Entscheidungsstichwort (Thema)
Behauptung der ausschließlich unternehmerischen Nutzung eines PKW
Leitsatz (NV)
1. Beim Nachweis, dass nach der Regelung des § 15 Abs. 1b UStG a.F. (sog. 50% Pauschalierung) der Stpfl. seinen PKW "nicht auch für den privaten Bedarf oder für andere unternehmensfremde Zwecke" genutzt hat, ist zu berücksichtigen, dass nach der BFH-Rechtsprechung ein Anscheinsbeweis dafür besteht, dass ein PKW typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Zwecke verwendet wird.
2. Die Frage, ob es dem Stpfl. gelungen ist, diesen Anscheinsbeweis zu entkräften, hat das FG aufgrund einer Tatsachenwürdigung zu klären, die grundsätzlich dem Bereich der Beweiswürdigung zuzuordnen ist, die nur ausnahmsweise als Verfahrensfehler zur Zulassung der Revision führt.
3. Eine ausschließliche Nutzung für das Unternehmen des Stpfl. liegt nicht vor, wenn es umfangreich für das Unternehmen seiner Ehefrau eingesetzt wurde.
Normenkette
UStG 1999 § 15 Abs. 1b; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Streitjahr 2002 als Unternehmensberater tätig und betrieb daneben ein Inkassobüro. Die Ehefrau des Klägers war Geschäftsführerin einer Handwerksfirma.
Der Kläger machte nach der Regelung des § 15 Abs. 1 b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1999 den ungekürzten Vorsteuerabzug aus der Anschaffung eines PKW geltend mit der Begründung, er habe das Fahrzeug ausschließlich unternehmerisch genutzt. Aus seinem Fahrtenbuch ergebe sich, dass er bei einer Gesamtfahrleistung von 48 084 km lediglich als privat anzusehende Werkstattfahrten von 189 km durchgeführt habe, jedoch keinerlei sonstige private Fahrten. Bei seinem Organisationsgeschick habe er Einkaufsfahrten stets mit Dienstfahrten verknüpft.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) erkannte den Vorsteuerabzug nur zur Hälfte an. Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 638 veröffentlichten Gründen ab. Das FG führte aus, nach der Ermächtigung des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 28. Februar 2000 sei die Vorsteuerbegrenzung für gemischt genutzte Fahrzeuge auf 50 % nach § 15 Abs. 1 b UStG 1999 im Streitjahr 2002 anzuwenden. Die Vorsteuer sei zu begrenzen, weil der Kläger die ausschließlich unternehmerische Nutzung des Fahrzeugs nicht nachgewiesen habe. Das vom Kläger geführte Fahrtenbuch sei nicht ordnungsgemäß, da zum Teil der Kilometerstand bei Fahrtbeginn nicht aufgezeichnet wurde, weil Kunden oder Geschäftspartner nicht näher bezeichnet waren und der Gegenstand der Dienstreisen nur ansatzweise erkennbar sei. Auch bei Verbindung mehrerer beruflicher Fahrten zu einer Reise seien die einzelnen Geschäftspartner nicht aufgezeichnet worden. Ein beantragter Schriftsatznachlass für weitere Angaben und Erläuterungen zu den besuchten Kunden sei nicht zu gewähren, weil die im Fahrtenbuch erforderlichen Aufzeichnungen nicht beliebig ergänzt werden könnten. Bedenken an den Eintragungen im Fahrtenbuch ergäben sich weiter hinsichtlich der an den Feiertagen aufgezeichneten Geschäftsfahrten sowie aus der Angabe des Klägers, er habe Einkaufsfahrten planmäßig mit Geschäftsreisen verbunden. Zudem seien die in der Einkommensteuererklärung zunächst als Sonderausgabe angegebenen Fahrten zu psychotherapeutischen Ausbildungsseminaren als nichtunternehmerisch anzusehen. Auch wenn psychologische Kenntnisse für seine Inkassotätigkeit nützlich seien, fehle es an einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbarem Zusammenhang mit künftigen Umsätzen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der auf Verfahrensfehler und Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützten Nichtzulassungsbeschwerde. Zur Begründung führt der Kläger aus, die Entscheidung des FG sei unrichtig, weil er den PKW ausschließlich zu beruflichen Zwecken genutzt habe. Es sei Aufgabe des Bundesfinanzhofs (BFH), die materiell-rechtlichen Mängel des FG-Urteils zu überprüfen und das Verfahren an das FG zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen. Das FG habe das rechtliche Gehör verletzt, weil es nicht seinem, des Klägers, Antrag stattgegeben habe, die Namen der Mandanten und Schuldner im Geschäftskalender zu prüfen. Es habe weiterhin nicht gewürdigt, dass seine Ehefrau in der mündlichen Verhandlung bekundet habe, aus versicherungstechnischen Gründen habe sie niemals den PKW des Klägers genutzt. Das FG sei auch außerstande gewesen, die Tatsache zu berücksichtigen, dass seine Ehefrau als Geschäftsführerin einer Handwerksfirma sechs Baustellen bundesweit zu betreuen und Fahrtstrecken von mehr als 1 000 km täglich zurückzulegen gehabt habe. Diese beruflichen Fahrten der Ehefrau seien ausschließlich mit (dem) seinem, des Klägers, PKW erfolgt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen diese Voraussetzungen dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO), was nicht der Fall ist.
