Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Arrestanordnung
Leitsatz (NV)
1. Zu den Voraussetzungen einer Arrestanordnung.
2. Rechtfertigen die Feststellungen des FG die Entscheidung, daß die Voraussetzungen für eine angefochtene Arrestanordnung des FA nicht erfüllt sind, so sind nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten im Revisionsverfahren dem FA die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Normenkette
AO 1977 § 324; FGO § 138 Abs. 1
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ordnete mit Bescheid vom 20. August 1980 zur Sicherung angeblicher Steuerforderungen gegen A den dinglichen Arrest in Grundschulden zugunsten des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) an, mit denen zwei in G gelegene Grundstücke des A belastet waren. Die Arrestanordnung wurde damit begründet, A habe die Grundschuld zugunsten des Klägers unentgeltlich und in anfechtbarer Weise bestellt.
Die Klage führt zur Aufhebung der Arrestanordnung mit folgender Begründung:
Das FA sei nicht berechtigt gewesen, nach § 324 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) den dinglichen Arrest anzuordnen, da die Forderung, deren Vollstreckung durch den Arrest gesichert werden solle, nicht unmittelbar auf eine Geldleistung ausgerichtet sei. Das FA habe gegen den Kläger allenfalls einen Rückgewähranspruch nach § 7 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) hinsichtlich der Grundschuldbestellung besessen. Außerdem fehle ein Arrestgrund. Das FA sei nicht gehindert gewesen, die Grundschuldbestellung anzufechten, gegen den Kläger einen Duldungsbescheid nach § 191 Abs. 1 AO 1977 zu erlassen und nach Bekanntgabe dieses Bescheids in das Grundvermögen zu vollstrecken. Von einer wesentlichen Erschwerung oder gar einer Vereitelung der Beitreibung könne unter diesem Gesichtspunkt keine Rede sein.
Das FA legte gegen das Urteil mit Schriftsatz vom 12. August 1981 Revision ein, die es im wesentlichen wie folgt begründete:
Ansprüche auf Duldung der Vollstreckung wegen einer Geldforderung könnten durch Arrestanordnung gesichert werden. Auch ein Arrestgrund sei gegeben. Das Finanzgericht (FG) gehe irrtümlich davon aus, daß das FA nicht gehindert gewesen sei, seine Ansprüche unmittelbar durch Erlaß eines Duldungsbescheids geltend zu machen. Es habe nicht beachtet, daß Rechtshandlungen mit Erfolg nur dann nach § 2 AnfG angefochten werden könnten, wenn zumindest ein vollstreckbarer Bescheid vorliege. Diese Voraussetzung habe im Zeitpunkt der Arrestanordnung nicht vorgelegen. Es habe deshalb ein Interesse bestanden, den Anfechtungsanspruch zu sichern, da der Kläger sonst in der Lage gewesen wäre, über die in anfechtbarer Weise bestellten Grundschulden durch gutgläubigen Erwerb Dritter rechtswirksam zu verfügen. Mit einer solchen Verfügung sei zu rechnen gewesen.
Das FA beantragte zunächst, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 1984 erklärte das FA den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Zur Begründung führte es folgendes aus:
Aufgrund der angefochtenen Arrestanordnung seien hinsichtlich der betroffenen Grundschulden Veräußerungsverbote in die Grundbücher eingetragen worden. Eines dieser Veräußerungsverbote sei bereits wieder gelöscht; wegen des anderen sei Löschungsbewilligung erteilt. Am 24. Juni 1981 sei gegen den Kläger hinsichtlich der betroffenen Grundschuld ein Duldungsbescheid erlassen worden, der am 10. Juli 1981 zugestellt worden sei.
Soweit das Verfahren wegen der Arrestanordnung die Grundschuld betreffe, für die das Veräußerungsverbot inzwischen gelöscht sei, sei die Erledigung wohl unstreitig. Darüber hinaus sei das Arrestverfahren inzwischen aber durch Erlaß des Duldungsbescheids in das Vollstreckungsverfahren übergeleitet worden, wodurch das Arrestverfahren seine Erledigung gefunden habe.
