Leitsatz (amtlich)
Auch nach § 40 der Ersten Wasserverbandverordnung vom 3. September 1937, RGBl. I S. 933, sind nur solche Grundstückskäufe steuerfrei, die unmittelbar dem begünstigten Zwecke dienen.
Normenkette
WVVO § 40
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.), ein Wasser- und Bodenverband im Sinne der Ersten Verordnung über Wasser- und Bodenverbände (Erste Wasserverbandverordnung) vom 3. September 1937, Reichsgesetzblatt (RGBl.) I S. 933, beansprucht Befreiung von der Grunderwerbsteuer für den Ankauf von Parzellen, die als Tauschflächen für unmittelbar benötigte Grundstücke aus privater Hand bestimmt sind. Er bezieht sich hierfür auf § 40 Absatz 1 Buchst. a. a. O. Der zuständige Regierungspräsident als Aufsichtsbehörde hat bescheinigt, daß der Erwerb dieser Grundstücke zur Durchführung der Aufgaben des Bf. dient (vgl. § 40 Absatz 2 a. a. O.). Die Vorinstanz hat die Steuerbefreiung versagt. Sie bejaht das Recht der Finanzverwaltung, im Falle der Abgabe einer Bescheinigung der Aufsichtsbehörde in eine sachliche Prüfung einzutreten, da die Steuerbehörden durch diese Bescheinigung nur in tatsächlicher, nicht auch rechtlicher Hinsicht gebunden würden, zumal nach § 40 Absatz 2 a. a. O. bei Vorliegen einer Bescheinigung die Steuerbehörden eine Steuerbefreiung ohne Nachprüfung zugestehen "könnten", nicht aber "müßten". Ständiger Rechtsprechung entspreche es weiterhin, in Fällen, in denen die Steuerbefreiung bei der Grunderwerbsteuer von einer Zweck- (Verwendungs-) Bestimmung abhängig gemacht werde, die Steuerbefreiung nur dann zuzubilligen, wenn der steuerbegünstigte Zweck unmittelbar mit dem Grunderwerb verfolgt werde. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall. Die erworbenen Parzellen dienten nur zu Tauschzwecken.
Entscheidungsgründe
Hiergegen wendet sich der Bf.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) konnte keinen Erfolg haben.
Die Vorinstanz hat die Bedeutung der Bescheinigung der Aufsichtsbehörde (des Regierungspräsidenten) unter Bezugnahme auf die frühere Rechtsprechung erschöpfend und zutreffend erörtert.
Wenn die Vorinstanz weiterhin die Anwendung der Befreiungsvorschrift (ß 40 Absatz 1 Buchstabe a a. a. O.) verneint, so ist ihr im Ergebnis zuzustimmen. Der wesentliche Wortlaut dieser Vorschrift stimmt mit dem der Verordnung über Erlaß von Grunderwerbsteuer auf dem Gebiete der Wasserwirtschaft vom 22. August 1922, Reichssteuerblatt (RStBl.) 1922 S. 347, überein. Nach dieser ist der Erwerb von Grundstücken von der Grunderwerbsteuer befreit, soweit er der "Erfüllung von wasserwirtschaftlichen Aufgaben ... dient". Daß nach dieser Rechtsverordnung nur solche Grundstückskäufe steuerfrei sind, die unmittelbar dem begünstigten Zwecke dienen, hat der Reichsfinanzhof in seinem Urteil II A 948/24 vom 14. Oktober 1924, Slg. Bd. 14 S. 272 ff., ausgeführt. In Kenntnis dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung über den Umfang der Steuervergünstigung wurde in der Ersten Wasserverbandsverordnung, die im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen erging, die gleiche Ausdrucksweise und demnach die gleiche Abgrenzung gewählt. Die Erste Wasserverbandverordnung spricht im § 40 Absatz 1 Buchstabe a von der Steuerfreiheit des Erwerbs von Grundstücken durch den Wasser- und Bodenverband "zur Durchführung seiner Aufgabe". Daß auch in der Verwaltung zwischen Aufgaben unterschieden wurde, die unmittelbar oder nur mittelbar dem begünstigten Zweck eines Wasser- und Bodenverbandes dienten, zeigt der gleichfalls im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Finanzen ergangene Runderlaß des Reichs- und Preußischen Ministers für Ernährung und Landwirtschaft vom 11. August 1937, VI 3,7575 (Reichsministerialblatt der Landwirtschaftlichen Verwaltung S. 659). Hiernach unterliegen Wasser- und Bodenverbände mit ihren Leistungen nach § 2 Absatz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) insoweit nicht der Umsatzsteuer, als ihre Tätigkeit "unmittelbar der Erfüllung der ihnen durch Gesetz und Satzung zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben" dient. Die Stellungnahme in diesem Erlaß ist deswegen besonders beachtlich, weil der Steuergegenstand der Grunderwerbsteuer der Umsatz von Grundstücken ist und weil der Erlaß zu einer Zeit erging, als die Bearbeitung der Ersten Wasserverbandverordnung (vom 3. September 1937) vor dem Abschluß stand.
