Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH: Keine Nachreichung der persönlichen Erklärung erst im Beschwerdeverfahren
Leitsatz (NV)
1. Wird der einem PKH-Antrag beizufügende Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erstmals im Beschwerdeverfahren eingereicht, so ist die Beschwerde gegen die Ablehnung des PKH-Antrages unbegründet; denn PKH kann nur für die Zukunft bewilligt werden.
2. Die Bewilligung von PKH erfordert den zeitnahen Nachweis über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung.
3. In dem PKH-Antrag muß ferner das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel in einer Weise dargestellt werden, daß das Gericht daraus erkennen kann, ob und in welchem Umfang die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat.
Normenkette
FGO § 142; ZPO §§ 114, 117 Abs. 1-4
Tatbestand
Der anwaltlich vertretene Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) erhob als Gesellschafter der A-GbR mit Schriftsatz vom 25. Januar 1993 gegen die einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheide für 1984 bis 1989 vom 13. August 1991 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 1993 Klage. Zur näheren Begründung beantragten die Prozeßbevollmächtigten Akteneinsicht, die ihnen im Verlauf des Verfahrens gewährt wurde.
Ferner beantragten sie, dem Kläger Prozeßkostenhilfe (PKH) zu bewilligen und Rechtsanwalt B beizuordnen mit der Zusicherung, die ausgefüllte und unterzeichnete Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nachzureichen. Mit Verfügungen vom 3. Februar 1993 und vom 23. März 1993 wurden die Prozeßbevollmächtigten u.a. aufgefordert, den beigefügten Vordruck zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers bis 10. März 1993 bzw. bis zum 28. April 1993 ausgefüllt zurückzusenden und das Klagebegehren zu bezeichnen (§ 65 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Mit Beschluß vom 29. Juni 1993 hat das Finanzgericht (FG) den Antrag auf PKH abgelehnt, weil der Kläger nicht die Voraussetzungen des § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) durch Vorlage des amtlichen Vordrucks gemäß § 117 Abs. 2, Abs. 4 ZPO nachgewiesen habe.
Gegen den am 9. Juli 1993 zugestellten Beschluß erhoben die Prozeßbevollmächtigten Beschwerde und stellten eine Begründung in einem späteren Schriftsatz in Aussicht. Das FG half der Beschwerde mit Beschluß vom 9. September 1993 nicht ab.
Mit Schreiben vom 23. September 1993 wies der Berichterstatter im Klageverfahren auf eine unter Umständen fehlende Klagebefugnis des Klägers hin. Der Kläger habe mit Schreiben vom 23. August 1991 das Bestehen der A-GbR eingeräumt. Da die GbR jedoch nicht mehr bestehe, könnten nur noch die Liquidatoren gemeinschaftlich klagen. Das Klagebegehren müsse bezeichnet werden, nachdem in der Einspruchsentscheidung die Umsätze des X-Hauses aus der Festsetzung herausgenommen worden seien.
Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 1993 wiesen die Prozeßbevollmächtigten im Beschwerdeverfahren darauf hin, sie hätten mit Schreiben vom 9. Februar 1993 ihre Vollmacht, in Kopie die Bescheinigung des Sozialamtes sowie Formulare über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Dem Schreiben vom 6. Oktober 1993 ist in Kopie eine vom Kläger unterschriebene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt, die das handschriftliche Datum vom 2. Februar 1993 trägt, außerdem eine Bescheinigung der Stadt C zur Vorlage beim Rechtsanwalt vom 19. Mai 1992, wonach der Kläger zur Zeit Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erhalte. Das Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 9. Februar 1993 ist hingegen nicht in Kopie beigefügt.
In der Sache bestätigen die Prozeßbevollmächtigten das Bestehen der GbR mit hälftiger Beteiligung des Klägers. Aller Wahrscheinlichkeit nach habe Frau D jedoch die Waren im eigenen Namen eingekauft und verkauft. Insoweit habe der Kläger kein unternehmerisches Risiko getragen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Über die Hauptsache ist bislang noch nicht entschieden worden.
1. Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem Antrag auf Bewilligung von PKH sind eine Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und entsprechende Belege beizufügen (§ 142 FGO i.V.m. § 117 Abs. 1 und 2 ZPO). Die Erklärung ist auf dem durch die Verordnung vom 24. November 1980 (BGBl I 1980, 2163) eingeführten amtlichen Vordruck abzugeben (§ 117 Abs. 3 und 4 ZPO). Außerdem ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO in dem Antrag auf PKH das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen.
2. Das FG hat im Streitfall zu Recht den Antrag auf PKH abgelehnt.
a) Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob die mit Schriftsatz vom 6. Oktober 1993 in Fotokopie eingereichte Erklärung über die persönlichen Verhältnisse des Klägers tatsächlich bereits im Antragsverfahren dem FG zugeleitet worden ist. Weder das in Bezug genommene Anschreiben vom 9. Februar 1993 an das FG, das auch dem Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten vom 6. Oktober 1993 nicht beigefügt gewesen ist, noch die jetzt in Kopie eingereichten Unterlagen, noch die Vollmacht befinden sich in der FG-Akte. Nachforschungen beim FG haben nach fernmündlicher Bestätigung zu keinem anderen Ergebnis geführt.
Wären die Unterlagen verspätet erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegt worden, so wäre die Beschwerde schon deshalb unbegründet; denn PKH kann grundsätzlich nur für die Zukunft bewilligt werden (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. August 1993 VII B 71/93, BFH/NV 1994, 257; vom 27. Novemer 1992 III B 80/92, BFH/NV 1993, 325 m.w.N.).
b) Selbst wenn der Kläger die Unterlagen jedoch zu dem angebotenen Zeitpunkt abgesandt haben sollte und diese lediglich aus einem von ihm nicht zu vertretenden Umstand das FG nicht erreicht haben sollten, so fehlt es gleichwohl an einem zeitnahen Nachweis der persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse als Voraussetzung für die Bewilligung von PKH. Der als Beleg für seine Mittellosigkeit beigefügte Bescheid des Stadtdirektors von C über den Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG datiert vom 19. Mai 1992. Damit wird jedoch nicht zeitnah ein Nachweis über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung Ende Januar 1993 erbracht (vgl. auch BFH-Beschluß in BFH/NV 1993, 325).
c) Ebensowenig hat der anwaltlich vertretene Kläger in dem Antrag auf PKH das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel ausreichend dargestellt. Das Gericht muß aus dieser Darstellung erkennen können, ob und in welchem Umfang die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Satz 1 ZPO; BFH-Beschluß vom 21. April 1986 IV B 9/86, BFH/NV 1986, 762).
Das FG hatte die Prozeßbevollmächtigten zweimal vergeblich aufgefordert, das Klagebegehren näher zu bezeichnen (§ 65 Abs. 2 FGO).
Im Bewilligungsverfahren findet zwar keine abschließende Würdigung statt. Es genügt, wenn im Rahmen einer summarischen Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung spricht (BFH-Beschluß vom 28. Januar 1988 IV S 8/86, BFH/NV 1988, 730).
Der Kläger hat indessen weder den Sachverhalt ausreichend substantiiert vorgetragen noch wenigstens die Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 1993 beigefügt. Überdies hat er trotz des bei den FG-Akten befindlichen Schreibens des Berichterstatters vom 23. September 1993 weder zu der Frage der Klagebefugnis des Klägers Stellung genommen noch zum Gegenstand des Klagebegehrens. Ausweislich des Berichterstatter-Schreibens sind bereits durch die Einspruchsentscheidung die Umsätze des X-Hauses aus der Festsetzung herausgenommen worden. Genau diesen Sachverhalt führt nunmehr die Beschwerdebegründung jedoch als Beschwer an.
Unbeschadet der Frage, ob der Kläger damit seiner Substantiierungspflicht für den PKH-Antrag überhaupt nachgekommen ist, kann jedenfalls bei summarischer Prüfung der beabsichtigten Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg zuerkannt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 419682 |
BFH/NV 1994, 657 |