a) Es ergibt keinen Verfahrensmangel, dass es das FG abgelehnt hat, einen Schriftsatznachlass zur Angabe von Namen und Anschriften der besuchten Kunden zu gewähren mit der Begründung, dies laufe auf eine nachträgliche Ergänzung des Fahrtenbuches hinaus. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann ein Verfahrensmangel nur dann mit Erfolg gerügt werden, wenn es auf die fraglichen, nicht weiter aufgeklärten Tatumstände nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts auch ankommt (z.B. BFH-Beschlüsse vom 4. April 2003 V B 145/02, BFH/NV 2003, 1096; vom 30. April 2002 VI B 298/01, BFH/NV 2002, 1166; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 226 und 228; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 115). Das FG hat jedoch seine materiell-rechtliche Rechtsaufassung begründet, weshalb es eine nachträgliche Ergänzung der Eintragungen im Fahrtenbuch oder von Beweisaufnahmen zur Ermittlung der besuchten Kunden abgelehnt hat.
b) Es reicht auch nicht als hinreichend konkrete Darlegung eines Verfahrensfehlers aus, wenn der Kläger rügt, dass das FG "die verfahrenserheblichen Tatsachen nicht erhellt und so zu einem falschen Ergebnis" gelangt ist. Nach der Regelung des § 15 Abs. 1 b UStG 1999 war der Vorsteuerabzug nur dann uneingeschränkt zu gewähren, wenn das Fahrzeug "nicht auch für den privaten Bedarf des Unternehmers oder für andere unternehmensfremde Zwecke" verwendet wurde. Nach der Rechtsprechung des BFH gilt jedoch der Anscheinsbeweis, dass ein Kfz typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Zwecke genutzt wird (BFH-Entscheidungen vom 10. Juli 1986 IV R 245/84, BFH/NV 1987, 27; vom 28. November 1990 X R 119/88, BFH/NV 1991, 306; vom 14. Mai 1999 VI B 258/98, BFH/NV 1999, 1330; vom 13. Februar 2003 X R 23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472; vom 11. Juli 2005 X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801). Es war daher Sache des Klägers, diesen Anscheinsbeweis durch geeigneten Sachvortrag zu erschüttern oder zu entkräften. Die Frage, ob die Entkräftung des für eine private Kfz-Nutzung sprechenden Anscheinsbeweises im Streitfall gelungen ist oder nicht, hat das FG aufgrund einer umfassenden Beweiswürdigung als Tatsachengericht zu klären, was dem Bereich der Beweiswürdigung --und nicht des Verfahrensfehlers-- zuzuordnen ist (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2006 VI B 20/06, BFH/NV 2007, 716).
c) Die Rüge, eine Beweiswürdigung sei fehlerhaft, kann einen Verfahrensverstoß allenfalls dann ergeben, wenn die Beweiswürdigung des FG gegen Denkgesetze verstößt. Dies ist aber nicht der Fall, wenn das FG, wie vorliegend, seine Überzeugung nicht unerheblicher nichtunternehmerischer Fahrzeugnutzung des Klägers aufgrund der als private Nutzung einzuordnende Teilnahme an Kursen der Psychotherapie, aufgrund der planmäßigen Verknüpfung von Einkaufsfahrten mit Dienstreisen und wenig aussagekräftigen Aufzeichnungen in einem Fahrtenbuch gewinnt.
Soweit der Kläger als Beleg für eine ausschließlich unternehmerische Nutzung seines "Betriebs-PKW" vorträgt, dieser sei auch durch seine Ehefrau (als Geschäftsführerin einer Handwerksfirma) zur Betreuung von bis zu sechs Baustellen bundesweit mit "mehr als 1000 km/Arbeitstag" genutzt worden, folgt daraus, das der "Betriebs-PKW" des Klägers insoweit (offenbar umfangreich) gerade nicht für Zwecke seines Unternehmens eingesetzt wurde.
Fundstellen