Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswerts; Verfahrensmangel
Leitsatz (NV)
1. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswerts kann nicht dadurch geführt werden, dass der Steuerpflichtige beim FG die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Das FG hat nicht selbst zu ermitteln, welcher Wert dem Grundstück zukommt.
2. Mit der Rüge, das FG habe zu Unrecht angenommen, dem vom Steuerpflichtigen vorgelegten Sachverständigengutachten könne nicht gefolgt werden, wird kein Verfahrensmangel, sondern ein Verstoß gegen materielles Recht geltend gemacht.
Normenkette
BewG § 146 Abs. 7; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhielt durch notariell beurkundeten Vertrag vom 10. März 2000 von ihrem Ehemann einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück übertragen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) war der Auffassung, dem von der Klägerin zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des von ihr erworbenen Miteigentumsanteils gemäß § 146 Abs. 7 des Bewertungsgesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung (BewG) vorgelegten Verkehrswertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken könne aus verschiedenen Gründen nicht gefolgt werden.
Der Berichterstatter im finanzgerichtlichen Verfahren wies die durch eine Steuerberater-, Wirtschaftsprüfer- und Rechtsanwaltskanzlei vertretene Klägerin in einem Erörterungstermin darauf hin, dass die vom Gutachter zugrunde gelegten Annahmen insbesondere hinsichtlich der vorgenommenen Abschläge nicht nachvollziehbar dargelegt worden seien und das Gutachten im Übrigen teilweise in sich nicht widerspruchsfrei sei. Das Gutachten könne daher den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nicht erbringen. Der Grundstückswert sei aber unabhängig davon zu vermindern. Das FA erließ daraufhin einen entsprechend geänderten Feststellungsbescheid.
Die Klägerin hielt demgegenüber daran fest, dass durch das Gutachten ein niedrigerer gemeiner Wert nachgewiesen sei. In der mündlichen Verhandlung beantragte sie hilfsweise, einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Immobilienwertermittlung mit einer Wertfeststellung zum Zeitpunkt der Schenkung zu beauftragen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab, ohne dem Beweisantrag zu entsprechen.
Die Klägerin bringt zur Begründung ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision vor, das FG hätte dem Beweisantrag nachkommen müssen. Dass dies nicht geschehen sei, stelle einen Verfahrensmangel dar.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegt nicht vor.
1. Das FG brauchte dem Beweisantrag der Klägerin nicht zu entsprechen.
a) Gemäß § 146 Abs. 7 BewG ist für bebaute Grundstücke ein niedrigerer Grundstückswert festzustellen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der gemeine Wert des Grundstücks niedriger ist als der nach den Absätzen 2 bis 6 der Vorschrift ermittelte Wert. Der Nachweis kann u.a. durch Vorlage des Gutachtens eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden. Ob das Gutachten den erforderlichen Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des FA und ggf. der Gerichte (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. November 2004 II R 69/01, BFHE 207, 352, BStBl II 2005, 259, und vom 3. Dezember 2008 II R 19/08, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2009, 573, BFH/NV 2009, 811). Der Nachweis ist erbracht, wenn das FA und ggf. das Gericht dem Gutachten ohne Einschalten bzw. Bestellung weiterer Sachverständiger folgen können. Einem Sachverständigengutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen den Vorgaben der Wertermittlungsverordnung vom 6. Dezember 1988 (BGBl I 1988, 2209) entspricht und plausibel ist, wird regelmäßig zu folgen sein. Vom Gutachter vorgenommene Wertabschläge müssen ausreichend begründet werden (BFH-Urteil in DStR 2009, 573). Der Steuerpflichtige kann den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts demgegenüber nicht dadurch führen, dass er beim FG die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Ein solcher Antrag ist mit der dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweislast nicht vereinbar. Das FG hat den angefochtenen Bescheid nur daraufhin zu überprüfen, ob dem Steuerpflichtigen entgegen der Annahme des FA der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts gelungen ist. Es hat nicht selbst zu ermitteln, welcher Wert dem Grundstück zukommt.
b) Die Klägerin konnte danach die nach der Ansicht des FA und des FG erforderliche Nachbesserung des Gutachtens oder Vorlage eines anderen, hinreichend substantiierten und in sich widerspruchsfreien Gutachtens nicht durch den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das FG ersetzen, um so einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Die Bestellung eines Sachverständigen durch das FG war ausgeschlossen.
2. Soweit die Klägerin meint, das FG habe zu Unrecht angenommen, dem Sachverständigengutachten könne nicht gefolgt werden, macht sie keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern einen Verstoß gegen materielles Recht und somit keinen Grund für die Zulassung der Revision geltend (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92; vom 8. Oktober 2007 III B 55/06, BFH/NV 2008, 95; vom 30. Oktober 2007 VIII B 153/06, BFH/NV 2008, 389, und vom 18. Dezember 2007 XI B 16/07, BFH/NV 2008, 595). Das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (BFH-Beschlüsse vom 7. Dezember 2007 VIII B 68/07 und VIII B 110/07, BFH/NV 2008, 590 und 613; vom 20. Februar 2008 VIII B 103/07, BFH/NV 2008, 980, und vom 10. Oktober 2008 VIII B 20-22/08, BFH/NV 2009, 183).
Fundstellen
Haufe-Index 2164541 |
BFH/NV 2009, 1091 |
ZEV 2009, 316 |