Entscheidungsstichwort (Thema)
USt wegen Sachzuwendungen an Arbeitnehmer; gesetzliche Form der Begründung einer NZB
Leitsatz (NV)
Zu den Anforderungen an die gesetzliche Form der Begründung der NZB, wenn bei der Festsetzung von USt wegen Sachzuwendungen an Arbeitnehmer (Pkw-Überlassung für Privatfahrten) geltend gemacht werden soll:
a) die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung,
b) die Vorentscheidung weiche von den BFH-Urteilen vom 7. Mai 1981 V R 47/76 (BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495) und vom 6. Juni 1984 V R 33/83 (BFHE 141, 355, BStBl II 1984, 686) ab und beruhe auf dieser Abweichung.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3; UStG 1967/73 § 1 Abs. 1 Nr. 1; UStG 1967/73 § 10
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Umsatzbesteuerung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klin.) für die Jahre 1974 bis 1977 wegen der den Arbeitnehmern in Gestalt von dienstvertraglich vorgesehener Pkw-Überlassung gewährten Sachzuwendungen. Nach den Dienstverträgen waren die Mitarbeiter berechtigt, den ihnen zur Verfügung gestellten Pkw in dem Umfang für Privatfahrten zu nutzen, wie dies durch den Geschäftsführer der Klin. festgelegt wurde. Entgegen der Vertragsklausel liegen Abreden über Art und Umfang der Nutzung nicht vor.
Im ersten Rechtsgang gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit der Begründung statt, es sei nicht festzustellen, daß die Klin. mit der Pkw-Überlassung zur privaten Nutzung eine Vergütung für geleistete Dienste gewährt habe.
Auf die Revision des Beklagten und Beschwerdegegners (das Finanzamt - FA -) verwies der BFH die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG mit der Begründung zurück, die Vorentscheidung stehe in einem inhaltlichen Widerspruch zur Senatsrechtsprechung, insbesondere zu den Grundsätzen im BFH-Urteil vom 7. Mai 1981 V R 47/76 (BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495). Es sei zwischen der objektiven Feststellbarkeit einer Gegenleistung und ihrer Bemessung zu unterscheiden. Ständen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers einerseits und Lohnzahlung sowie sonstige Zuwendungen des Arbeitgebers andererseits als gegenseitige rechtliche Verpflichtungen und Berechtigungen einander derart gegenüber, daß auch die sonstigen betrieblichen Zuwendungen des Arbeitgebers eine Vergütung für geleistete Dienste seien, erbringe der Arbeitgeber außer seiner Geldleistung eine Sachleistung in Gestalt der betrieblichen Sachzuwendung, die eine entgeltliche Leistung i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1967) sei. Hiervon zu unterscheiden sei die Frage der Bewertung des die Gegenleistung darstellenden Arbeitsanteils. Bei freiwilligen Sachzuwendungen sei es dagegen unmöglich, einen ideellen Arbeitsanteil zu bestimmen, in dem die Gegenleistung gesehen werden könnte (BFH-Beschluß vom 17. September 1981 V B 43/80, BFHE 134, 65, BStBl II 1981, 775).
Mit der erneuten Entscheidung hat das FG die Klage überwiegend abgewiesen, und zwar mit der Begründung, die Klin. habe mit der PKW-Überlassung steuerpflichtige Umsätze ausgeführt, die vom FA überwiegend auch zutreffend bemessen worden seien. - Die Revisionszulassung ist vom FG ausdrücklich abgelehnt worden.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde, der vom FG nicht abgeholfen worden ist, macht die Klin. geltend, es lägen die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz vor (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO). Im vorliegenden Rechtsstreit gehe es um die Frage, ob eine Duldung der Nutzung von arbeitgebereigenen Fahrzeugen durch Arbeitnehmer für private Zwecke im Rahmen eines umsatzsteuerrechtlichen Leistungsaustausches stattfinde. Dies sei höchstrichterlich noch nicht für den Fall entschieden, daß zwar im Arbeitsvertrag die Duldung der privaten Nutzung erklärt, aber keine Regelungen über Art und Umfang sowie darüber getroffen worden seien, ob neben dem Barlohn zusätzlicher Sachlohn gewährt werde. Grundsätzliche Bedeutung liege vor; denn eine diesbezügliche Entscheidung des BFH liege aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtseinheitlichkeit und der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse. Hiervon würden alle Arbeitgeber berührt, die unter Konstellationen wie im vorliegenden Fall die private Nutzung ihrer Fahrzeuge duldeten.
Es sei auch der Zulassungsgrund der Divergenz gegeben. Die Vorentscheidung weiche einmal vom Urteil in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 ab. Im ersten Rechtsgang sei der BFH zu der Auffassung gelangt, daß die seinerzeitige Vorentscheidung in einem inhaltlichen Widerspruch zu dem zitierten BFH-Urteil stehe, und habe dem FG aufgegeben, den Rechtsgrundsätzen des zitierten Urteils nachzugehen. Dem sei das FG nicht nachgekommen. Es habe keine diesbezügliche Prüfung vorgenommen und keine entsprechenden Feststellungen getroffen, sondern habe sich mit Vermutungen und bloßen Annahmen begnügt. Mithin weiche auch das neue FG-Urteil von der zitierten Entscheidung des BFH ab.
