Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwischenvermietung einer Eigentumswohnung

 

Leitsatz (NV)

Arbeitsentlastung und Abwälzung von Vermietungsrisiken rechtfertigen eine Zwischenvermietung einer Eigentumswohnung an einen gewerblichen Zwischenvermieter regelmäßig nicht. Dadurch kann das Vorsteuerabzugsverbot nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980 nicht ausgeschaltet werden.

 

Normenkette

UStG 1980 § 4 Nr. 12a, §§ 9, 15 Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 42

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

1. Die Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) - in Gemeinschaft bürgerlichen Rechts verbundene Ehegatten - errichteten im Rahmen der Bauherrengemeinschaft . . . ein im Dezember 1983 bezugsfertig gewordenes Ein-Zimmer-Appartement, das sie möbliert an die S-GmbH vermieteten. Diese vermietete die Wohnung an den Endmieter. Die Antragsteller verzichteten auf die Steuerbefreiung für die Mietumsätze an die S-GmbH (§ 4 Nr. 12 Buchst. a, § 9 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - 1980) sowie auf die Nichterhebung von Umsatzsteuer (§ 19 Abs. 1, 2 UStG). Sie zogen aus Rechnungen über Leistungen im Zusammenhang mit der Errichtung der Wohnung berechnete Umsatzsteuer für 1983 als Vorsteuerbeträge ab. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte zum Abzug für 1983 gestellte Vorsteuerbeträge in Höhe von . . . DM.

Durch den angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheid vom 19. Dezember 1988 änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzung für 1983 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977), nachdem über das Vermögen der S-GmbH das Konkursverfahren eröffnet und bei einer Steuerfahndungsprüfung ermittelt worden war, daß Initiatoren des Bauherrenmodells überwiegend die wirtschaftlichen Risiken getragen und der S-GmbH von 1980 bis 1984 Stützungszahlungen von . . . DM geleistet hatten. Das FA beurteilte das Zwischenmietverhältnis nunmehr als Mißbrauch von Gestaltungen des Rechts (§ 42 Satz 1 AO 1977) und erkannte es umsatzsteuerrechtlich nicht an. Das FA änderte die Steuerfestsetzung für 1983 und verminderte die festgesetzte negative Umsatzsteuer um . . . DM.

Über die gegen den Umsatzsteueränderungsbescheid für 1983 gerichtete Klage ist noch nicht entschieden. Einem vom FA abgelehnten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gab das Finanzgericht (FG) durch den angefochtenen Beschluß statt. Zur Begründung führte das FG u. a. aus, es sei rechtlich ernstlich zweifelhaft, ob das FA das Zwischenmietverhältnis als Gestaltungsmißbrauch habe beurteilen dürfen. Zweifelhaft sei insbesondere, ob die Beweislast für den Mißbrauch i. S. von § 42 AO 1977 auf den Steuerpflichtigen verschoben werden dürfe. Jedenfalls reiche für die wirtschaftliche Begründung der Zwischenvermietung aus, daß sich die Antragsteller durch Zwischenvermietung von Verwaltungsarbeit hätten entlasten und gegen Mietausfälle sichern wollen. Weil es in der Gesamtanlage mit . . . Appartements in . . . Fällen innerhalb weniger Monate einen Mieterwechsel gegeben habe, sei auch ein Mietausfallrisiko dargelegt. Die verlustbringende Vermietung durch den Zwischenvermieter und die Stützungszahlungen durch Dritte dürften nicht zum Nachteil der gutgläubigen Antragsteller und bei der Beurteilung des Zwischenmietverhältnisses gewürdigt werden.

Mit der Beschwerde rügt das FA Abweichung der Entscheidung des FG von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) in vergleichbaren Fällen. Es beantragt, den angefochtenen Beschluß des FG vom 21. Dezember 1991 aufzuheben und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteueränderungsbescheids für 1983 vom 19. Dezember 1988 abzulehnen.

Die Antragsteller sind der Beschwerde entgegengetreten. Sie haben u. a. ausgeführt, für einen Investor sei es im Zeitpunkt seiner Vermietungsentscheidung aus seiner subjektiven Sicht durchaus sinnvoll, einen Zwischenvermieter einzuschalten. Ein etwaiger Fehlschlag der Zwischenvermietung rechtfertige jedenfalls keine entgegenstehende Schlußfolgerung. Der beruflich beanspruchte Antragsteller habe nicht in Steuerumgehungsabsicht gehandelt und Steuer auch nur in geringem Umfang umgangen, wenn den berechneten Vorsteuerbeträgen die Umsatzsteuer aus den vereinbarten Mieten und die Steuerersparnisse durch Abschreibungen von den um die Vorsteuerbeträge erhöhten Anschaffungskosten gegenübergestellt würden.

