Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretungszwang; keine nachträgliche Genehmigung unwirksamer Prozeßhandlung
Leitsatz (NV)
1. Das Erfordernis, sich vor dem Bundesfinanzhof durch Angehörige bestimmter Berufsgruppen vertreten lassen zu müssen, stellt eine Prozeßhandlungsvoraussetzung dar. Fehlt sie, so ist die betreffende Prozeßhandlung, insbesondere die Einlegung eines Rechtsmittels, wegen fehlender Postulationsfähigkeit unwirksam.
2. Eine mangels ordnungsgemäßer Vertretung unwirksame Prozeßhandlung kann zwar durch einen zugelassenen Vertreter wiederholt werden. Die Wiederholung hat jedoch nur Wirkung für die Zukunft. Die nachträgliche Genehmigung der Prozeßhandlung durch einen zugelassenen Vertreter wirkt auch nicht auf den Zeitpunkt der erstmaligen Vornahme der Prozeßhandlung zurück.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 Sätze 1-2; FGO § 56 Abs. 1-2, § 115 Abs. 3 S. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist durch Beschluß zu verwerfen (§132 der Finanzgerichtordnung -- FGO --).
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben sich innerhalb der Beschwerdefrist weder durch einen postulationsfähigen Vertreter vertreten lassen, noch ist die Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist entsprechend den gesetzlichen Anforderungen begründet worden.
1. a) Nach Art. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) muß sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) -- soweit hier von Interesse -- jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigter vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Revision sowie der Beschwerde.
Das Erfordernis, sich durch einen Angehörigen der genannten Berufsgruppen vertreten zu lassen, ist eine Prozeßhandlungsvoraussetzung. Fehlt sie, ist die betreffende Prozeßhandlung, insbesondere die Einlegung eines Rechtsmittels, wegen fehlender Postulationsfähigkeit unwirksam (vgl. BFH-Beschluß vom 7. Februar 1977 IV B 62/76, BFHE 121, 171, BStBl II 1977, 291 unter Ziff. 1 der Gründe, ständige Rechtsprechung).
Im Streitfall ist die Beschwerde nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Die am 9. Februar 1998 eingereichte Beschwerdeschrift vom 5. Februar 1998 ist nicht von einer Person unterzeichnet worden, die zu dem nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG vertretungsberechtigten Personenkreis gehört.
b) Die nachträgliche Genehmigung der Beschwerdeeinlegung durch einen postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten vermag den Mangel der unwirksamen Einlegung durch die Kläger nicht zu beheben. Eine mangels ordnungsgemäßer Vertretung unwirksame Prozeßhandlung kann zwar durch einen zugelassenen Vertreter wiederholt werden. Dies hat jedoch nur Wirkung für die Zukunft. Ebenso wirkt auch eine nachträgliche Genehmigung der Prozeßhandlung durch einen zugelassenen Vertreter nicht auf den Zeitpunkt der ersten Vornahme der Prozeßhandlung zurück. Ein Rechtsmittel kann deshalb erst vom Zeitpunkt des Auftretens eines zugelassenen Bevollmächtigten als eingelegt angesehen werden (vgl. BFHE 121, 171, BStBl II 1977, 291 unter Ziff. 2 a der Gründe).
Im Streitfall hat zwar der Prozeßbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 10. Juni 1998 angezeigt, die Kläger zu vertreten. Indes läge, sofern von einer darin (stillschweigend) zum Ausdruck gebrachten Genehmigung der von den Klägern ursprünglich persönlich eingelegten Beschwerde ausgegangen werden würde, eine Genehmigung offensichtlich außerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist (vgl. §115 Abs. 3 Satz 1 FGO). Die Beschwerdefrist hat mit Zustellung des angefochtenen Urteils des Finanzgerichts am 8. Januar 1998 begonnen.
c) Eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Beschwerdefrist kommt gleichfalls nicht in Betracht.
Die Wiedereinsetzung setzt voraus, daß jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten (§56 Abs. 1 FGO). Eine Fristversäumung kann nur dann als entschuldigt angesehen werden, wenn sie durch die äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert werden konnte (BFHE 121, 171, BStBl II 1977, 291 unter Ziff. 3 der Gründe, m. w. N.).
An der danach zu verlangenden Sorgfalt haben es die Kläger fehlen lassen. Aus der im angefochtenen Urteil enthaltenen Rechtsmittelbelehrung geht eindeutig die Notwendigkeit hervor, sich vor dem BFH im Beschwerdeverfahren durch bestimmte Berufsangehörige vertreten zu lassen. Diese Notwendigkeit einer Prozeßvertretung ist auch für die Kläger als Laien klar erkennbar gewesen. In der Beschwerdeschrift haben sie überdies angekündigt, sich durch einen Spezialanwalt vertreten zu lassen.
Schließlich haben auch die Prozeßbevollmächtigten nach Übernahme des Mandats keinen Antrag auf Wiedereinsetzung binnen der Frist von zwei Wochen gestellt (vgl. §56 Abs. 2 Satz 1 FGO).
2. Die Beschwerde ist gleichfalls deshalb unzulässig, weil die Kläger innerhalb der Beschwerdefrist keine, den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Zulassungsgründe dargetan haben (vgl. §115 Abs. 3 Satz 1 und 3, Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO).
Die Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht verlängerungsfähig (vgl. BFH-Beschluß vom 8. Dezember 1994 IV B 7/94, BFH/NV 1995, 678 unter Ziff. 1 der Gründe, m. w. N.).
Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 BFHEntlG nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 154002 |
BFH/NV 1999, 634 |