Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderung an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung
Leitsatz (NV)
Die nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache bedeutet, daß der Beschwerdeführer konkret darauf eingehen muß, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb im Erhebungsgebiet ein Reisebüro und vermittelt Flugreisen der Interflug von Berlin (Ost) in das Außengebiet. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) unterwarf diese Vermittlungsleistungen der Umsatzsteuer, weil mangels einer ,,grenzüberschreitenden Beförderung" die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 nicht anwendbar sei. Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) beurteilte den Begriff der grenzüberschreitenden Beförderung in § 4 Nr. 5 Buchst. b UStG 1980 entsprechend § 3a Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG 1980 als Beförderung, die sich sowohl auf das Erhebungsgebiet als auch auf das Außengebiet erstreckt, weil sich aus dem dieser Beschreibung des gesetzlichen Tatbestandes angefügten Klammerzusatz ergebe, daß es sich dabei um eine für das gesamte Umsatzsteuerrecht verbindliche Begriffsbestimmung handle. Die Revision gegen das Urteil hat das FG nicht zugelassen.
Mit der hiergegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, macht die Klägerin geltend, es sei strittig, ob eine Legaldefinition - wie das FG meine - gesetzestechnisch durch das Einrücken in Klammern ausgedrückt werde. Da ausschließlich diese Theorie, die nicht nur den anhängigen Rechtsstreit betreffe, das Urteil des FG trage, sei der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beizumessen. Daß das Einsetzen in Klammern keine endgültige Legaldefinition bedeute, zeigten z. B. § 18 Abs. 1 und 2 UStG 1980, § 33 Abs. 1 und § 33c des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Begriff ,,grenzüberschreitende Beförderung" in § 3a Abs. 2 Nr. 2 UStG 1980 betreffe nur einen Sonderfall, im übrigen sei er wörtlich zu verstehen und bedeute das Passieren (irgend-)einer Staatsgrenze.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
Nach § 115 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils angefochten werden. Wird, wie im Streitfall, die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) eingelegt, so ist in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Fehlt eine solche Darlegung, so ist es dem Gericht verwehrt, auf die Frage der Begründetheit der Nichtzulassungsbeschwerde einzugehen (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Januar 1968 V B 45/67, BFHE 90, 369, BStBl II 1968, 98).
Zur Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung sind substantiierte und konkrete Angaben darüber erforderlich, aus welchen Gründen die erstrebte Revisionsentscheidung der Rechtsklarheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung dienen kann (BFH-Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, und vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Das bedeutet, daß der Beschwerdeführer konkret darauf eingehen muß, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (Beschluß des Bundessozialgerichts vom 2. März 1976 12/11 BA 116/73, Monatsschrift für Deutsches Recht 1976, 611).
Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdeschrift nicht. Insbesondere genügt es nicht vorzutragen, die für den Rechtsstreit erhebliche Rechtsfrage sei strittig. Dies bedeutet nur, daß die Rechtsfrage von den Beteiligten des Rechtsstreits unterschiedlich beurteilt wird, nicht aber ist damit belegt, daß die Beurteilung der Rechtsfrage darüber hinaus als ernstlich zweifelhaft angesehen wird; hierfür reicht es auch nicht aus, daß die Klägerin ausführt, die Rechtsfrage betreffe nicht nur den anhängigen Rechtsstreit, denn diese Behauptung besagt nicht, daß die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig sei.
Unbehelflich ist es auch, daß die Klägerin andere Gesetzesvorschriften anführt, die Klammerzusätze enthalten. Damit hat die Klägerin für die von ihr als entscheidungserheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob Legaldefinitionen gesetzestechnisch durch das Einrücken in Klammern ausgedrückt würden, nicht dargetan, daß sich aus den von ihr zitierten Fundstellen die allgemeine Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage ergebe. Hierfür wäre in diesem Zusammenhang erforderlich gewesen darzulegen, daß es sich um Vorschriften handle, die mit § 3a Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG 1980 vergleichbar seien und daß die dort enthaltenen Klammerzusätze von der Rechtsprechung oder zumindest von der allgemeinen Auffassung im Schrifttum in einer Weise verstanden würden, die von der des FG zu § 3a Abs. 2 Nr. 2 Satz 3, § 4 Nr. 5 Buchst. b UStG 1980 abweichen, so daß eine klärungsbedürftige Rechtslage bestehe.
Versteht man die Ausführungen der Klägerin - richtigerweise - dahin, daß es von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob der Begriff der grenzüberschreitenden Beförderung in § 4 Abs. 5 Buchst. b UStG 1980 seinem Wortlaut nach als Überschreiten irgendeiner Staatsgrenze oder i. S. des § 3a Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG 1980 zu verstehen sei, so fehlt es insoweit an Darlegungen darüber, daß diese Frage klärungsbedürftig sei.
Fundstellen