 

Entscheidungsgründe

2. Die Beschwerde des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteueränderungsbescheids für 1983 vom 19. Dezember 1988.

a) Entgegen der Auffassung des FG bestehen keine ernstlichen Zweifel i. S. von § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) daran, daß die Antragsteller die anläßlich der Errichtung ihrer Eigentumswohnung angefallenen Umsatzsteuerbeträge nicht nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 als Vorsteuerbeträge abziehen können. Ihrem Begehren steht entgegen, daß die für den Vorsteuerabzug maßgebliche erstmalige Verwendung der Wohnung durch eine den Vorsteuerabzug ausschließende steuerfreie Vermietung erfolgt ist (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980). Die im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung erforderliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Rechts- und Tatfragen ergibt keine ernstlichen Zweifel, daß die Einschaltung der S-GmbH als Zwischenvermieter rechtsmißbräuchlich (§ 42 Satz 1 AO 1977) war, so daß für die erstmalige Verwendung der Wohnung (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980) die Nutzung durch den jeweiligen Endmieter zu beurteilen ist.

b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Tatbestand des Rechtsmißbrauchs i. S. von § 42 Satz 1 AO 1977 erfüllt, wenn für die Einschaltung eines Zwischenvermieters, d. h. einer Person, die das Mietverhältnis nur eingeht, um die gemietete Wohnung an Dritte zur Nutzung weiterzuvermieten, wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen (ständige Rechtsprechung seit BFH-Urteil vom 15. Dezember 1983 V R 169/75, BFHE 140, 354, BStBl II 1984, 388). Das UStG geht bei Besteuerung von Wohnraum davon aus, daß der wirtschaftliche Sachverhalt der Wohnungsvermietung dadurch gestaltet wird, daß die Wohnung demjenigen vermietet wird, der sie bewohnen will (vgl. BFH-Beschluß vom 4. August 1987 V B 16/87, BFHE 150, 478, BStBl II 1987, 756). Dies geschieht durch die Vermietung der Wohnung zu Wohnzwecken. Dabei vermietet der Wohnungsinhaber die Wohnung selbst oder mit Hilfe eines Vertreters (Hausverwalter) an den Wohnungs(end)mieter. Die Vermietungsleistung ist steuerfrei (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980), schließt aber den Vorsteuerabzug aus (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980). Rechtliche Gestaltungen, die diese Rechtsfolgen vermeiden, sind an der Wertung des Gesetzgebers zu messen, wenn sie der steuerlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden sollen. Maßgebend für die Anerkennung einer abweichenden Gestaltung können nur Gründe des (den Vorsteuerabzug begehrenden) leistenden Unternehmers (Eigentümer-Vermieter) im Zeitpunkt der Eingehung des Zwischenmietverhältnisses sein, die Wohnungsvermietung abweichend von der gesetzlichen Wertung durchzuführen. Der bisherigen Rechtsprechung des Senats, von der abzugehen kein Anlaß besteht, ist zu entnehmen, daß es nicht ausreicht, die Wohnung an einen gewerblichen Zwischenvermieter zu vermieten, sofern nicht bewiesen worden ist, daß die Wohnung nicht zumutbar - sei es auch unter Mithilfe eines Hausverwalters - an den (jeweiligen) Wohnungs(end)mieter vermietbar war.

c) Im Streitfall sind Bemühungen der Antragsteller nicht einmal behauptet, geschweige denn bewiesen worden. Der Hinweis auf einen Mieterwechsel in der Wohnanlage ist unergiebig, weil die Wohnung der Antragsteller offenbar nicht betroffen, die Gründe nicht bekannt und die Ereignisse nach dem Zeitpunkt stattgefunden haben, der für die Entscheidung über die Gestaltung der Vermietung der streitbefangenen Wohnung maßgebend ist.

Der Senat hat in dem Beschluß vom 11. November 1991 V B 54, 55/91 (Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 1992, 79) dargelegt, wie die für die Zwischenvermietung vorgebrachten wirtschaftlichen Gründe ermittelt, gewürdigt und in die Beurteilung einzubeziehen sind, ob die vorhandene Gestaltung durch Zwischenvermietung eine Abweichung von der dem Gesetzesplan zugrunde liegenden üblichen Gestaltung ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf verwiesen.

Die im Streitfall geltend gemachten Gründe für die Zwischenvermietung (Arbeitsbelastung, Abwälzung des Vermieterrisikos) rechtfertigen die Zwischenvermietung nicht. Behauptete Arbeitsbelastung ist nach der Rechtsprechung des Senats dann kein wirtschaftlich verständlicher Grund, wenn deswegen auch eine fachkundige Person als Mittelsperson zwischen Eigentümer und Endmieter (z. B. ein Hausverwalter) hätte eingeschaltet werden können (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 29. Oktober 1987 V B 109/86, BFHE 151, 247, BStBl II 1988, 96). Vermieterrisiken sind nur beachtlich, wenn Gründe substantiiert im Zusammenhang mit der jeweiligen Wohnungsvermietung vorgetragen werden, aus denen sich bei vernünftiger Vorausschau die konkrete Gefahr von Mietausfällen ergibt (vgl. dazu die Rechtsprechungsübersicht bei Hartmann / Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 92 ff.).

Diese Anforderungen erfüllen die Darlegungen der Antragsteller nicht. Sie legen z. B. nicht dar, daß auch die Antragstellerin nicht zur Durchführung einer unmittelbaren Endvermietung in der Lage war oder daß ein Verwalter für ihre Wohnung ihnen diese Tätigkeit nicht hätte abnehmen können. Sie haben auch nicht konkret für ihre Wohnung bestehende und nur durch Zwischenvermietung abwendbare Mietausfallrisiken bezeichnet.

Unter diesen Umständen drängt sich die Schlußfolgerung auf, daß die vorhandene Gestaltung der Umgehung (§ 42 Satz 1 AO 1977) der bei der Wohnungsvermietung gesetzlich vorgesehenen Steuerbefreiung der Mietumsätze mit Vorsteuerausschluß dienen sollte. Für die Beurteilung des Vorsteuerabzugs ist von der angemessenen rechtlichen Gestaltung der Wohnungsvermietung (§ 42 Satz 2 AO 1977) auszugehen, bei der ein Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980 ausgeschlossen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418354

BFH/NV 1992, 776

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