStBl II 1985, 88 zuzulassen.
An den in dieser Entscheidung erwähnten Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug bei sog. Fehlmaßnahmen hält der Senat nicht mehr fest. Er hat in seinem Urteil vom 22. Februar 2001 V R 77/96, Schloßstraße (BFHE 194, 498) dargelegt, dass er den Vorsteuerabzug richtlinienkonform nach Art. 17 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG in der Auslegung durch den EuGH beurteilt. Diese Grundsätze liegen auch der Vorentscheidung des FG zugrunde. Somit besteht weder eine Abweichung noch kann die Vorentscheidung darauf beruhen.
4. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F. (mehr).
Die von dem FA hervorgehobenen Rechtsfragen sind durch das BFH-Urteil in BFHE 194, 498 sowie durch das BFH-Urteil vom 22. März 2001 V R 46/00 (BFH/NV 2001, 1205, UR 2001, 360) geklärt.
5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 665969 |
BFH/NV 2002, 377 |