Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert einer Verpflichtungsklage, mit der ein aus einer KG ausgeschiedener Gesellschafter die Bekanntgabe der nach seinem Ausscheiden ergangenen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheide für frühere Jahre erreichen will, beträgt 10 v. H. des Streitwerts, der für den Gewinnanteil des ausgeschiedenen Gesellschafters zu bemessen wäre.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 1, § 140 Abs. 3
Tatbestand
Im Klageverfahren war streitig, ob der Klägerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin), die Kommanditistin der KG war und mit Vertrag vom 31. Dezember 1970 aus ihr ausgeschieden ist, als früherer Kommanditistin die einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheide der KG für die Jahre 1964 bis einschließlich 1969 vollständig bekanntzugeben waren, die am 25. November 1971 nach ihrem Ausscheiden aus der KG vom Beklagten und Beschwerdegegner (FA) erlassen worden sind.
Das FG hat die Klage als unzulässig abgewiesen und den Streitwert auf 25 v. H. der Gewinnanteile festgestellt, die der Beschwerdeführerin in den 1971 erlassenen Gewinnfeststellungsbescheiden für die Jahre 1964 bis 1969 als Gesellschafterin zugerechnet worden sind.
Mit der zusammen mit der Revision eingelegten Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des FG macht die Beschwerdeführerin geltend, der Streitwert sei offenbar übersetzt. Das FG habe das Klagebegehren nicht richtig ausgelegt. Sie bitte daher um eine angemessene Streitwertfestsetzung.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Es hält die Einwendungen gegen die Streitwertfestsetzung des FG für zu allgemein. Es ist der Meinung, daß der vom FG angesetzte Vomhundertsatz von 25 v. H. der festgesetzten Gewinnanteile eher zu niedrig als zu hoch sei.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen..
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist gemäß § 129 FGO zulässig. Sie ist fristgerecht eingelegt worden und bezeichnet die angefochtene Entscheidung. Sie enthält allerdings keinen betragsmäßig genau bestimmten Antrag. Ob die Beschwerde entsprechend § 120 Abs. 2 FGO einen bestimmten Antrag enthalten muß, läßt sich aus § 129 FGO nicht entnehmen. Ziemer/Birkholz, (Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 129, Anm. 9) fordern ebenso wie Eyermann/Fröhler (Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 6. Aufl., § 147, Anm. 2) entsprechend § 120 Abs. 2 FGO auch für die Beschwerde einen bestimmten Antrag. v. Wallis/List lassen es genügen, wenn die Beschwerde das Beschwerdebegehren erkennen läßt (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 129 FGO, Anm. 3). Der Senat braucht die Frage nicht abschließend zu entscheiden. Er ist der Auffassung, daß es jedenfalls in der vorliegenden Sache, wo es um die Verpflichtung zur vollständigen Bekanntgabe einheitlicher Gewinnfeststellungsbescheide an ausgeschiedene Gesellschafter geht und deshalb die betragsmäßige steuerliche Auswirkung des Streitgegenstandes nicht berechenbar ist, als ausreichend angesehen werden muß, wenn die Beschwerdeführerin die Herabsetzung des ihrer Meinung nach überhöhten Streitwerts auf einen angemessenen Betrag beantragt.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Der Streitwert ist unter Berücksichtigung der Sachanträge der Beteiligten vom Gericht nach freiem Ermessen zu bestimmen (§ 140 Abs. 3 FGO). In ständiger Rechtsprechung hat der BFH entschieden, daß in Rechtsstreitigkeiten über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der Streitwert pauschal in einem Vomhundertsatz des streitigen Gewinns festzusetzen ist, um schwierige Berechnungen zu vermeiden (BFH-Urteil vom 17. Oktober 1961 I 268/60 U, BFHE 74, 108, BStBl III 1962, 41) und in der Regel dieser Vomhundertsatz 25 v. H. beträgt. Von dieser Rechtsprechung ist die Vorinstanz ausgegangen. Sie hat dabei aber verkannt, daß diese Berechnung des Streitwertes nicht für einen Sonderfall gelten kann, bei dem gar nicht der im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren festgestellte Gewinn dem Grunde oder der Höhe nach streitig ist, sondern nur um die Verpflichtung des FA gestritten wird, die Gewinnfeststellungsbescheide einer Personengesellschaft für zurückliegende Jahre an inzwischen ausgeschiedene Gesellschafter gesondert bekanntzugeben. Der Streitwert kann zwar auch in einem solchen Fall mit einem Vomhundertsatz berechnet werden; dieser Satz kann aber nicht derselbe sein, wie bei einem Rechtsstreit, in dem um den im Bescheid festgestellten Gewinn selbst gestritten wird, nach dessen Höhe sich die Einkommensteuer der Gesellschafter bemißt. Da sich der Streitwert in Fällen der vorliegenden Art nicht genau berechnen läßt, muß er nach freiem Ermessen geschätzt werden. Eine solche schätzung darf aber den Unterschied, der hinsichtlich des steuerlichen Interesses gegenüber einem Rechtsstreit über den Gewinn im obigen Sinne besteht, nicht außer acht lassen.
Die Rechtsprechung hat in Fällen, in denen mit dem Klageantrag nur ein bestimmtes Tätigwerden des FA erstrebt wird, als Streitwert 10 v. H. des vollen Wertes als angemessen angesehen, wobei als voller Wert der normale Streitwert zu betrachten ist (vgl. für eine Untätigkeitsklage das Urteil des BFH vom 15. November 1962 IV 70/59 S, BFHE 76, 741, BStBl III 1963, 270, und den Beschluß des BFH vom 30. August 1967 VIB 63/67, BFHE 90, 95, BStBl III 1967, 786). Dem schließt sich der Senat auch für den vorliegenden Fall an.
Geht man davon aus, daß bei der Höhe der Gewinnanteile im vorliegenden Fall der normale Streitwert mit 30 v. H. der Gewinnanteile angesetzt werden müßte, so war der Streitwert auf 3 v. H. der Gewinnanteile festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 70675 |
BStBl II 1974, 746 |
BFHE 1975, 155 |