Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge; grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache

 

Leitsatz (NV)

1. Zur schlüssigen Erhebung der Divergenzrüge muß der Beschwerdeführer die nach seiner Auffassung nicht übereinstimmenden abstrakten - tragenden - Rechtssätze des finanzgerichtlichen Urteils und der höchstrichterlichen Divergenzentscheidung herausarbeiten und gegenüberstellen, so daß eine Abweichung erkennbar wird (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 29. Juni 1987 X B 26/87, BFH/NV 1988, 239). Dementsprechend genügt es nicht, Rechtssätze aus bestimmten Entscheidungen des BFH anzuführen und hinsichtlich des angegriffenen finanzgerichtlichen Urteils lediglich auszuführen, daß dieses im Hinblick auf die bezeichneten Rechtssätze fehlerhaft sei.

2. Eine Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung, wenn sie durch die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung bereits geklärt ist und im übrigen offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3; GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 42

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhobenen Divergenzrügen haben keinen Erfolg.

a) Zur schlüssigen Erhebung der Divergenzrüge muß der Beschwerdeführer die nach seiner Auffassung nicht übereinstimmenden abstrakten - tragenden - Rechtssätze des finanzgerichtlichen Urteils und der höchstrichterlichen Divergenzentscheidung herausarbeiten und gegenüberstellen, so daß eine Abweichung erkennbar wird (vgl. z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. Juni 1987 X B 26/87, BFH/NV 1988, 239). Dementsprechend genügt es nicht, Rechtssätze aus bestimmten Entscheidungen des BFH anzuführen und hinsichtlich des angegriffenen finanzgerichtlichen Urteils lediglich auszuführen, daß dieses im Hinblick auf die bezeichneten Rechtssätze fehlerhaft sei (Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 115 FGO Anm. 7 b, m. w. N.).

b) aa) Soweit es die gerügte Abweichung der Vorentscheidung von dem BFH-Beschluß vom 31. Juli 1991 II B 157/90 (BFH/NV 1992, 134) anbelangt, mag dahinstehen, ob die Beschwerdebegründung den unter 1. a) genannten Anforderungen entspricht. Denn die dahingehende Rüge ist jedenfalls unbegründet. In dem zitierten Beschluß hat der BFH entschieden, daß

- die Übertragung sämtlicher Anteile an einer nur Grundbesitz haltenden Personengesellschaft gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) i. V. m. § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) der Grunderwerbsteuer unterliegen könne;

- dies auch für die Übertragung der Anteile an einer noch als KG firmierenden und als solche ins Handelsregister eingetragenen Personengesellschaft gelte, wenn sie infolge der Betriebseinstellung im wesentlichen nur mehr mit der Verwaltung ihres Grundstücks befaßt sei;

- die noch bestehende Eintragung im Handelsregister den Einwand nicht ausschließe, daß die Gesellschaft kein Gewerbe (mehr) betreibe;

- es für die Beurteilung eines vollständigen Gesellschafterwechsels als ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Vorgang nicht auf die Rechtsform der Personengesellschaft im Zeitpunkt der Übertragung der Gesellschaftsanteile ankomme und allein ausschlaggebend sei, daß die Gesellschaft keine über die eigentliche Grundstücksverwaltung hinausgehenden Aktivitäten entfalte.

Entgegen der Auffassung der Klägerin läßt sich aus diesen Rechtssätzen nicht im Wege des Umkehrschlusses entnehmen, daß ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Vorgang nicht gegeben sei, wenn aufgrund eines vorgefaßten Plans die Gesellschaft ihren Gewerbebetrieb aufgibt, fortan nur noch vermögensverwaltend tätig ist und sämtliche Gesellschafter mit der Maßgabe ausgetauscht werden, daß einer der Neugesellschafter bereits eine kurze Zeit (im Streitfall: einen Monat) vor Einstellung des Gewerbes in die Gesellschaft eintritt.

bb) In bezug auf die behauptete Abweichung der Vorentscheidung von dem BFH-Urteil vom 31. Juli 1991 II R 17/88 (BFHE 165, 297, BStBl II 1991, 891) fehlt es bereits an den unter 1. a) genannten Voraussetzungen für eine schlüssige Divergenzrüge. Die Klägerin hat keinen bestimmten - tragenden - Rechtssatz der Vorentscheidung bezeichnet, so daß nicht erkennbar ist, in welchem konkreten Punkt die Rechtsauffassung des Finanzgerichts (FG) von derjenigen des BFH in der genannten Divergenzentscheidung abweichen soll.

Abgesehen davon wäre die Divergenzrüge aber auch unbegründet, weil sich aus der vom BFH in dem genannten Urteil vertretenen Rechtsauffassung, wonach ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Vorgang nur beim Wechsel sämtlicher Mitgliedschaftsrechte gegeben sei, nicht entnehmen läßt, daß der hier zu beurteilende - anders gelagerte - Sachverhalt nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt.

2. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage hat auch keine grundsätzliche Bedeutung, da sie durch die bisherige Rechtsprechung des BFH bereits geklärt ist und im übrigen offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat.

Zunächst spielte es für die Grunderwerbsteuerpflicht des hier zu beurteilenden vollständigen Gesellschafterwechsels nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i. V. m. § 42 AO 1977 keine Rolle, daß sich die Übertragung aller Gesellschaftsanteile nicht zeitgleich bzw. nahezu zeitgleich, sondern in einem Abstand von wenigen Monaten vollzog (vgl. BFH-Beschluß vom 31. Juli 1991 II B 38/91, BFH/NV 1992, 56).

Ebensowenig ist es rechtserheblich, daß der Eintritt eines der Neugesellschafter bereits zu einem Zeitpunkt (1. Dezember 1988) erfolgte, als die Gesellschaft noch einen gewerblichen Betrieb unterhielt und eine KG darstellte. Entscheidend ist, daß - wie sich eindeutig aus dem Vorvertrag vom 12. November 1988 ergibt - bereits vor Eintritt des ersten Neugesellschafters der Entschluß feststand, den Gewerbebetrieb (nach kurzfristiger Fortführung bis zum 31. Dezember 1988) einzustellen. Dies zeigt, daß es den Neugesellschaftern - auch soweit einer von ihnen der Gesellschaft noch in deren gewerblichen Stadium beigetreten war - nicht auf den Erwerb und die Fortführung des Gewerbebetriebs, sondern allein auf den Erwerb des Vermögens, d. h. des Grundbesitzes der Gesellschaft, ankam.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419119

BFH/NV 1993, 554

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