Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Zurechnung von Kapitalvermögen, Verstoß gegen den Inhalt der Akten, Beiladung
Leitsatz (NV)
1. Die Frage, wann die Übertragung von Kapitalanlagen von Eltern auf Kinder bzw. die Mittelverwaltung von Kindesvermögen durch Eltern steuerrechtlich dazu führt, die Einnahmen dennoch den Eltern und nicht den Kindern zuzurechnen, hat keine grundsätzliche Bedeutung.
2. Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten stellt nur dann einen Zulassungsgrund dar, wenn er gleichzeitig einen Verfahrensfehler darstellt. Dies setzt eine Verletzung des § 96 Abs. 1 FGO dadurch voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der schriftlich festgehaltenem Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht oder eine nach den Akten eindeutig festgestellte Tatsache unberücksichtigt lässt.
3. Kinder, die mit den Eltern zusammen zur Vermögensteuer veranlagt werden, sind zu dem Rechtsstreit, in dem sich Eltern gegen einen Vermögensteuerbescheid wenden, nicht notwendig beizuladen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 1-2, §§ 96, 60; EStG § 20
Verfahrensgang
FG München (Urteil vom 02.08.2005; Aktenzeichen 13 K 5005/02) |
Gründe
Ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, kann dahingestellt bleiben. Denn die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO; vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23 ff., m.w.N.; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Mai 2000 IV B 55/99, juris). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht, die noch klärungsbedürftig und in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstritten ist.
Nach diesen Kriterien kommt der von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) für grundsätzlich bedeutsam erachteten Frage, wann die Übertragung von Kapitalanlagen von Eltern auf Kinder bzw. die Mittelverwaltung von Kindesvermögen durch Eltern steuerrechtlich dazu führt, die Einnahmen dennoch den Eltern und nicht den Kindern zuzurechnen, keine grundsätzliche Bedeutung zu. Denn mit dieser Problematik hat sich der BFH bereits in mehreren Entscheidungen auseinandergesetzt (vgl. BFH-Urteile vom 3. November 1976 VIII R 170/74, BFHE 120, 393, BStBl II 1977, 206; vom 24. April 1990 VIII R 170/83, BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539; vom 30. März 1999 VIII R 19/98, BFH/NV 1999, 1325; BFH-Beschluss vom 13. März 2002 VII B 42/01, BFH/NV 2002, 896). Die erstinstanzliche Entscheidung basiert auf den vom BFH entwickelten Rechtsgrundsätzen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Streitfalles. Selbst wenn das Finanzgericht (FG) diese Grundsätze im Streitfall --wovon der Senat nicht ausgeht-- fehlerhaft angewendet haben sollte, könnte das nicht zur Zulassung der Revision führen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. April 2003 VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom 23. Juni 2003 IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289). Denn die Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2000 I B 40/99, BFH/NV 2000, 874).
Auch im Übrigen lässt die Beschwerdeschrift eine über die Besonderheiten des Einzelfalles hinausgehende Klärungsbedürftigkeit nicht erkennen. Dass in Deutschland in den nächsten fünf bis zehn Jahren Vermögenswerte in bisher nie dagewesener Größenordnung auf die nachfolgende Generation übertragen werden, dabei vermehrt Fallgestaltungen der vorliegenden oder ähnlicher Art auftreten und die FG sich nach Auffassung der Kläger mitunter zu starr an den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung orientieren, reicht dafür jedenfalls nicht aus. Eine weitere Entscheidung des BFH zu diesem Problemkreis ist daher auch zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht erforderlich.
b) Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten ist ebenfalls nicht gegeben. Ein solcher stellt nur dann einen Zulassungsgrund dar, wenn er gleichzeitig einen Verfahrensfehler darstellt. Dies setzt eine Verletzung des § 96 Abs. 1 FGO dadurch voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der schriftlich festgehaltenem Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht oder eine nach den Akten eindeutig festgestellte Tatsache unberücksichtigt lässt (BFH-Beschluss vom 11. Februar 1999 III B 51/98, BFH/NV 1999, 970). Davon ist hier nicht auszugehen, zumal das FG sich mit der Frage der Zurechnung der Kapitaleinnahmen ausführlich auseinandergesetzt hat und grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass das Gericht die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und erwogen hat (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 25/98 BFH/NV 2000, 235). Hingegen stellt die möglicherweise unzureichende Würdigung des Vorbringens grundsätzlich keinen Verfahrensfehler dar (vgl. BFH-Beschluss vom 12. September 1996 X B 76/96, BFH/NV 1997, 246, m.w.N.).
c) Es ist auch kein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens aufgrund unterlassener Beiladung des Sohnes der Kläger gegeben. Denn Kinder, die mit den Eltern zusammen zur Vermögensteuer veranlagt werden, sind zu dem Rechtsstreit, in dem sich Eltern gegen einen Vermögensteuerbescheid wenden, nicht notwendig beizuladen (vgl. Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 60 FGO Rz 87, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1716582 |
BFH/NV 2007, 911 |