Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Form der Begründung einer auf§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gestützten NZB

 

Leitsatz (NV)

1. Das finanzbehördliche Verhalten ist kein Zulassungsgrund i. S. des § 115 Abs. 2 FGO.

2. Das Absehen vom Erlaß eines Versäumnisurteils ist kein Verfahrensfehler i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.

3. Soweit Verfahrensfehler geltend gemacht werden, insbesondere die Versagung rechtlichen Gehörs, ist darzulegen, wozu der Kl. sich nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2, 3 S. 3

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhobene Klage, betreffend Umsatzsteuer 1979, wurde vom Finanzgericht (FG) mit der Begründung abgewiesen, die umstrittene Vorsteuer könne nicht für das Streitjahr, sondern - wenn überhaupt - allenfalls für das Jahr 1980 berücksichtigt werden, weil der Kläger nach seinem Vorbringen die betreffende Umsatzsteuer (Vorsteuer) erstmals mit der Provisionsabrechnung vom 9. Januar 1980 in Rechnung gestellt habe. Das Urteil enthält keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision. Es wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit Postzustellungsurkunde durch Niederlegung beim Postamt am 16. August 1986 zugestellt.

Hiergegen hat der Kläger Revision (V R 100/86) und Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt; letztere, der vom FG nicht abgeholfen worden ist, ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) habe gegen Treu und Glauben verstoßen. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers sei mehrfach mit allen Unterlagen beim FA gewesen. Auch sei wegen aller Jahre mit abweichenden Steuerfestsetzungen Einspruch eingelegt worden, u. a. bezüglich des Jahres 1980. Im übrigen nehme er auf die Begründung der Revision - im selben Schriftsatz - Bezug.

Zur Begründung der Revision macht der Kläger geltend, die mündliche Verhandlung am 16. Juli 1986 sei eine Farce gewesen. Die Verhandlung habe nicht, wie angesetzt, um 10.15 Uhr, sondern erst gegen 10.45 Uhr begonnen. Der für das FA auftretende Beamte habe für die Streitsache keine Vollmacht gehabt. Unter diesen Umständen hätte ordnungsgemäß ein Versäumnisurteil ergehen müssen, mit dem der Klage im vollen Umfang stattzugeben gewesen wäre. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers sei vom Vorsitzenden dreimal angehalten worden, aus Kostenersparnisgründen die Klage zurückzunehmen. Auf die kurzen Einwendungen des Prozeßbevollmächtigten habe der Vorsitzende nur abgewinkt. Die übrigen Richter hätten überhaupt nicht gesprochen. Der Berichterstatter habe auch nicht den wesentlichen Akteninhalt vorgetragen. Es sei überhaupt nicht verhandelt worden, sondern das Gericht habe die Verhandlung beendet.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig; sie war zu verwerfen.

Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden (§ 115 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Als Beschwerdegründe kommen die Gründe in Betracht, derentwegen die Revision nach dem Gesetz zuzulassen ist. Gemäß § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann.

In der Beschwerdeschrift - bzw. in einem innerhalb der Beschwerdefrist einzureichenden weiteren Schriftsatz - muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Diesen formellen Anforderungen genügen die Ausführungen zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Das finanzbehördliche Verhalten ist kein Zulassungsgrund i. S. des § 115 Abs. 2 FGO. Das Absehen vom Erlaß eines Versäumnisurteils ist kein Verfahrensfehler; denn die FGO sieht Versäumnisurteile nicht vor. Soweit der Kläger sonst Verfahrensfehler geltend macht, insbesondere sich auf die Versagung rechtlichen Gehörs berufen will (vgl. hierzu BFH-Beschluß vom 16. Januar 1986 III B 71/84, BFHE 145, 497, BStBl II 1986, 409), hätte der Kläger darlegen müssen, wozu er sich nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414965

BFH/NV 1988, 236

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