Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Umsätzen einer Dozentin an einer Volkshochschule
Leitsatz (NV)
Die Zulassung der Revision wegen der Rechtsfrage, ob Privatlehrer an einer Volkshochschule steuerfreie Umsätze ausführen und sich dafür unmittelbar auf Vorschriften des Gemeinschaftsrechts berufen dürfen, kann nur dann erreicht werden, wenn in der Beschwerdeschrift dargelegt wird, dass die Fragen in dem angestrebten Revisionsverfahren klärbar und klärungsbedürftig sind.
Normenkette
UStG 1993 § 4 Nr. 21; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j
Tatbestand
1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist als Graphikerin selbständig tätig. Im Streitjahr 1996 führte sie als freie Mitarbeiterin an der Volkshochschule in X einen Kurs "Malen und Zeichnen für Kinder" durch, bei dem neben Farbübungen und dem Umgang mit verschiedenen Materialien das Naturstudium im Mittelpunkt stand. Die durch diese Tätigkeit erzielten Umsätze besteuerte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) und wich dadurch von der Beurteilung der Klägerin in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für das II. Kalendervierteljahr für 1996 ab.
Den Einspruch der Klägerin wies das FA zurück und führte in der Einspruchsentscheidung u.a. aus, die Klägerin könne sich nicht auf § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1993 berufen, weil danach nur die bezeichneten Einrichtungen steuerfreie Umsätze ausführten (Buchst. a) und weil sie, die Klägerin, keine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde über die Voraussetzungen der Steuerbefreiung vorgelegt habe (Buchst. b).
Während des Klageverfahrens reichte die Klägerin die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 1996 ein, in der sie die bezeichneten Umsätze als steuerfrei behandelte und der das FA zustimmte. Nachdem das FA aber angekündigt hatte, dass es die Umsatzsteuerfestsetzung für 1996 ändern und die streitigen Umsätze besteuern wolle, begehrte die Klägerin die Feststellung, dass der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das II. Kalendervierteljahr 1996 rechtswidrig sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es führte aus, der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das II. Kalendervierteljahr 1996 sei nicht rechtswidrig. Die Umsätze aus der Tätigkeit an der Volkshochschule seien, so führte das FG u.a. weiter aus, mit dem allgemeinen Steuersatz zu besteuern. Die für die Einspruchsentscheidung maßgebende Rechtsauffassung des FA entspreche der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Dieser habe zu § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG 1993 entschieden (BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 XI R 68/97, BFH/NV 1999, 81), dass natürliche Personen nicht begünstigt seien. Dies treffe auch für die nach dem Wortlaut vergleichbare Vorschrift des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG 1993 zu. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Anwendung von Abschn. 112a der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 1996 berufen, weil sie die darin vorausgesetzte Bescheinigung nicht vorgelegt habe.
Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Abweichung der Vorentscheidung von den BFH-Urteilen in BFH/NV 1999, 81 und vom 27. August 1998 V R 73/97 (BFHE 187, 60, BStBl II 1999, 376). In beiden Urteilen weise der BFH darauf hin, dass sich der Steuerpflichtige unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen könne. Dies habe die Klägerin getan.
Außerdem sei zu prüfen, ob die Revision nicht auch wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen sei.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat Zulassungsgründe nicht in der von § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 i.V.m. Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgeschriebenen Form vorgebracht.
a) Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil die Klägerin nur eine Prüfung durch das Revisionsgericht angeregt hat, ob Privatlehrer an einer Schule steuerfreie Umsätze ausführten.
Die Zulässigkeit der Beschwerde, mit der die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache begehrt wird, setzt aber voraus, dass der Beschwerdeführer zunächst eine bestimmte Rechtsfrage bezeichnet und sodann konkret darauf eingeht, weshalb diese Frage einer einheitlichen Anwendung und Fortentwicklung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf (BFH-Beschlüsse vom 3. Dezember 1998 V B 101/98, BFH/NV 1999, 794; vom 10. Dezember 1998 VIII B 56/98, BFH/NV 1999, 804, und vom 4. August 1999 VIII B 77/99, BFH/NV 2000, 71). Es muss weiter dargelegt werden, dass die herausgestellte Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsbedürftig und auch klärbar ist. Fehlt es ―wie im Streitfall― hieran, so ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in statthafter Form geltend gemacht worden.
b) Die Revision ist auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen Abweichung der Vorentscheidung von Grundsätzen in den bezeichneten Urteilen des BFH zuzulassen.
Insoweit genügt die Beschwerde nicht den Anforderungen, die nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO zur Darlegung der Abweichung erfüllt werden müssen. Die Klägerin bezeichnet keinen entscheidungserheblichen Rechtssatz aus dem angefochtenen finanzgerichtlichen Urteil, der mit einem hervorgehobenen abstrakten Rechtssatz aus den bezeichneten Entscheidungen des BFH unvereinbar wäre. Eine Gegenüberstellung unvereinbarer Rechtssätze, aus denen die Abweichung erkennbar wird, ist aber zur Darlegung einer Divergenz erforderlich (BFH-Beschlüsse vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418; vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Die Klägerin behauptet eine Abweichung nur; denn ihr Vorbringen ergibt nicht, worin das FG, das sich bei seiner Entscheidung auf Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung stützt, von Grundsätzen dieser Rechtsprechung abweicht. Die Auslegung des Vorbringens der Klägerin lässt erkennen, dass sie sich nur gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung wende. Sie ist der Ansicht, das FG habe sich auf die bezeichnete Rechtsprechung des BFH bezogen, obwohl die darin zu beurteilenden Sachverhalte mit dem Streitfall nicht vergleichbar seien. Sie erläutert auch nicht, weshalb der Hinweis in der Vorentscheidung auf die Ausführungen des BFH in BFH/NV 1999, 81 zur unmittelbaren Anwendung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO darstellen soll. Vielmehr bringt das FG in der Vorentscheidung zum Ausdruck, dass es der BFH-Entscheidung in der Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit der erwähnten Vorschrift folgt.
3. Im Übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.
Fundstellen