Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweifel an Statthaftigkeit der Gegenvorstellung
Leitsatz (NV)
Es bleibt offen, ob eine Gegenvorstellung gegen Gerichtsentscheidungen, die in materielle Rechtskraft erwachsen, neben der gesetzlich geregelten Anhörungsrüge noch statthaft ist. Ein solcher außerordentlicher Rechtsbehelf kann jedenfalls nur auf schwerwiegende Rechtsverstöße gestützt werden.
Normenkette
FGO § 133a
Tatbestand
I. Mit Urteil vom 2. März 2006 V R 49/05 (BStBl II 2006, 729) hat der erkennende Senat auf die Revision des Beklagten, Beschwerdegegners und Antragsgegners (Finanzamt --FA--) das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin, Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Klägerin) mit der Gegenvorstellung.
Entscheidungsgründe
II. Die Gegenvorstellung hat keinen Erfolg.
Zur Beseitigung schweren Verfahrensunrechts kann in mit förmlichen Rechtsmitteln nicht anfechtbaren Entscheidungen --wie hier gegen das Urteil des erkennenden Senats vom 2. März 2006-- seit dem 1. Januar 2005 nur noch die fristgebundene Anhörungsrüge nach § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhoben werden, sofern eine Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt wird.
Der Senat kann offen lassen, ob eine Gegenvorstellung gegen Gerichtsentscheidungen, gegen die ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist, neben der gesetzlich geregelten Anhörungsrüge (§ 133a FGO) noch statthaft ist (ablehnend z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., Vor § 115 Rz. 29, m.w.N.; offengelassen in Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Juni 2006 X S 8/06, BFH/NV 2006, 1696; vom 1. Juni 2006 XI S 22/05, juris Nr. STRE200650930).
Ungeachtet der Zweifel an der Statthaftigkeit der Gegenvorstellung kann diese jedenfalls nur in Ausnahmefällen zur Änderung einer formell rechtskräftigen Entscheidung führen. Dies ist der Fall bei schwerwiegenden Grundrechtsverstößen oder wenn die angegriffene Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (z.B. BFH-Beschlüsse vom 10. September 2002 X S 2/02 (PKH), BFH/NV 2002, 1611; vom 24. Juli 2003 V B 250/02, BFH/NV 2003, 1596; vom 20. März 2003 IX S 1/03, BFH/NV 2003, 937, und vom 14. Februar 2005 VII S 5/05, BFH/NV 2005, 1119). Davon kann vorliegend keine Rede sein.
Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei von der Begründung der Entscheidung überrascht gewesen, kann sie damit im Verfahren der Gegenvorstellung nicht gehört werden.
Eine Umdeutung der von fachkundigen Prozessvertretern ausdrücklich als solche erhobenen Gegenvorstellung in eine Anhörungsrüge scheidet aus (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. Juni 2005 III B 63/05, BFH/NV 2005, 2019; vom 6. Juli 2005 VII S 30/05, BFH/NV 2005, 2028; vom 10. August 2005 XI S 2/05, BFH/NV 2005, 2232, alle m.w.N.). Die Anhörungsrüge wäre im Übrigen auch verspätet, weil die Frist des § 133a Abs. 2 FGO bereits verstrichen ist.
Für das Verfahren betreffend eine Gegenvorstellung ist kein Gebührentatbestand vorgesehen (BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2005 IV S 10/05, BFH/NV 2006, 199).
Fundstellen