Der Bf. macht nunmehr geltend, die Verordnung unterscheide zwischen Aufgabe (ß 2 a. a. O.), also Tätigkeiten, die nicht auf einen bestimmten Gegenstand bezogen werden, und Unternehmen (ß 17 Absatz 2 a. a. O.); jene sei abstrakt, dieses aber konkret. Er knüpft hieran folgende Betrachtungen:
Eine Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Verwendung sei nicht möglich, da ein solcher Unterschied wohl in Beziehung auf ein (konkretes) Unternehmen, nicht aber in Beziehung auf eine (abstrakte) Aufgabe gemacht werden könne.
Dieser Einwand geht fehl. Er übersieht, daß die Befreiungsvorschrift es nicht auf die "Aufgabe" des Wasser- und Bodenverbandes allein abstellt, sondern auf den "Erwerb von Grundstücken" zur Durchführung seiner Aufgabe - also auf eine konkrete Maßnahme -.
Insbesondere im Hinblick auf § 39 Absatz 1 Buchstaben a und c der Verordnung sei zwischen einem weiteren Begriff (Aufgabe) und einem engeren Begriff (Unternehmen) zu unterscheiden. Diese Begriffe grenzten auch den Tätigkeitsbereich des Verbandes entsprechend ab. Man müsse daher zwischen einem engeren und weiteren Tätigkeitsbereich unterscheiden. Diese Unterscheidung könne auch bei der Auslegung des § 40 a. a. O. nicht unbeachtet bleiben. Hiernach sei jeder Grunderwerb steuerfrei, wenn es geschehe, damit der Verband allgemein seine Aufgabe erfülle. Eine Unterscheidung zwischen einem unmittelbaren oder nur mittelbaren Verwendungszweck gebe es daher nicht.
Dieser Einwand geht gleichfalls fehl. Die "Aufgabe" ist die Durchführung der konkreten Maßnahmen eines Verbandes, die nach Gesetz und Satzung zu treffen sind. Die Maßnahmen sind Unternehmen im Sinne des § 17 a. a. O., bei Beitrag- und überwachungsverbänden (ß 2 Nr. 10 und 11 a. a. O.) jedoch, die keine Unternehmen haben, andere konkrete Maßnahmen. Ein Unterschied zwischen dem weiteren und engeren Tätigkeits- (Aufgaben-) Bereich eines Verbandes kann demnach hieraus nicht hergeleitet werden und die Unterscheidung, ob eine konkrete Maßnahme der Durchführung der Aufgabe unmittelbar oder nur mittelbar dient, wird hierdurch nicht ausgeschlossen. Fällt eine solche Maßnahme, z. B. ein Grundstückskauf, unter das Grunderwerbsteuergesetz, so ist dieser Rechtsvorgang, wenn er von einer Zweckbestimmung - wie vorliegend - abhängig gemacht wird, steuerbefreit nur dann, wenn er unmittelbar dem begünstigten Zweck dient. Hierauf hat die Vorinstanz unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung und das Schrifttum zutreffend hingewiesen.
Ob sich schließlich ein Grundstückserwerb im Rahmen der Geschäfte hält, die der Bf. tätigen darf, ist für die steuerliche Betrachtung nicht zu prüfen.
Hiernach bleibt nur noch zu erörtern, ob es sich in dem Steuerstreit um einen Grundstückserwerb handelt, der unmittelbar dem begünstigten Zweck dient oder nicht. Der in Frage stehende Kauf von Parzellen ist ein Zwischenerwerb. Er dient demnach nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar der Durchführung der Aufgabe des Bf. Die Steuerbefreiung nach § 40 Absatz 1 Buchstabe a a. a. O. ist daher für diesen Erwerb nicht gegeben.
Die Prüfung der Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit etwa bei solchen Zwischenerwerben im einzelnen Falle ein Billigkeitserlaß gerechtfertigt ist, wenn der Ankauf der Erleichterung oder der Beschleunigung des Erwerbs von unmittelbar benötigten Grundstücken dienen soll, unterliegt nicht der Zuständigkeit der Rechtsmittelbehörden. Auch der Hinweis, ein Wasser- und Bodenverband erfordere regelmäßig staatliche Zuschüsse, eine steuerliche Belastung treffe daher weniger ihn als die Staatskasse, kann im Rechtsmittelverfahren nicht beachtet werden; eine Beachtung würde zudem dem Grundsatz der Etatsklarheit widersprechen.
Fundstellen
Haufe-Index 407401 |
BStBl III 1952, 133 |
BFHE 1953, 340 |
BFHE 56, 340 |