Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung von Zulassungsgründen bei ausgelaufenem Recht ‐ Grundsätzliche Bedeutung
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 16.02.2006; Aktenzeichen 3 K 2012/03) |
Tatbestand
Dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) wurde auf Grund von Maßnahmen der Steuerfahndung bekannt, dass der Kläger und Beschwerdeführer zu 1), der zusammen mit den weiteren Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) zur Vermögensteuer zu veranlagen war, Wertpapiere und Kapitalvermögen besaß. Das FA setzte daraufhin mit Bescheiden vom 19. November 2002 gegen die Kläger Vermögensteuer auf den 1. Januar 1993 fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit der Beschwerde begehren die Kläger Zulassung der Revision, weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukomme (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Der Vollzug des Vermögensteuergesetzes (VStG) in den Streitjahren habe an einem strukturellen Vollzugsdefizit gelitten. Weiter machen die Kläger Verfahrensmängel geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig; sie war daher zu verwerfen. Die Kläger haben die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der gesetzlich erforderlichen Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Die Vermögensteuer wird nicht mehr erhoben. Der Gesetzgeber hat von der Möglichkeit einer den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) genügenden Neuregelung des VStG innerhalb der im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655) gesetzten Frist keinen Gebrauch gemacht (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 18. Juni 1997 II B 33/97, BFHE 182, 379, BStBl II 1997, 515). Die Rechtssache betrifft somit auslaufendes bzw. ausgelaufenes Recht. Die Kläger haben keine besonderen Gründe geltend gemacht, die ausnahmsweise eine Abweichung von der Regel rechtfertigen, wonach Rechtsfragen, die solches Recht betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt (BFH-Beschlüsse vom 21. November 2003 III B 67/03, BFH/NV 2004, 336; vom 31. Januar 2005 III B 87/04, BFH/NV 2005, 906; vom 24. November 2005 II B 46/05, BFH/NV 2006, 587).
2. Die Beschwerde ist auch deswegen unzulässig, weil sich die Kläger nicht mit der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats auseinandergesetzt haben, wonach das BVerfG die Weitergeltung des VStG bis Ende 1996 angeordnet und damit die Berufung auf alle in der Entscheidung beanstandeten Verstöße des bis dahin geltenden Vermögensteuerrechts gegen die Grundrechte ausgeschlossen hat (so Entscheidungen des BFH vom 29. Oktober 1997 II B 67/97, BFH/NV 1998, 361; vom 19. Mai 1998 II B 14/98, BFH/NV 1998, 1275; vom 6. August 1998 II B 53/98, BFH/NV 1999, 228; vom 30. September 1998 II R 47/97, BFH/NV 1999, 452; vom 30. Juni 1999 II B 110/98, BFH/NV 1999, 1653; vom 23. Oktober 2000 II B 157/99, BFH/NV 2001, 498, sowie vom 12. Dezember 2003 II B 33/02, BFH/NV 2004, 677).
So fehlt es, soweit die Kläger die Verfassungswidrigkeit des VStG wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits geltend machen, an der erforderlichen Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das BVerfG leitet aus dem Verfassungsgebot der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) für Steuern, deren Festsetzung auf Steuererklärungen beruht, die Notwendigkeit ab, die Steuerpflichtigen nicht nur materiell-rechtlich gleichmäßig zu belasten, sondern auch einen gleichmäßigen Verwaltungsvollzug durch gesetzgeberische Maßnahmen abzustützen (Urteil vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654). Das BVerfG hat dies eingangs seiner Entscheidung in BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655 zum Prüfungsmaßstab gemacht und gleichwohl insoweit eine Verfassungswidrigkeit des VStG nicht festgestellt. Auch der BFH hat ausgesprochen, dass bei der Vermögensteuer die Funktion der Steuererklärungen auf Hauptveranlagungszeitpunkte, auch den Verwaltungsvollzug durch Neuveranlagungen auf jeweils vorausgegangene Stichtage und erst recht durch Nachveranlagungen auf derartige Stichtage zu ermöglichen, dem Gebot der Belastungsgleichheit entspreche (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 2005 II R 63/04, BFH/NV 2006, 1061; BFH-Beschluss vom 13. Juli 2005 II B 68/05, BFH/NV 2005, 1977). Die Kläger setzen sich hiermit nicht auseinander.
3. Soweit die Kläger die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) bzw. des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) rügen, ist die Beschwerde schon deswegen unzulässig, weil die Kläger nicht darlegen, dass sie den Verfahrensmangel gerügt haben oder warum ihnen eine Rüge nicht möglich war (vgl. BFH-Beschluss vom 9. September 2005 I B 40/05, BFH/NV 2006, 101, m.w.N.). Die Kläger rügen auch, dass das FG seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt habe (§ 96 Abs. 1 FGO). Dieser Verfahrensmangel ist aber weder schlüssig noch substantiiert dargelegt. Im Übrigen wird von einer weiteren Begründung insoweit abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. FGO).
Fundstellen