Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedingter Prozeßkostenhilfeantrag unzulässig
Leitsatz (NV)
Wegen der im Prozeßrecht notwendigen Klarheit über das Schweben oder Nichtschweben eines Rechsstreits ist auch ein nur bedingt gestellter Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe unzulässig.
Normenkette
ZPO § 78 Abs. 3, § 117 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 4, § 121 Abs. 3-4; FGO §§ 56, 142 Abs. 1-2
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klagen der Antragsteller, Kläger und Rechtsmittelführer (Antragsteller) als unbegründet abgewiesen und das Urteil vom 19. Januar 1993 dem gemeinsamen Verfahrensbevollmächtigten in drei Ausfertigungen mit Postzustellungsurkunde durch Niederlegung auf der Post unter dem 24. Februar 1993 zugestellt.
Dagegen legte der Bevollmächtigte mit am 24. März 1993 beim FG eingegangenem Schriftsatz vom 22. März 1993 Rechtsmittel ein und beantragte, ihn beim Bundesfinanzhof (BFH) als Vertreter zuzulassen. Wörtlich heißt es in dem Schreiben u.a.: Falls nicht, beantrage ich Kostenhilfe, Prozeßkostenhilfe. Ich beantrage, falls Sie mich als Vertreter ablehnen, daß Sie mir einen Notanwalt nennen.
Entscheidungsgründe
Die Anträge auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Notanwalts sind unzulässig.
1. Der Zulässigkeit der Anträge steht nicht entgegen, daß die Antragsteller sich nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer haben vertreten lassen. Nach § 78 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) i.V.m. § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entfällt der für Verfahren vor dem BFH gemäß Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) bestehende Vertretungszwang für alle Prozeßhandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, damit auch für den Antrag auf PKH (§ 117 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz ZPO i.V.m. § 142 FGO; Beschluß vom 23. Mai 1989 VIII S 5-8/88, BFH/NV 1990, 316).
2. a) Die Anträge sind jedoch unzulässig, weil sie bedingt eingelegt worden sind.
Wegen der im Prozeßrecht erforderlichen Klarheit über das Schweben oder das Nichtschweben eines Rechtsstreits ist auch die bedingte Stellung eines Antrags auf Gewährung von PKH unzulässig (vgl. Beschluß vom 16. Juli 1992 VIII B 118/91, BFH/NV 1993, 40, m.w.N.; Ruban/Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 120 Tz. 7; Tipke/Kruse, Abgabenordnung- Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 142 FGO Tz. 36 und § 65 FGO Tz. 1).
Ob ein Antrag bedingt gestellt worden ist, muß im Wege der Auslegung der Prozeßhandlung ermittelt werden. Der Bevollmächtigte hat in seinem Schriftsatz vom 22. März 1993 deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er PKH nur für den Fall begehrt, daß er vom BFH nicht als Vertreter im Rechtsmittelverfahren zugelassen wird.
Der Kreis der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG bezeichneten postulatinsfähigen Vertreter ist abschließend. Dazu gehört der Bevollmächtigte offensichtlich nicht. Eine Zulassung anderer Personen läßt das Gesetz nach Sinn und Zweck des durch das BFHEntlG eingeführten Vertretungszwanges nicht zu.
Die unter der Bedingung einer erfolgreichen Zulassung des Bevollmächtigten als Vertreter für das Rechtsmittelverfahren gestellten PKH-Anträge waren bereits deshalb unzulässig.
b) Die Anträge könnten auch aus dem weiteren Grunde keinen Erfolg haben, weil die Antragsteller es versäumt haben, innerhalb der Rechtsmittelfrist die erforderlichen Erklärungen über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 117 Abs. 2 und 4 ZPO i.V.m. § 142 FGO sowie entsprechende Belege einzureichen.
Die Antragsteller haben im übrigen keine Gründe vorgetragen, noch sind solche erkennbar, daß ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) wegen Versäumung der Frist zur Einreichung dieser Unterlagen gewährt werden könnte (Beschluß in BFH/NV 1990, 316, m.w.N.).
Da den Antragstellern keine PKH bewilligt wird, ist auch die Beiordnung eines Notanwaltes ausgeschlossen (§ 142 Abs. 2 FGO i.V.m. § 121 Abs. 3 und 4 ZPO).
Der Beschluß ergeht kostenfrei.
Fundstellen
Haufe-Index 419232 |
BFH/NV 1994, 49 |