Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: fehlerhafte Rechtsanwendung; Voraussetzungen für die Darlegung von Verfahrensmängeln
Leitsatz (NV)
1. Wenden sich die Kläger gegen die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Tatsachenwürdigung und Beweiswürdigung und setzen ihre eigene Rechtsauffassung an die Stelle des FG, machen sie eine unzutreffende Rechtsanwendung durch das FG geltend und rügen mithin materiell-rechtliche Fehler, also die inhaltliche Richtigkeit des FG-Urteils, womit jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden kann.
2. Wird eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht als (verzichtbarer) Verfahrensmangel in Gestalt des Übergehens von Beweisanträgen gerügt, verliert der ‐ fachkundig vertretene ‐ Kläger sein Rügerecht schon durch rügelose Verhandlung zur Sache. Zudem ist darzutun, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 155; ZPO § 295
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 19.06.2008; Aktenzeichen 4 K 1228/05) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat, wie der Beklagte und Beschwerdegegner in der Beschwerdeerwiderung zutreffend geltend macht, das Vorliegen der behaupteten Zulassungsgründe --die Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) sowie die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO)-- lediglich pauschal behauptet, ohne deren Voraussetzungen im Einzelnen zu bezeichnen (s. dazu allg. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 25 f.). So hat die Klägerin weder einander widersprechende abstrakte Rechtssätze aus der angefochtenen Entscheidung der Vorinstanz einerseits und den angeblichen Divergenzentscheidungen andererseits gegenübergestellt noch dargelegt, aus welchen Gründen eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts im Streitfall erforderlich ist (s. hierzu Gräber/Ruban, a.a.O., Rz 32 f., 38). Die Klägerin wendet sich nach dem sachlichen Gehalt ihres Beschwerdevorbringens vielmehr nur gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Finanzgerichts (FG) und setzt ihre eigene Rechtsauffassung an die Stelle des FG; mit der darin liegenden Rüge einer fehlerhaften Rechtsanwendung kann die Klägerin im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden (z.B. BFH-Beschluss vom 4. Juni 2003 IX B 29/03, BFH/NV 2003, 1212).
Soweit die Klägerin vorträgt, das FG sei einem Beweisantrag über die Inaugenscheinnahme des maßgeblichen Immobilienobjekts nicht gefolgt und habe deshalb gegen die Sachaufklärungspflicht verstoßen, kann sie mit ihrer Rüge schon deshalb nicht gehört werden, weil die insoweit einschlägige Norm des § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung die Prozessbeteiligten --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten können (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung (vgl. § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4, § 164 ZPO) ergibt sich nicht, dass das Übergehen von Beweisanträgen gerügt worden ist. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem FG die Protokollierung einer entsprechenden Rüge verlangt und --im Falle der Weigerung des Gerichts, die Protokollierung vorzunehmen-- eine Protokollberichtigung beantragt worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 9. November 1999 II B 14/99, BFH/NV 2000, 582, m.w.N.). Die Beschwerdebegründung lässt darüber hinaus nicht erkennen, weshalb sich dem FG auf der Grundlage seines materiell-rechtlichen Standpunktes eine weitere Sachverhaltsaufklärung auch ohne entsprechende Beweisanträge hätte aufdrängen müssen (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, m.w.N.).
Mit der weiteren Behauptung, die Vorentscheidung gehe von einer "unrichtigen Sachverhaltsdarstellung" aus, wird kein Verfahrensverstoß i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO hinreichend bezeichnet.
Fundstellen