Auch der Kläger hat den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Er beantragt, dem FA die Kosten aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
Nachdem die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.
Über die Auferlegung der Kosten ist aufgrund von § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nach billigem Ermessen des Gerichts zu entscheiden, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. Dabei ist zu beachten, wie die Kostenentscheidung nach dem Gesetz hätte lauten müssen, wenn der Prozeß fortgesetzt worden wäre (vgl. Beschluß des erkennenden Senats vom 31. August 1976 VII R 20/74, BFHE 119, 407, BStBl II 1976, 686), ohne daß die Rechtslage eingehend geprüft oder die Sachlage abschließend geklärt werden muß (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. November 1971 I B 14/70, BFHE 104, 39, BStBl II 1972, 222).
Davon ausgehend muß im Streitfall bei der Kostenentscheidung nach § 138 Abs. 1 FGO ins Gewicht fallen, daß das FG einen Arrestgrund mit der Begründung abgelehnt hat, von einer wesentlichen Erschwerung oder Vereitelung der Beitreibung für den Fall, daß das FA anstelle der Arrestanordnung gegen den Kläger die Grundschuldbestellung durch Duldungsbescheid angefochten hätte, könne keine Rede sein. Auch wenn davon ausgegangen wird, daß das FG fehlerhaft angenommen habe, die Grundschuldbestellung hätte ohne Erlaß eines Steuerbescheids angefochten werden können, so ändert das doch nichts daran, daß den Ausführungen des FG entnommen werden muß, es seien keine Anhaltspunkte vorhanden gewesen, die die Befürchtung gerechtfertigt hätten, die Beitreibung wäre ohne Arrestanordnung gegen den Kläger vereitelt oder wesentlich erschwert worden. Den Ausführungen des FG kann nicht entnommen werden, daß diese Aussage nur begrenzte Bedeutung haben sollte und daß etwa die Befürchtung einer Vereitelung oder Erschwerung der Beitreibung nicht für den Fall ausgeschlossen werden kann, daß das FA zunächst einen Steuerbescheid gegen A erlassen hätte.
Die Arrestanordnung nach § 324 AO 1977 hat aber zur Voraussetzung, daß ohne sie eine Vereitelung oder Erschwerung der Beitreibung zu befürchten ist. Wäre das Revisionsverfahren fortgesetzt worden, so hätte der BFH unter Berücksichtigung der aufgezeigten Ausführungen des FG zu entscheiden gehabt, ob diese Voraussetzung für eine Arrestanordnung erfüllt war. Die Darlegung, daß Anhaltspunkte zur Rechtfertigung der Befürchtung, die Beitreibung werde ohne die Arrestanordnung vereitelt oder erschwert, nicht vorlägen, enthält eine tatsächliche Feststellung, an die das Revisionsgericht grundsätzlich gebunden gewesen wäre. Bei der Beurteilung der Frage, welche Kostenentscheidung zu treffen gewesen wäre, wenn der Prozeß fortgesetzt worden wäre, ist deshalb zu beachten, daß die Revision des FA voraussichtlich zumindest deshalb keinen Erfolg gehabt hätte, weil der BFH schon aufgrund einer Bindung an die Feststellung des FG, Anhaltspunkte für eine Vereitelung oder Erschwerung der Beitreibung seien nicht vorhanden gewesen, zu dem Ergebnis gelangt wäre, daß das FG die Arrestanordnung zu Recht aufgehoben hat.
Mit Rücksicht auf diesen Sach- und Streitstand erscheint es dem Senat billig, die Kosten des Verfahrens dem FA aufzuerlegen.
Fundstellen
Haufe-Index 413938 |
BFH/NV 1986, 724 |