Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterte Mitwirkungspflicht bei Auslandsbeziehungen
Leitsatz (NV)
1. Die Verpflichtung des Steuerpflichtigen, bei Sachverhalten, die im Ausland verwirklicht werden, Beweisvorsorge zu treffen, ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut des §90 Abs. 2 AO 1977.
2. Der Untersuchungsgrundsatz des §76 FGO i. V. m. §88 AO 1977 entbindet den Steuerpflichtigen nicht von seiner erhöhten Mitwirkungs- und Aufklärungspflicht bei Auslandssachverhalten. Das gilt insbesondere, wenn FA und FG seit Bekanntwerden eines Kontos im Ausland über Jahre hinweg die Vorlage der Bankbelege -- erfolglos -- angefordert haben.
Normenkette
AO 1977 §§ 88, 90 Abs. 2; FGO §§ 76, 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Wird die Beschwerde auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt, muß diese, abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall ihrer Offensichtlichkeit, in der Beschwerdeschrift schlüssig dargelegt werden. Hat die höchstrichterliche Rechtsprechung zu der vom Beschwerdeführer für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfrage bereits Stellung genommen, muß der Beschwerdeführer unter Auseinandersetzung mit der zu dieser Frage ergangenen Rechtsprechung und den gegebenenfalls in der Literatur dazu geäußerten Meinungen begründen, warum er eine weitere Klärung der Rechtsfrage gleichwohl im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich hält (ständige Rechtsprechung vgl. z. B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, und vom 12. Juni 1997 VI B 15/97, BFH/NV 1997, 880).
Die ohne Auseinandersetzung mit der umfangreichen, zu den an die nach §90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) erweiterte Mitwirkungspflicht bei Auslandsbeziehungen zu stellenden Anforderungen, ergangenen Rechtsprechung und dem hierzu vorliegenden Schrifttum (s. dazu die Nachweise bei Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., zu §90 AO 1977 Rz. 6, und Helsper in Koch/Scholtz, Abgabenordnung, 5. Aufl., §90 Rz. 12) aufgestellte Behauptung, das Finanzgericht (FG) sei zu Lasten der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) von übersteigerten Anforderungen bei der Mitwirkung im Rahmen von Auslandsbeziehungen ausgegangen, wird den genannten Anforderungen nicht gerecht.
Die Rechtssache hat auch nicht deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil der Beschluß des BFH vom 25. August 1986 IV B 76/86 (BFHE 149, 381, BStBl II 1987, 481) zur Verpflichtung des Steuerpflichtigen, bei Sachverhalten, die im Ausland verwirklicht werden, Beweisvorsorge zu treffen, erst zu einem Zeitpunkt ergangen ist, zu dem der Kläger das fragliche Auslandskonto bereits aufgelöst hatte. Denn die Verpflichtung zur Beweissicherung in diesen Fällen ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut des §90 Abs. 2 AO 1977. Mit dem Vortrag, das Verlangen des FG zur Vorlage von Bankbelegen hinsichtlich des umstrittenen ausländischen Bankkontos sei schon deshalb unzumutbar, weil seit der Hausdurchsuchung und dem Bekanntwerden dieses Kontos mehr als 10 Jahre vergangen seien, legt der Kläger nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage dar, sondern rügt vielmehr eine unrichtige Sachbehandlung in seinem Einzelfall (vgl. BFH-Beschluß vom 2. August 1996 VIII B 74/95, BFH/NV 1997, 133).
2. Die schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO erfordert nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO den substantiierten Vortrag von Tatsachen, aus denen sich nach Ansicht des Beschwerdeführers ein Verstoß des FG gegen eine Vorschrift des Gerichtsverfahrensgesetzes ergibt (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §115 Rz. 25, m. w. N., und BFH-Beschluß vom 4. Juni 1997 VIII B 66/96, BFH/NV 1997, 793). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht. In ihr wird beanstandet, das FG habe seine Verpflichtung zur Sachaufklärung nach §76 FGO verletzt, weil es entgegen dem Antrag des Klägers keine Bestätigungen und Auskünfte bei dem näher bezeichneten ausländischen Bankhaus über den "Lebenslauf" des umstrittenen Bankkontos eingeholt habe. Der Kläger hat hierzu nicht vorgetragen, daß und inwiefern die Entscheidung des FG bei Durchführung der angeblich unterbliebenen Beweiserhebung anders hätte ausfallen können. Dazu hätte aber insbesondere deshalb Anlaß bestanden, als er -- erstmals -- in der mündlichen Verhandlung ausweislich des Sitzungsprotokolls nur den Antrag gestellt hat, bei dem Bankhaus eine Auskunft darüber einzuholen, daß das Konto des Klägers bereits 1986 aufgelöst war und daß Kontounterlagen nicht mehr vorhanden waren. Von diesem Sachverhalt ist das FG im Urteil aufgrund einer vom Kläger vorgelegten Bestätigung des Bankhauses vom 19. September 1986 ohnehin ausgegangen. Soweit die Kläger nunmehr rügen, das FG hätte allgemein Auskünfte über die Entwicklung des Kontos bei dem ausländischen Bankhaus einholen müssen, hätten sie substantiiert das voraussichtliche Ergebnis einer solchen Beweisaufnahme darlegen und ferner angeben müssen, daß die Nichterhebung des Beweises vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG vor diesem nicht gerügt werden konnte (vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß Rz. 226, und BFH-Beschluß vom 11. April 1997 V B 135/96, BFH/NV 1997, 785, 786). Dazu enthält die Beschwerdeschrift keine Ausführungen. Im übrigen entbindet der Untersuchungsgrundsatz des §76 FGO i. V. m. §88 AO 1977 den Kläger nicht von seiner erhöhten Mitwirkungs- und Aufklärungspflicht nach §90 Abs. 2 AO 1977 hinsichtlich des auf seinen Namen lautenden Kontos bei dem ausländischen Bankhaus (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. Januar 1992 X R 145/90, BFH/NV 1992, 439, und vom 1. Juni 1994 X R 73/91, BFH/NV 1995, 2). Dem kommt im Beschwerdefall besondere Bedeutung auch deshalb zu, weil der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) und das FG seit Bekanntwerden des Kontos über Jahre hinweg den Kläger erfolglos aufgefordert haben, sich jene Bankbelege zu besorgen und vorzulegen.
3. Soweit die Kläger rügen, das FG habe den Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend gewürdigt, machen sie keinen Verfahrensmangel i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern einen Verstoß gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung geltend, die dem materiellen Recht angehören (vgl. BFH-Beschluß vom 23. August 1985 IV B 52/85, BFH/NV 1986, 739). Derartige Mängel rechtfertigen, selbst wenn sie vorliegen, nicht die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels gemäß §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (BFH in BFH/NV 1997, 785, 786).
4. Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nicht (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 67075 |
BFH/NV 1998, 944 |