Eine Abweichung der Vorentscheidung sei zum anderen im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 6. Juni 1984 V R 33/83 (BFHE 141, 355, BStBl II 1984, 686) gegeben. In dieser Entscheidung habe der BFH der Vorinstanz vorgehalten, nicht festgestellt zu haben, ob zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Gewährung eines zusätzlichen Sachlohnes vereinbart worden sei. Im Gegensatz zum Entscheidungsfall stehe hier fest, daß es an der vom BFH für das Vorhandensein eines Leistungsaustausches geforderten Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer fehle. Das FG-Urteil weiche mithin ohne nachvollziehbaren Grund auch von dieser Entscheidung ab.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig; die Klin. hat die formellen Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht erfüllt.
1. Die Beschwerde, mit der die Nichtzulassung der Revision selbständig angefochten werden kann (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO), läßt sich nur auf diejenigen Gründe stützen, derentwegen ein FG die Revision zulassen darf (§ 115 Abs. 1, 2 und 3 Satz 3 FGO), d. h. u. a. darauf, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder daß das Urteil von einer Entscheidung des BFH abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO). In formeller Hinsicht wird insoweit vom Gesetz gefordert, daß in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt bzw. die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, bezeichnet wird (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
2. Soweit sich die Klin. auf grundsätzliche Bedeutung beruft, erfüllt die Beschwerdeschrift nicht die formellen Anforderungen.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist unter grundsätzlicher Bedeutung zu verstehen, daß die im Revisionsverfahren zu erwartende Entscheidung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit bzw. der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605, m.w.N.). Zur Darlegung dessen bedarf es substantiierter und konkreter Angaben darüber, aus welchen Gründen das Interesse der Allgemeinheit an Rechtssicherheit, Rechtseinheitlichkeit und Rechtsentwicklung berührt sein soll (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 115 FGO Rdnr. 88).
Diese Anforderungen werden von der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht erfüllt. Die Klin. hat in erster Linie geltend gemacht, daß auch das im zweiten Rechtsgang ergangene FG-Urteil rechtsfehlerhaft sei. Darin liegt keine Darlegung einer über den Einzelfall hinausgehenden grundsätzlichen Bedeutung. Nicht anders verhält es sich mit dem Hinweis der Klin. darauf, daß noch keine einschlägige höchstrichterliche Entscheidung vorliege. Nicht alles ist von grundsätzlicher Bedeutung, wozu noch keine Entscheidung des BFH ergangen ist (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 115 FGO Rdnr. 56). Soweit die Klin. geltend macht, ein Interesse an der zu erwartenden Entscheidung sei bei einem großen Kreis von Steuerpflichtigen vorhanden, nämlich bei den Arbeitgebern, die unter Konstellationen wie im vorliegenden Fall eine private Nutzung ihrer Fahrzeuge duldeten, ist eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung ebenfalls nicht dargetan, insbesondere nicht unter dem Aspekt der Maßgeblichkeit der zu beantwortenden Rechtsfrage für eine größere Zahl entsprechender Steuerfälle. Weder hat die Klin. substantiiert vorgebracht, daß die bei ihr gegebene, ganz außergewöhnliche dienstvertragliche Regelung der privaten Benutzung von firmeneigenen PKWs durch Arbeitnehmer häufig anzutreffen wäre, noch sind sonst Umstände ersichtlich, die eine solche Annahme rechtfertigen oder zuließen.
3. Soweit die Klin. Divergenz zum Senatsurteil in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 geltend macht, genügt die Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls nicht den formellen Anforderungen. In dieser Hinsicht hätte die Klin. abstrakte Rechtssätze aus der Vorentscheidung und der BFH-Entscheidung einander gegenüberstellen müssen, aus denen sich die von der Klin. angenommene Abweichung ergeben soll (vgl. BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
Die Herausarbeitung eines abstrakten Rechtssatzes kann allenfalls für die Senatsentscheidung in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 angenommen werden, und zwar auch nur dann, wenn man die auf die anschließend zu behandelnde Entscheidung (BFHE 141, 355, BStBl II 1984, 686) bezogenen Bemerkungen in der Beschwerdeschrift des Inhalts mitberücksichtigt, daß auch in dieser Entscheidung der BFH der Vorinstanz angelastet habe, nicht festgestellt zu haben, ob zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern eine Vereinbarung darüber getroffen worden sei, daß als Vergütung für geleistete Dienste zusätzlich ein Sachlohn gewährt werden solle. Dagegen fehlt es an der Darlegung eines divergierenden abstrakten Rechtssatzes für die Vorentscheidung. In Beziehung auf diese hat die Klin. lediglich geltend gemacht, daß das FG seiner Prüfungs- und Feststellungspflicht nicht nachgekommen sei.
4. Nicht anders verhält es sich, soweit die Klin. Divergenz in Beziehung auf das Urteil in BFHE 141, 355, BStBl II 1984, 686 geltend gemacht hat. Insoweit kann zwar aufgrund der Ausführungen der Klin. davon ausgegangen werden, daß sie der zitierten Entscheidung einen Rechtssatz des Inhalts entnimmt, Steuerbarkeit liege nur vor, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen zusätzlichen Sachlohn vereinbart haben. Dem ist jedoch nicht ein die Divergenz ergebender Rechtssatz für die Vorentscheidung gegenübergestellt worden, sondern nur die Darlegung der Ansicht der Klin., daß das FG die arbeitsrechtliche Sach- und Rechtslage nicht zutreffend gewürdigt habe.
Fundstellen